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Guru aus Lonnerstadt: Warten auf das Urteil aus Karlsruhe


Autor: Daniel Ruppert

Ailsbach, Sonntag, 02. August 2015

Am Dienstag verkündet der Bundesgerichtshof in Karlsruhe sein Urteil: Müssen der Guru aus Lonnerstadt und seine Lebensgefährtin für drei Jahre ins Gefängnis oder wird neu verhandelt? Für die Tochter der Angeklagten ist das ein wichtiger Tag.
Morgen wird das Urteil aus Karlsruhe erwartet. Thomas Paulwitz (rechts mit Megafon) war einer der Initiatoren der Mahnwachen in Ailsbach vor dem Haus des Gurus.  Foto: Sebastian Martin


Die Tochter der Angeklagten, die heute 30-jährige Barbara U., versucht, sich keine Gedanken über das morgige Urteil aus Karlsruhe zu machen. "Die Gedanken machen mich bloß fertig", erklärt sie auf telefonische Nachfrage des FT. Zu ihrer Mutter, die nach wie vor eng zum Guru aus Lonnerstadt hält, will sie keinen Kontakt. "Die will auch keinen Kontakt zu mir, obwohl sie das gegenüber den Medien immer behauptet", sagt sie.


Zum leiblichen Vater gebracht

Nach ihrer eigenen Flucht aus den Fängen der Sekte holte Barbara U. auch ihre Brüder zum leiblichen Vater Frank B.. Fast einen Monat später als geplant und genau ein Jahr nach dem Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth könnte am morgigen Dienstag in Karlsruhe die endgültige Entscheidung fallen. Wegen der "Misshandlung von Schutzbefohlenen" wurden Gerhard L., besser bekannt als Guru von Lonnerstadt, und seine Lebensgefährtin zu je drei Jahren Gefängnis verurteilt. Der Richter sah es als erwiesen an, dass sie dem damals 15-jährigen Sohn der Lebensgefährtin, Kilian, der an der Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose leidet, wichtige Medikamente vorenthalten hatten.


Guru hat Revision gegen das Urteil eingelegt


Der Guru und seine Partnerin legten Revision ein. Jetzt hat sich der Bundesgerichtshof mit dem Fall beschäftigt. Anfang Juli gab es eine öffentliche Verhandlung in Karlsruhe, bei der auch der Anwalt des Gurus, Axel Graemer, anwesend war.
Dabei wurden nicht neue Beweise präsentiert oder neue Zeugen geladen, sondern das Verfahren in Nürnberg auf Rechtsfehler geprüft. Der Bundesgerichtshof kann das Urteil des Landgerichts Nürnberg abändern, aufheben oder an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverweisen. Eine höhere Strafe muss der Guru nicht befürchten.
"Es wird Zeit, dass es endlich entschieden wird", findet Thomas Paulwitz, Mitbegründer der Bürgerinitiative "Rettet die Sektenkinder von Lonnerstadt", die ihre Tätigkeit in der Zwischenzeit reduziert hat. "Der Anlass war ja, dass die Behörden nicht gehandelt hatten", erklärt Paulwitz. Mittlerweile sei alles auf einem guten Weg. "Wir werden die Sache aber weiter kritisch begleiten."


Großes öffentliches Interesse

Dass sich der Bundesgerichtshof fast vier Wochen mehr Zeit ließ als ursprünglich vorgesehen, deutet laut Paulwitz nicht auf eine Zurückverweisung des Falls zum Landgericht hin. "Ich habe gehört, dass die Richter nicht mit dem großen öffentlichen Interesse gerechnet hatten und sich besser vorbereiten wollten", sagt der 42-Jährige.
Verfahrensfehler habe er bei der Verhandlung in Nürnberg jedenfalls nicht erkannt. "Ich bin kein Jurist, aber ich hatte den Eindruck, dass das Gericht sauber gearbeitet hat", erklärt der Gremsdorfer. "Ich gehe fest davon aus, dass das Urteil bestätigt wird."
Nach Karlsruhe werde zwar kein Mitglied der Bürgerinitiative fahren, doch "wir wollen das Ergebnis natürlich so schnell wie möglich bekommen", sagt Paulwitz, der zum sechsköpfigen Kern der Initiative gehört und mehrere Mahnwachen mitorganisiert hatte.
Paulwitz, Lektor der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Neuhaus-Adelsdorf, ging in seiner Predigt am 5. Juli auf den Guru ein: "Während der ehemalige Vertreter für Tiefkühlkost satt und zufrieden den Tag verbringt, nehmen seine Jünger zahlreiche Entbehrungen auf sich. Im Gegenzug hoffen sie darauf, dass er sie zu einer höheren spirituellen Ebene führt."