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"Greening": Forchheimer Landwirte ärgern sich über EU-Verordnung


Autor: Petra Malbrich

LKR Forchheim, Donnerstag, 15. Januar 2015

Die EU rechnet Landwirten haarklein vor, wie viel ihrer Anbaufläche sie als ökologische Vorrangfläche ausweisen müssen. Viele Betroffene aus dem Landkreis fühlen sich entmündigt und fürchten finanzielle Einbußen.
Die Landwirte sind aufgefordert, einen Teil ihrer Besitzes nicht zu bepflanzen.  Foto: Petra Malbrich


Die meisten Landwirte sitzen derzeit wahrscheinlich mit rauchendem Kopf vor dem heiß gelaufenen Computer und bringen den Greening-Rechner, den das Landwirtschaftsministerium ins Internet gestellt hat, zum Glühen.
Das "Greening" ist eine Vorgabe der europäischen Agrarpolitik. Das Projekt beinhaltet vor allem das Dauergrünland und den Ackerbau. Ein Landwirt wird in diesen Tagen zum Mathematiker - oder er resigniert.

Immer weniger Tiere

Da ist zum Beispiel das Dauergrünlandumbruchverbot. Wer fünf Jahre eine Wiese als Futter für seine Kühe genutzt hat, darf diese nicht als Acker umbrechen, um dort Getreide anzubauen. Wiese bleibt Wiese, heißt die Gleichung, bei der es auf den ersten Blick nichts zu rechnen gibt. Ob die Gleichung auch sinnvoll ist, steht aber auf einem ganz anderen Blatt Papier. "Es gibt immer weniger Tierhalter.

Die wenigen Ziegen und Pferde können das ganze Gras nicht fressen", verweist Hermann Greif auf einen der kritischen Punkte.

Greif ist Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) und Präsident des oberfränkischen Bauernverbands. Eine mögliche Lösung wäre, dass ein anderer Landwirt die Grünfläche mit einsät. Aber da wird sich kaum einer finden lassen, denn immer mehr Bauern geben ihre Tierhaltung auf. Mit ihrem Land können sie nichts mehr anfangen. Wer dagegen handelt, dem wird das Fördergeld gekürzt oder gestrichen. "Man ist nicht mehr Herr seines Eigentums", sagt Greif.

Dass es auch in der Landwirtschaft gewisse Vorschriften geben müsse, nennt Greif nachvollziehbar. Schließlich erhielten Bauern auch Geld vom Staat. Aber die neuen Vorschriften lassen nach seiner Ansicht nach kaum mehr eigenständige Handlungen zu.

Falscher Eindruck

So bleibe dem Landwirt häufig nur, die Wiese an Biogasanlagen zu verkaufen, um so die Vorgaben zu erfüllen und aus dem Subventionstopf Mittel zu erhalten. Zur Wahrheit gehöre nämlich auch, dass die Fördergelder bei Landwirten einen Großteil des Einkommens ausmachten.

Es geht inzwischen sogar schon so weit, dass selbst der Verdacht eines Umbruchs genügt. Sollt e beispielsweise auf einer der Wiesen ein Wildschwein herumlaufen oder sich Engerlinge aus der Erde graben, sieht die Wiese schnell aus wie Acker. "Das muss sofort dem Amt gemeldet werden, damit der Bauer neu einsäen kann. Ansonsten bliebe der Verdacht des Versuchs, das Grün in Acker verwandelt zu haben", erklärt Greif. Selbst mit dem Ackeranabau ist es nicht mehr so einfach. Was die europaweite Agrarpolitik fordert, hatten die Betriebe hier von Haus aus erfüllt. "Dass der Boden die Produktionsgrundlage ist, wurde schon immer beachtet. Seit Generationen", erklärt Daniel Spaderna, Fachberater des BBV.

Vorgeschrieben ist künftig nicht nur der maximale Anbau einer Getreidesorte, sondern auch, wie viel Fläche von der Gesamtfläche "green" sein muss.

Die Vorgaben sind gestaffelt. Wer drei Hektar Acker bewirtschaftet, muss einen Hektar für das Greening verwenden, wenn dieser Hektar stillgelegt wird. Das hatten auch Naturschutzorganisationen in der Hoffnung gefordert, dass auf dem stillgelegten Ackerteil wieder von selbst Pflanzen wachsen und Tiere angelockt werden.

Betretenes Schweigen

Doch auch eine andere Variante wäre möglich: das Ausweisen von ökologischen Vorrangflächen, auf denen eine Zwischenfrucht wie Senf oder Ölrettich im Herbst gesät wird. Dann lautet die Gleichung wie folgt: x Hektar Anbaufläche minus Senf ist gleich drei Hektar Greening.

Da es drei Hektar Greening- Fläche mit Zwischenfrucht braucht, um einen Hektar stillgelegten Acker auszugleichen, muss acht Hektar Ackerland bearbeitet werden. Denn wer eine Zwischenfrucht ansät, sorgt für mehr Nährstoffe im Boden, erhält besseren Humus und somit einen ertragreicheren Boden. Dass bei diesem bürokratischen Maßnahmenkatalog Fehler vorprogrammiert sind, ahnt auch Greif.
"Aus Unwissenheit", wie er hinzufügt, denn es gebe derart viele Fettnäpfchen, in die nur getreten werden müsse.

Über die Fettnäpfchen und Vorgaben wurden alle Landwirte bei Informationsveranstaltungen aufgeklärt. "Danach herrschte betretenes Schweigen", erinnert sich Greif.
Auch der BBV-Kreisobmann vermutet, dass die meisten Landwirte die geforderte Greening-Fläche am Ende wohl einfach stilllegen werden.