Gräfenbergs Ritter ohne Fehl und Tadel
Autor: Karl-Heinz Frank
Gräfenberg, Dienstag, 27. November 2012
In einem neuen kleinen Museum halten die Gräfenberger die Erinnerung an ihren Ritter Wirnt wach.
           
Sein Stammsitz, die alte Gräfenberger Burg, ist leider   schon   seit dem    16. Jahrhundert dem Verfall preisgegeben.  Jetzt   hat Ritter Wirnt  aber dennoch  endlich wieder eine Heimstatt. Das ist auch nur allzu angemessen. Denn immerhin gilt Ritter Wirnt, der zwischen 1170 und 1230 gelebt hat, als der   berühmteste  Gräfenberger in der Geschichte. 
In dem  1371  erbauten Gesteigertorhaus haben jetzt     die Altstadtfreunde   und der Kulturverein  Wirnt von Gräfenberg    ein "Ritter-Wirnt-Museumsstübchen" errichtet. Im Jahr 2008 hatten das Haus   die  Altstadtfreunde um Otto Müller erworben und anschließend  in  6000 ehrenamtlichen Arbeitsstunden    und  für 300 000 Euro nach alten Plänen aufwendig restauriert. 
Mit dem "Museumsstübchen"   wollen  die Altstadtfreunde  nun   die  Erinnerung an den Ritterpoeten   wach halten. 
Gewandmeisterin Franziska Rabe hat mit ihren Helferinnen von der mittelalterlichen Gewandschneiderey der Altstadtfreunde die Ritterfigur nach historischen Aufzeichnungen eingekleidet. "Über 30 Stunden war ich damit beschäftigt, die Ritterfigur mit einer knielangen Unterhose aus Leinen und Beinlingen einzukleiden", lacht die Gräfenberger Gewandmeisterin. Zusätzlich streifte Franziska Rabe dem Ritter Kettenstrümpfe sowie ein "Gambeson", wie das gefütterte Unterkleid im Mittelalter hieß, über.
Den Abschluss bildete schließlich sein Seidengewand, das in Brusthöhe vom einem in Gold gestickten Rad-Wappen dominiert wird. Das Gewand diente gleichzeitig als Erkennungszeichen seines Ritterstandes. Ansonsten wäre er mit dem schweren Metallhelm nur schwer als Ritter zu erkennen gewesen.
Der Mantel der Geschichte
Der Blick des Besuchers schweift dann von der "Wigalois"-Nachbildung hinüber zu einem alten Stehpult, auf dem ein Tintenfass, ein Federkiel sowie eine Reproduktion einer zweiseitigen, um 1350 entstandenen Wigalois-Pergament-Handschrift liegen. Deren Original lag einmal in der Schlossbibliothek Aufsess und wird heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg aufbewahrt wird.
Dem Gräfenberger "Museumsstübchen" gelingt es tatsächlich eine Ahnung davon heraufzubeschwören, das Ritter Wirnt einst der Spross eines Gräfenberger Reichsrittergeschlechtes war und der Zeitgenosse so bekannter mittelhochdeutscher Dichter wie Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Hartmann von Aue oder auch Gottfried von Straßburg.
In der Vitrine schräg gegenüber dem Ritter steht eine von Manfred Schwab zusammengestellte Sammlung ausgewählter, die Rezeptionsgeschichte des Gräfenberger Ritterpoeten dokumentierenden Veröffentlichungen. Diese stammen unter anderem aus den Jahren 1786, 1819, 1839 und 1848. Wie der Gräfenberger Historiendichter Manfred Schwab verriet, stammt der früheste heute noch nachvollziehbare Nachweis des Ritterepos "Wigalois, Ritter mit dem Rad" von der "Kölner Fassung" aus dem ersten Viertel des 13. Jahrhunderts.
Dabei ist bis heute noch immer nicht völlig geklärt, was historisch belegt, was aber auch nur der Sage entspringt. "Eindeutig belegt dürfte aber sein, dass es sich bei den in einer Urkunde des Klosters Weißenohe aus dem Jahre 1172 genannten Zeugen, einem Sigehard und Wirnto/Wiritto von Grevenberc, um ältere Verwandte des Ritter Wirnt handelte", sagt Schwab.
Zur feierlichen Eröffnung des neuen "Ritter-Wirnt-Museumsstübchens" im historischen Torhaus hat die Nürnberger Schauspielerin Ute Rüppel jetzt ausgewählte Textpassagen aus der im 16. bis 18. Jahrhundert äußerst populären mittelalterlich-jiddischen Versfassung des "Wigalois" mit Namen "Ritter Wieduwilt" vorgelesen.
Musikalisch begleitet wurde der literaturgeschichtliche Vortrag Rüppels von jiddischen Liedern.