Gräfenberg: Die Erwartungen an Nekolla wiegen schwer
Autor: Petra Malbrich
Gräfenberg, Dienstag, 12. August 2014
Als Hans-Jürgen Nekolla im Frühjahr ins Gräfenberger Rathaus eingezogen ist, erhofften sich auch die politischen Kontrahenten frischen Wind. Dem Bürgermeister selbst ist klar, dass er es nicht allen recht machen kann.
So neu ist der Neue im Rathaus gar nicht. Hans-Jürgen Nekolla (SPD) ist in Gräfenberg kein unbeschriebenes Blatt. Nicht im Rathaus, nicht in der Stadt und in den Außenorten ebenfalls nicht. "Es gab keine Berührungsängste. Wir konnten gleich vertrauensvoll arbeiten. Die Eingewöhnungszeit war kurz" , sagt Nekolla.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Sechs Jahre lang war er Zweiter Bürgermeister der Stadt. Er saß zwölf Jahre im Stadtrat und im vergangenen Sommer hatte Nekolla seinen Amtsvorgänger Werner Wolf (FW) sogar einige Monate lang als Gräfenberger Bürgermeister vertreten.
Auf seinem Schreibtisch im Büro stapeln sich fein säuberlich verschiedene Papierstöße: nach Orten und Themen sortiert, mit Notizen versehen. Es sieht nach viel Arbeit aus. Arbeit, die noch vor Nekollas Amtsantritt entstanden ist. "Überstunden werden nicht aufgeschrieben.
Schulden drücken aufs Gemüt
In gewisser Weise wusste Nekolla schon von seinem Vater, auf was er sich da einlässt. Hans Nekolla leitete zwischen 1976 und 1990 die Gräfenberger Amtsgeschäfte. Wie nun auch sein Sohn Hans-Jürgen auf dem parteipolitischen Ticket der SPD.
Probleme bereiten der Stadt vor allem ihre Finanzen. Dank des Strukturhilfeprogramms hat sich die Situation immerhin etwas entschärft. Gleichwohl bleibt der Handlungsspielraum eingeschränkt, denn die Stadt darf den Fokus ausschließlich auf die Pflichtaufgaben richten. Die Stadt muss sich entschulden, ohne sich totzusparen. "Die Versorgung mit Breitband müssen wir angehen", nennt Nekolla ein Feld, auf dem er in den kommenden Jahren investieren möchte.
Grundsätzlich möchte er eine neue Balance finden zwischen den berechtigten Anliegen der Bürger in der Stadt einerseits und in den Außenorten andererseits. Die Bürger sollen künftig auch eine Rückmeldung erhalten, damit sie immer wissen, wann und auf welche Weise ihre Anliegen behandelt werden.
Auf seine Verwaltung kann Nekolla zählen. "Wir haben eine gute und motivierte Verwaltung. Alle Mitarbeiter geben sich Mühe, die Probleme im Sinne des Bürgers zu lösen", lobt Nekolla die gute Zusammenarbeit.
Sachliche Basis
Ein Lob, das auch seinem Stadtrat gilt. Sicher, es werde auch kontroverse Themen geben. "Es wird nicht immer einen Kompromiss geben, in dem sich jeder wiederfindet. Aber man sollte offen sein für die dann kommenden Sachfragen", fordert Nekolla. Nekolla möchte nicht, dass die Arbeit im Stadtrat von Gefühlen wie Neid, Triumph oder Rache geprägt ist. Er ist zuversichtlich, dass die Stadträte eine sachliche Basis für ihre Zusammenarbeit finden.
Matthias Striebich (Grüne) teilt diese Einschätzung des neuen Bürgermeisters. Er charakterisiert Nekolla als "offen und freundlich". Positiv findet Striebich auch, dass Nekolla "damit anfängt, das aufzuarbeiten, was in den vergangenen 18 Jahren liegen geblieben ist und mehr Aktivität beim Angehen der Probleme zeigt".
Eine Sichtweise, die völlig konträr zu der von Hans Derbfuß steht. "Ich bin etwas enttäuscht. Es wurde angekündigt, dass er keine große Einarbeitungsphase braucht. Dennoch wurde nicht viel angegangen. Hans-Jürgen Nekolla ist als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet", kritisiert der CSU-Fraktionsvorsitzende.
Kracker spürt Schmerzen
Derbfuß wünscht sich einen Aktionsplan, der wichtige Themen und eine Zielsetzung beinhaltet. Die Gewerbeansiedlung, die Parküberwachung oder die Senkung des Schuldenstands brennen Derbfuß in diesem Zusammenhang besonders auf den Nägeln.
Auch der GBL-Vorsitzende Heiko Kracker ist nur wenig angetan von den ersten Amtshandlungen Nekollas. Im Wahlkampf hatte die GBL dessen Kandidatur noch unterstützt. Umso mehr schmerzen Nekollas erste 100 Tage. "Die kritiklose Hinnahme von Werner Wolf als Mitglied des Rechnungsprüfungsausschusses war so nicht zu erwarten gewesen. Aufgrund der scharfen Opposition zwischen SPD und FW überrascht die jetzt neu entstandene Liaison doch sehr", klagt Kracker.
Für die Zukunft nimmt Kracker Nekolla noch mehr in die Pflicht. Er müsse jetzt beweisen, dass er die Kritik an seinem Vorgänger ernst gemeint habe und für eine andere Politik stehe.
Wie weiland Napoleon
Dass ein Bürgermeisteramt schöne und unschöne Seiten hat, darauf war Nekolla vorbereitet.
Seine Zeit gehört jetzt aber erstmal der Familie: Er freut sich schon auf den bevorstehenden Urlaub auf Elba. Dann wird sich der Gräfenberger Rathauschef auf die Spuren Napoleons begeben.