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Gibt Gasthof "Zur Post" in Egloffstein auf?


Autor: Josef Hofbauer

Egloffstein, Donnerstag, 21. Januar 2016

Der Gasthof "Zur Post" in Egloffstein, der seit mehr als 200 Jahren in Familienbesitz ist, steht vor der Aufgabe. Als Grund dafür nennt Juniorchefin Jessica Heid Brandschutz-Auflagen, die finanziell nicht zu stemmen seien.
Im Internet sucht Jessica Heid für den Gasthof "Zur Post" in Egloffstein auf der "Immowelt" einen Käufer. Foto: Josef Hofbauer


Brandschutz-Auflagen macht Jessica Heid dafür verantwortlich, dass der Gasthof "Zur Post", der seit 200 Jahren in Familienbesitz ist, womöglich verkauft wird. In einem sehr emotionalen mehrseitigen Schreiben lässt die Juniorchefin ihren Emotionen auf Facebook freien Lauf. Angesichts von Investitionen in sechsstelliger Höhe allein in den Brandschutz sieht sich die Jung-Unternehmerin mit dem Rücken zur Wand, spricht gar von "Erpressung" durch die Behörden, von erzwungener Kapitulation.

Der Hintergrund: Chefin Erika Heid (70), die seit dem Tod ihres Mannes Fritz 1983 das Haus alleine weitergeführt hatte, will den 1728 erstmals urkundlich erwähnten Gasthof in die Hände ihrer Tochter Jessica übergeben. Dazu muss die Gaststättenkonzession neu erteilt werden, wobei die Brandschutzbestimmungen des Jahres 2016 einzuhalten sind.


Großes Entgegenkommen

Wenngleich der Handlungsspielraum des Landratsamtes Forchheim eingeschränkt sei, habe Landrat Hermann Ulm (CSU) größtmögliches Entgegenkommen signalisiert, erklärt der Egloffsteiner Bürgermeister Stefan Förtsch (CSU), der immer noch auf ein Happy-End hofft: "Es wäre eine Katastrophe für den Ort, wenn so ein renommiertes Haus mit Strahlkraft für die gesamte Fränkische Schweiz schließen würde."
Dieser Schritt käme zu einem äußerst unglücklichen Zeitpunkt: Denn heuer wird in Egloffstein 150 Jahre "gelbe Post" gefeiert. Natürlich auch im Gasthof "Zur Post".

Durch den Gefühlsausbruch von Jessica Heid sei die Planungssicherheit nicht garantiert. "Ich hätte mir ein Zeichen gewünscht, dass es weitergeht, so wie die Gastronomin das an Silvester publiziert hatte, als sie via Facebook ihrem Team gedankt und von einer positiven Zukunft gesprochen hatte", sagt Förtsch.
Am 11. Januar, dem Beginn der Betriebsferien des Hauses, sah Jessica Heid im Brandschutz, die "aktuellste Bedrohung, die sie am Fortführen des alten, ehrwürdigen Gasthofes, der nicht nach neuesten Vorschriften ausgestattet ist", hindert. Sie schildert, wie sie bei den Begehungen vor Ort Tränen in den Augen gehabt habe und verzweifelt gewesen sei, weil sie nicht wusste, wie sie das alles finanzieren sollte.


43 000 Facebook-Nutzer

Mit diesem Hilfeschrei erreichte Jessica Heid nach eigenen Angaben 43 000 Facebook-User, auch Gastronomen mit ähnlichen Problemen. Völlig unerwartet war für die Nachwuchs-Gastronomin der Vorschlag, durch Crowdfunding Kapital zusammenzubringen, damit die Brandschutzauflagen erfüllt werden könnten. 200 Personen, die jeweils 500 Euro in dieses Projekt investieren und diesen Betrag für Übernachtungen oder Essen gutgeschrieben bekommen - und das Problem wäre gelöst, so der Vorschlag.

Selbst dieser Rettungsanker vermochte Jessica Heid (noch) nicht umzustimmen. Zurückhaltend formuliert sie in ihrer nächsten Facebook-Mitteilung, dass es da noch viele andere Probleme gebe, angefangen von der Pausenzeiten-Regelung, über den "bürokratischen Wahnsinn" bis zum Kampf ums Überleben. "Ich habe knapp drei Jahre an der Seite meiner Mutter gekocht, gekämpft, gelacht und geweint." Aber ein Weiterführen der Post bedeute weit mehr.


Reicht die Kraft?

Jessica Heid zweifelt, dass sie die Kraft aufbringt, all das durchzustehen. So erklärt sie den Nürnbergern und Fürthern, die fast jede Woche nach Egloffstein fahren, damit sie im Gasthof ihr Lieblingsessen kredenzt bekommen und den Gästen, die ihr halbes Leben lang in Egloffstein Urlaub gemacht haben, dass es mit dem Traditionsgasthaus jederzeit zu Ende gehen kann.

Andererseit verspricht sie, ab 26. Januar, dem Ende des Betriebsurlaubes, mit genauso viel Liebe und Hingabe weiterzumachen, bis ein Käufer gefunden sei. Danach sucht Jessica Heid seit Oktober im Internet auf der "immowelt". Zum Kauf angeboten wird "ein seit 1730 familiengeführtes Hotel/Gasthof mit 21 Zimmern, einem Tagungsraum für 100 Personen, drei Gasträumen und einer gemütlichen Stube mit traditioneller Einrichtung sowie einer Terrasse für 80 Personen".


Wechselbad der Gefühle

Dieses aktuelle Wechselbad der Gefühle spiegelt sich auch in den publizierten Öffnungszeiten wider: Die Zeiten an der Haustür, die Infos an der Tafel vor dem Haus und die Öffnungszeiten, die bei der Tourist-Information gemeldet sind, widersprechen sich. Das schürt die Gerüchteküche. Zuversicht sieht anders aus.

Aber genau die braucht es, damit die Gastronomie in der Fränkischen Schweiz überleben kann, findet Andrea Luger, Bezirksvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes. Sie sieht das Verhalten der Kollegin als Hilfeschrei und fordert politische Konsequenzen. "Wir müssen uns unseren Gästen widmen und können uns keine Rechtsabteilung leisten wie etwas Hotelketten", zürnt Luger.

Zwar müssten die Häuser zukunftsfähig gemacht werden. Doch müsse bei der Umsetzung der Auflagen auf die Familienbetriebe deutlich mehr Rücksicht genommen werden, fordert die Chefin des Gasthofes Frankengold in Behringersmühle.