Geschichten, die unter die Haut gehen
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Donnerstag, 26. Juli 2018
Die Bedienungen auf dem Annafest tragen nicht nur Bierkrüge herum, sondern auch Erinnerungen.
"Angefangen hat es ganz klein", erinnert sich Gabi Ruft. Vor 30 Jahren habe sie sich einen Schmetterling auf den Hintern tätowieren lassen. "Dann kam das erste große Projekt mit den Beinen". Weil sie keine Strümpfe mag, habe sie sich welche stechen lassen. "So bin ich immer angezogen", scherzt sie. Die Geschichten auf ihrer Haut kann der Besucher des Annafestes auf dem Rappenkeller bestaunen.
Die Rückseiten der Beine von Gabi Ruft sind mit Netzstrumpf-Mustern und roten Schleifen verziert. Der rechte Arm zeigt "vier verschiedene Schwalben" - sie stehen für ihre vier Kinder, deren Geburtsdaten ebenfalls verewigt sind. Der linke Arm ist ihrem vor acht Monaten verstorbenen Mann gewidmet: Geburts- und Sterbedatum stehen dort, ein Appell zur ewigen Liebe - und dieser Spruch: "It's never to late to do the right thing."
Krallen und Blut
Gabis Rappenkeller-Kollegin Petra hat auch einiges zu erzählen: Beeindruckt von Thailand und von einem "Topp-Tätowierer" in Ko Samui, hat sie sich vor fünf Jahren einen Buddha samt Lotusblume auf dem rechten Unterarm stechen lassen. In Forchheim setzte sich Petras Tattoo-Leidenschaft dann fort. Sie krempelt ihre Lederhose hoch: Auf dem linken Oberschenkel erscheint ein Frauenkopf, Krallen, Blutspritzer. Das Tattoo stehe für den "Abschluss einer wichtigen Lebensphase". Auf ihren Beinen und Armen finden sich zudem Blumen und Tiere; eine französische Lilie ("So was haben Göttinnen"), eine Calla, ein Schmetterling - auf der Schulter ein Fisch. Nicht jedes Tattoo sei gelungen, gesteht Petra und klopft auf ihre Rippen. Den Kopf ihres ehemaligen Rottweilers will sie wieder loshaben: "Die Stelle wird bald neu gestochen, mein Tätowierer ist schon am Zeichnen."
Auch auf dem Greifkeller tragen die Bedienungen Geschichten auf ihrer Haut: "Treue und Familie" steht auf dem Unterarm von Sandra - aber warum auf Spanisch? "Es muss nicht jeder gleich verstehen, es erinnert mich an die Wichtigkeit meiner Familie." Erklärungsbedürftig sind auch Distel und Hafer auf Armen und Beinen von Astrid Schicha. "Schottland ist meine zweite Heimat, die Distel ist das Wahrzeichen von Schottland", erklärt sie und zeigt dann auf ihren Unterschenkel: "Der Hafer erinnert mich an die Landwirtschaft und an mein Pferd", erklärt die studierte Landwirtin.