Gegenwind für Forchheimer Frischluft-Analyse
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Mittwoch, 15. Februar 2017
Die Forderung, dass sich die Bauplanung an den Erkenntnissen des aktualisierten Klima-Gutachtens orientieren soll, stößt nicht bei jedem auf Gegenliebe.
Für atmosphärische Störungen sorgte das Klima-Gutachten, das Holger Müller den Stadträten am Dienstag vorlegte. Die Erkenntnisse des Diplom-Geographen auf Fronhausen stimmten viele Stadträte nachdenklich; andere schienen in den Untersuchungen des Gutachters nur so etwas wie heiße Luft zu sehen.
"Mein Herz hängt nicht an den Frischluft-Planungen", sagte beispielsweise Markus Schmidt (CSU). Und Sebastian Körber (FDP) distanzierte sich noch grundsätzlicher: "Ich weigere mich, die Bauleitplanung von so vielen fiktiven Annahmen über Luftbewegungen abhängig zu machen."
Auslöser für das Klima-Gutachten war ein Antrag der Freien Wähler. Sie sorgen sich um die Gesundheit der Bürger, weil sich während der Hitzeperioden auch in Forchheim der sogenannte Wärme-Insel-Effekt einstellt: Zu dichte Bebauung blockiert die Durchlüftung der Stadt.
Angesichts immer häufigerer Tropennächte könnte das für sensible Bürger zum gesundheitlichen Problem werden, bemerkte auch Gutachter Holger Müller. Sein Büro hat 24 Wohngebiete in Forchheim untersucht. Und eine "klimafreundliche Vorgehensweise" bei der künftigen Bauplanung vorgeschlagen.
Beauftragt hatte die Stadt das Büro Müller auch deshalb, weil das letzte Klimagutachten der Stadt aus dem Jahr 1990 stammt. Der Deutsche Wetterdienst hatte es angefertigt. Nun also die neuen Erkenntnisse, die bei Messungen im Juni und Oktober 2016 entstanden. Zum Beispiel am Weingartsteig: Der steile Hang versorge durch seine Kaltluft-Ströme den Ortsteil Burk mit Frischluft und sollte daher nur locker bebaut werden, sagte Holger Müller. Oder die Löschwöhrd-Wiesen: Entlang der Böschung an der Autobahn seien die kältesten Ströme der Stadt gemessen worden. Sie seien wichtig für die Durchlüftung. Daher die Forderung des Gutachters: Im Falle einer Bebauung im Löschwöhrd sollte dort ein etwa 30 Meter breiter Streifen an der Böschung frei bleiben.
Warnung vor Weltfremdheit
Die Politiker folgerten sehr Unterschiedliches aus dem Gutachten. Albert Dorn (SPD) warnte, dass die "Klima-Veränderung" durch die künftige Bebauung potenziert werde. Das schon, sagte Holger Müller; aber das dürfe nicht zu dem "weltfremden" Beschluss führen, dass nicht mehr gebaut werden könne.Manfred Hümmer (FW) begrüßte das Gutachten als Instrument, um die Bebauungsdichte zu steuern und beispielsweise auch die Ausrichtung der First-Richtungen. Hans-Werner Eisen (CSU) befürchtete aber auch, dass nun die bauliche Entwicklung in Burk, Reuth oder Buckenhofen beschränkt werde, weil ja die Frischluft-Kanäle in Richtung Stadtkern nicht blockiert werden dürften.
Holger Lehnard (CSU) meinte, dass aus der Sicht der aktuellen Gutachtens so manches Bauprojekt der Vergangenheit "als Fehler" bezeichnet werden müsse. Doch Lehnard forderte auch, aus dem Gutachten kein Dogma zu machen: "Der Wind dreht sich."
Auch René Franz (Leiter des Stadtbauamtes) wollte das Gutachten als für die Stadtplanung wichtig und zugleich nicht als Dogma verstanden wissen. Sabine Dittrich (FGL) und Manfred Hümmer (FW) gewannen den Eindruck, dass die Bedeutung des Gutachtens unterschätzt werde. Hier würden "Grenzen aufgezeigt", meinte Sabine Dittrich: "Ich wundere mich, dass einige bereit sind, dieses fundierte Wissen einfach so wegzuwischen." Sebastian Körber widersprach: "Das Gutachten zeigt keine Grenzen auf."
Oberbürgermeister scheint verärgert
Natürlich sei es jedem überlassen, die Wertigkeit des Gutachtens selbst zu beurteilen, sagte Oberbürgermeister Uwe Kirschstein (SPD). Doch ein bisschen verärgert schien auch er über die Kritik am Gutachten: "Wer keine Antworten erträgt, sollte keine Fragen stellen."Doch die Mehrheit der Stadträte im Planungs- und Umweltausschuss akzeptierte die Antworten des Diplom-Geographen Müller.
Die Räte einigten sich (bei drei Gegenstimmen) darauf: Das Klimagutachten wird in den Abwägungsprozess der Stadtplanung integriert.