FW demontieren Baupolitik
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Freitag, 31. August 2018
MdL Thorsten Glauber und FW-Kandidat Alexander Hold sezierten mit Hilfe eines lokalen Experten die aktuelle Wohnraum-Politik.
ForchheimKurz bevor er den Saal betritt, wird Alexander Hold von einem rufenden Mann eingeholt. "Herr Hold, Herr Hold, seit zwei Jahren laufe ich Ihnen schon nach." Der Fan bittet um Autogramme und bestätigt damit, was der Landtagsabgeordnete Thorsten Glauber (FW) aus Pinzberg wenig vorher Journalisten gesagt hatte: Der als Fernsehrichter und Bundespräsidenten-Kandidat populär gewordene Hold habe "den Freien Wählern ein Gesicht gegeben".
Glauber hatte Hold am Donnerstag nach Oberfranken eingeladen. Als am Abend in Forchheim eine Diskussion zum Thema "Bezahlbarer Wohnraum für alle" auf dem Programm stand, war die Nachfrage zwar nicht so groß, wie der Autogrammjäger am Eingang des Volksbank-Saales hätte vermuten lassen. Doch die rund 40 Zuhörer, die gekommen waren, fanden in Hold und Glauber zwei kenntnisreiche Diskussionspartner, die die Schwächen der aktuellen Wohnungsbaupolitik offenlegten.
Hilfreich war auch, dass sich mit Wolfgang Bonengel ein lokaler Experte in die Debatte einmischte. Bonengel ist Vorstand der Wohnungsbau- und Verwaltungsgenossenschaft Forchheim (WVG) und Geschäftsführer der Wohn-Service-GmbH (WSG). Zudem arbeitet er im Vorstand des Verbandes bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW) mit, dem sich 460 Mitglieder mit einem Bestand von rund 445 000 Wohnungen angeschlossen haben.
Alexander Hold attackierte im lässigen Ton den "Alleinvertreteranspruch der CSU" und die "Angst der Staatsregierung vor Machtverlust". Dies habe zu einer ungeordneten Politik geführt. Beispielsweise habe die Staatsregierung durch den Verkauf von 33 000 staatlichen Wohnungen an Investoren dafür gesorgt, dass die Mietpreise "massiv angestiegen sind". Warum seien die Wohnungen nicht den Kommunen übergeben worden, fragte Hold. Und stellte weitere kritische Fragen: Warum werden die "erdrückenden Bauvorschriften" nicht verändert? Warum werden Vorschriften, etwa beim Brandschutz, auch dann verschärft, wenn es keinen Anlass gibt?
Der Landtagskandidat aus Schwaben stellte dem staatlichen Wohnungsbauministerium ein vernichtendes Zeugnis aus: "Blanker Unfug! Was sollen die im Ministerium können, wozu die Wohnungsbaugenossenschaften vor Ort nicht in der Lage sind? Die eigentlichen Heimatminister in Bayern sind die 2000 Bürgermeister."
Unsozialer Wettbewerb
Auch Wolfgang Bonengel wunderte sich, wie der Staat auf die Schnelle zigtausende Wohnungen bauen wolle; wo es doch selbst den Experten vor Ort (auch in Forchheim), kaum gelinge, günstiges Bauland zu finden. Zudem machten die energetischen Standards einen Wohnungsbau zu sozial verträglichen Preisen nahezu unmöglich. "Im Wettbewerb auf dem freien Markt haben wir keine Chance", kritisierte der WVG-Vorstand. Darüber hinaus sei wegen der mageren staatlichen Fördergelder die Bestandspflege der Wohnungen in Gefahr, bedauerte Bonengel ("Damit kommen wir nicht weit, uns werden die Hände gebunden") - und gab damit MdL Glauber das Stichwort für einen alarmierenden Trend: Obwohl die Staatsregierung in den vergangenen zehn Jahren Mehreinnahmen von 40 Prozent verzeichne, seien die Wohnraumfördermittel so niedrig wie seit Jahrzehnten nicht: "In den 90er Jahren waren die Investitionen doppelt so hoch wie heute", erinnerte Glauber.
Die Besucher im Saal steuerten viele Beispiele und Fragen bei. Klimaanlagen in ein Haus einbauen zu müssen, um den Schimmel zu bekämpfen, der sich wegen der "guten Isolierung" bilde, das könne es doch nicht sein, empörte sich ein Zuhörer. Der Kunststoff, der verbaut werde, verbrauche in der Gesamtenergiebilanz mehr Energie, als die paar Liter Öl, die dann eingespart würden, meinte ein anderer. Und ein weiterer zeigte sich ratlos angesichts der gängigen Bauweise im Lande: "Nicht mehr Stein auf Stein, sondern nur noch Styropor. Und warum gehen wir nicht den Weg der 20er Jahre und bauen urbane Parzellen mit individuellen Fassaden? Heutzutage kasernieren wir die Menschen auf tausenden von Quadratmetern monotoner Bauweise, an der nur die Bauträger verdienen."