Fränkischer Whisky aus Eggolsheim
Autor: Irmtraud Fenn-Nebel
Eggolsheim, Donnerstag, 27. Februar 2014
Das schottische Nationalgetränk "nachgebrannt" in Franken? Robert Fleischmann musste viele Hürden nehmen, als er 1983 mit dem Destillieren begann. Heute sind die Malts seiner "Blauen Maus " durchaus konkurrenzfähig - und auf Messen zu probieren.
"Riechen Sie mal", sagt Robert Fleischmann, wärmt das Glas noch einmal zwischen seinen Händen und reicht es dann herüber, "riechen Sie die Schreinerei?" Das ist typisch für Whisky, wo es immer um Aromen zwischen Holz und Schokolade geht. Um Herstellung, um Zeit, ums Erspüren. Über all das wird am Wochenende bei der internationalen Whiskymesse in Nürnberg gefachsimpelt. Mittendrin: Die "Blaue Maus" der Familie Fleischmann.
Dass aus einer Schnapsidee einmal Deutschlands älteste Single-Malt-Whisky-Destillerie werden sollte, konnte Robert Fleischmann 1980 nicht ahnen. Frisch von der Marine in seinen Heimatort Eggolsheim im Landkreis Forchheim zurückgekehrt, erwarb der gelernte Bäcker ein Brennrecht und richtete im Wohn- und Geschäftshaus seiner Eltern eine Branntweinbrennerei ein.
Maischen Sie doch mal Malz ein!
Es lief ganz gut mit seinen Obstlern, als ihn 1983 ein Zollbeamter dazu ermunterte, doch mal Malz einzumaischen und zu destillieren. "Er erklärte mir genau, was ich zu tun habe, damit ich keine Probleme mit Steuer und Zoll bekomme", erzählt Fleischmann. Er steht im modernen Anbau mit den großen kupfernen Brennblasen (Pot Stills), die seit 2000 sein Sohn Thomas und dessen Frau Petra als Firmennachfolger betreiben. Der Raum wird auch für Führungen und Verkostungen genutzt, im Boden eingelassene Fenster geben den Blick auf das Fasslager im Keller frei.
Fleischmann senior hat sein Reich in einem Nebenraum, wo es im Gegensatz zur repräsentativen Schaubrennerei nach handwerklicher Arbeit aussieht: Ordentlich, aber voll mit Schläuchen und Fässern, Gummistiefel in der Ecke, das Türchen der Brennanlage steht offen. Fleischmann lacht, wenn er an seine Anfänge zurückdenkt: Pure Malt (Malz) Whisky herzustellen, war gar nicht so einfach. "Die ersten Versuche waren mehr Steuer als Alkohol, die Ergebnisse teilweise fürchterlich. Also hieß es üben, üben, üben", sagt Fleischmann. Nebenbei entstand 1984 der Anbau mit der großen Brennanlage und aus dem Keller des Wohnhauses wurde ein Lokal mit maritimer Dekoration. Es bekam denselben Namen wie die Destillerie: Blaue Maus, eine Reminiszenz an die Marinezeit von Vater und Sohn.
Nur der Mittellauf kommt ins Fass
1996 dann, endlich, der erste "gute" Whisky: Der Verkauf konnte beginnen. Fleischmann wusste jetzt, worauf es ankommt. Sein Whisky wird aus Gerstenmalz hergestellt, zehn Sorten aus unterschiedlichen fränkischen Brauereien. Es wird gemälzt, wobei Stärke in gärfähigen Zucker umgewandelt wird. Beim anschließenden Einmaischen entsteht flüssiges Gerstenmalz, das mit Hefe versetzt und vergoren wird. Dann kommt die Königsdisziplin: die Destillation. Sie erfolgt in zwei Brennblasen mit 200 und 150 Litern Fassungsvermögen. Größe und Form der Brennblasen und ihre Befeuerung spielen eine wichtige Rolle für den fertigen Malz.
Destillieren bedeutet nichts anderes als das Kochen des Gerstenmalzes. Das Wasser bleibt dabei weitgehend zurück und der Alkohol wird extrahiert. Da Wasser nicht so schnell kocht wie Alkohol, sind die Dämpfe sehr alkoholreich. Sie werden aufgefangen und kondensieren zu einer Alkohol-Wasser-Mischung. Destilliert wird zwei- oder dreimal. Dabei entstehen jedes Mal ein Vor- und ein Nachlauf, die aber nicht ins Fass dürfen: Dahin gehört nur der Mittellauf. Hier ist die Kunst des Brennmeisters gefragt: Er muss die Flüssigkeiten exakt trennen.
Spirit safe
Die Trennung des unreinen Destillats vom reinen erfolgt unter Beobachtung des destillierten Whiskys im "Spirit safe". Jetzt kommt der "excise man", der Zollbeamte in Spiel. Ohne seinen Schlüssel kann keiner an den Safe heran. Der Zollbeamte überwacht jetzt genau, was mit dem "make" passiert, von der Verdünnung auf Fass-Stärke bis zur Einlagerung der Fässer in die "Warehouses" und die oft erst nach vielen Jahren erfolgende Abfüllung auf Flaschen.
Doch noch einmal einen Schritt zurück zum Brennen: Das Destillat wird in Eichenfässer abgefüllt und muss mindestens drei Jahre - sonst darf es nicht Whisky heißen - reifen, damit es milder wird. Das Holz des Fasses hat Einfluss nicht nur auf den Geschmack, sondern auch auf die Farbe des Whiskys. Golden kann er sein, aber auch Bernsteintöne haben. In der Blauen Maus bleibt der Malt bei zehn Grad und 54 Prozent Luftfeuchtigkeit sechs bis acht Jahre auf Holz.
Neun "Sorten"
Die neun Eggolsheimer Whiskys haben klangvolle Namen: Blaue Maus natürlich, Grüner Hund oder Spinnaker. Bis diese Palette stand, musste Robert Fleischmann außer der Frage der Produktion weitere Probleme klären: Schottische Hersteller verklagten ihn und machten ihm alles strittig, was mit seinem Whisky zu tun hatte. Bezeichnung, Bilder, Schriftgröße, ein jahrelanger Streit. Bis er aufgab und seine Etiketten änderte.
300 Liter Alkohol werden pro Jahr in der Blauen Maus gebrannt. Aus 100 Kilo Getreide werden 26 Liter Alkohol, aus 100 Kilo Zwetschgen acht Liter Schnaps. Etwa 150 Whisky- und 29 000 Obst- bzw. Kornbrennereien gibt es in Deutschland. Bei allen kassiert der Staat kräftig mit: Herstellung und Verarbeitung unterliegen dem Branntweinmonopol. "Wenn wir einmaischen, kommt der Zoll vorbei, wenn wir brennen wollen, müssen wir das beim Hauptzollamt in Stuttgart anmelden", erklärt Fleischmann.
"Jedes Schläuchla ist verplombt"
Verschlussbrennerei ist die Bezeichnung für die Produktion von Spirituosen, deren Brenngeräte während der Herstellung unter unter zollbehördlichen Kontrollen stehen. "Jedes Schläuchla, jedes Schräubla an unseren großen Kesseln ist verplombt. 52 Plomben, damit man nichts abzapfen kann." 13,03 Euro pro Liter Alkohol müssen Brennereien an den Staat zahlen, bis 400 Liter Jahresproduktion gilt ein verminderter Steuersatz von 7,33 Euro.
Für Sohn Thomas Fleischmann ist das ein schwieriges Thema. Sobald das Brennen angemeldet wird, ist die Steuer fällig. "Man geht in Vorkasse. Das ist eine Gratwanderung", sagt der Juniorchef. "Der Whisky muss ja mindestens drei Jahre lagern und man weiß nicht, verkaufst du ihn oder nicht." Thomas Fleischmann, gelernter Kaufmann, hat sich das Wissen über Whisky selbst angeeignet. Über die eigenen Produkte zu philosophieren, ist nicht seine Sache. "Wir lassen Experten verkosten und richten uns nach deren Urteil."
Bloß nicht aus dem Kühlschrank!
Große Whiskytrinker sind sie beide nicht, Vater und Sohn Fleischmann. Aber sie wissen alles über die Herstellung. "Man muss den Schnaps 'rausbeten, man muss sich Zeit lassen beim Destillieren. Der Whisky muss so fein wie Wollfäden aus der Anlage laufen." Wichtig ist außerdem, dass er mild ist. "Man soll in das Glas eintauchen und den Geruch anziehen können. Das darf nicht brennen." Was noch? Zimmertemperatur! Fleischmanns schüttelt es beim Gedanken an Schnaps aus dem Kühlschrank.
Deshalb wärmt Robert Fleischmann das Glas, in das er ein Schlückchen von seinem gut gehüteten Premierenbrand eingeschenkt hat, in seinen Händen. Und erzählt dabei von den Aromen: "Das erste ist immer Vanille. Schokolade kann man auch 'rausschmecken oder Gerbsäure, wenn das Fass frisch ist." Und Leder, Nusstorte, Malz natürlich. Oder die Schreinerei im 83er? Augen schließen. Hineindenken, riechen. Trinken. Doch: Ein bisschen Schreinerei steckt drin.
Whiskymesse in Nürnberg
Termin Parallel zur Freizeitmesse in Nürnberg (bis 2. März) findet am Wochenende vom 1./2. März die Whiskymesse "The Village" in Halle 12 des Messezentrums statt. Sie ist an beiden Tagen von 9.30 bis 18 Uhr geöffnet. Für beide Messen gilt eine gemeinsame Eintrittskarte.
Ausstellung In der Kulisse eines Dorfes stellen 60 Importeure und Brennereien 800 verschiedene Whiskys aus 13 Ländern vor. Darunter sind internationale Raritäten ebenso wie fränkische Spezialitäten unter anderem der Blauen Maus aus Eggolsheim.
Programm Während der Messe ist ein Kiltmacher vor Ort, es gibt Whisky-Kochshows, eine Zigarrenlounge, Livemusik, Tanzdarbietungen, Krimilesungen, Vorträge und Whiskyproben.
Wissenswertes
Hochburg In Deutschland wird Whisky vor allem in Schwaben und Nordbayern gebrannt. Die meisten Destillerien gibt es in Ober- und Unterfranken, die Nürnberger Region gehört mit ihrem "The Most Venerable Order of the Highland Circle" zu den deutschen Whiskyhochburgen: Der Circle ist der älteste Whiskyclub Deutschlands. Er ist fachlicher Partner der Whiskymesse und dort zuständig für die Seminare und Whiskyproben (Anmeldung am Stand).
Bedeutung Das Wort Whisky, 1736 erstmals erwähnt, leitet sich vom schottisch-gälischen "Uisge Beatha" ab und bedeutet Lebenswasser.
Single Malt ist die Bezeichung, die dem Whisky aus einer einzigen Brennerei (Einzelfassabfüllung) zukommt, daher Single, deutsch: einzeln. Single Malt wird aus reinem Gerstenmalz (gemälzter Gerste, deshalb Malt, deutsch: Malz) gemacht und in kupfernen Pot stills (Brennblasen) zwei- oder dreimal destillert.
Der Zusatz Single Malt wird als Prädikat verstanden, die so ausgezeichneten Whiskys sind in aller Regel besonders hochwertig. Hinzu kommt ihre besonders lange Lagerung über ein Jahrzehnt oder länger.
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