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Fränkische Schweiz: Tanzboom in Faschingsgarden


Autor: Thomas Weichert

Gößweinstein, Freitag, 01. März 2019

Erst seit 2002 hat sich die Zahl der Garden und Tänzerinnen in den Faschingsgesellschaften aus Gößweinstein und Kühlenfels nach oben entwickelt.
1989 gab es nur die Prinzengarde des Narrenkübels, die aus sieben Mädchen bestand. Foto: Thomas Weichert


Am Faschingssonntag rollt der inzwischen größte Faschingsumzug in der Fränkischen Schweiz mit über 40 angemeldeten Gruppen und Vereinen mit rund 1000 Narren und 12 000 erwarteten Schaulustigen durch die Faschingshochburg Gößweinstein. Dann werden auch wieder viele Faschingsgarden und Tanzgruppen aus der Fränkischen Schweiz von Hiltpoltstein über Heiligenstadt und Gößweinstein bis Pottenstein dabei sein.

Alleine von den zwei inzwischen größten Faschingsvereinen in der Fränkischen Schweiz, der Faschingsgesellschaft Narrenkübel Schwarz-Weiß Gößweinstein und dem Faschingskomitee der Soldatenkameradschaft Kühlenfels-Waidach, marschieren rund 230 Tänzer in den insgesamt 15 verschiedenen Tanzgruppen beim Faschingsumzug mit.

Erst seit 2002 hat sich die Zahl der Faschingsgarden und der überwiegend weiblichen Tänzer in den beiden Faschingsgesellschaften aus den Gemeinden Gößweinstein und Pottenstein kontinuierlich nach oben entwickelt. Nachdem die Faschingsgesellschaft Gößweinstein 1978 gegründet worden war, gab es ein Jahr später nur die Prinzengarde mit gerade einmal vier bis fünf Gardemädchen.

Über viele Jahre hinweg war diese Prinzengarde mit jeweils einem Garde- und einem Schautanz die einzige Faschingsgarde in den beiden Tourismushochburgen der Fränkischen Schweiz. Beim elfjährigen Bestehen des Narrenkübels in der Faschingssession 1988/89 waren es gerade einmal sieben Gardemädchen. Faschingspräsident war damals Manfred Heckel, der heutige Gößweinsteiner Nachtwächter.

1996 verzeichnete man dann zehn Gardemädchen, ein Tanzmariechen und ein Tanzpaar, was sich auch die nächsten Jahre kaum ändern sollte. 1999 tauchte in einem Protokoll gar die Frage auf, ob es im Millenniumsjahr überhaupt noch einen Fasching in Gößweinstein gibt.

Auch der Faschingsumzug in Gößweinstein war damals mit fünf bis sechs Gruppen sehr bescheiden. Berichtet wurde sogar von einem "Gaudiwürmchen", das sich durch den Wallfahrtsort schlängelte.

2000 startete man in Gößweinstein dann aber doch mit neun Gardemädchen in die Faschingssession. Ein Weiber- und Männerballett gab es von Beginn an bis heute auch immer.

In Kühlenfels gründete die Soldatenkameradschaft 2001 ein Faschingskomitee mit einem Fünferrat als Unterabteilung des Vereins. Die erste Prunksitzung fand 2002 im Sportheim in Kühlenfels statt, bei der erstmals die "Rasselbande", die "Schlossgarde", die "Maxi-Dancers" und das Männerballett "Die Schlossgazellen" auftraten.

In Gößweinstein hingegen ließ die Gründung von neuen Faschingsgarden noch auf sich warten. Erst 2004 startete der Narrenkübel neben der Prinzengarde mit sieben Gardemädchen erstmals mit einer weiteren Garde, der "Juniorengarde", in die Faschingssession. 2005 wird erstmals im Protokoll eine "Wichtelgarde" erwähnt. Federführend dabei ist Holger Kade, ein Gößweinsteiner, der heute in Pottenstein wohnt und noch immer in Sketchen bei den Prunksitzungen mitwirkt.

Casting 2005

Am 17. Juni 2005 war es dann so weit: Es fand ein "Short-Casting" zur Gründung einer Wichtelgarde statt und man konnte in die Session 2005/06 mit einer Prinzen-, Junioren und Wichtelgarde starten. In Kühlenfels kamen die "Fun-Kids", die "Teenie-Dancers" und ganz neu die "Königsgarde" hinzu.

2008 wird von einem "schwierigen Jahr" in der Chronik des Narrenkübels berichtet, weil ein hoher Zulauf von jungen Tänzerinnen bestand, die in den vorhandenen Garden nicht mehr unterzubringen waren. Daher mussten sie für den Garde- und Showtanz aufgeteilt werden.

2009 gründeten "Abtrünnige" des Narrenkübels die neue Faschingsgesellschaft "Die Heiligen Stadtschnecken von Heiligenstadt", die inzwischen auch am Faschingsumzug in Gößweinstein teilnehmen.

2014 wurde in Gößweinstein eine weitere Garde ins Leben gerufen: Die "Wackelzähne" bilden nun die jüngste Garde und es gibt auch erstmals zwei Tanzmariechen. Neu in dieser Faschingssession in Gößweinstein ist die Tanzgruppe "Danecrina el Garda", die aus acht jungen Frauen besteht, die einst in der Prinzengarde mittanzten. Aktuell hat der Narrenkübel 68 Kinder und Jugendliche im Training seiner Garden. Insgesamt sind es mit dem Weiber- und Männerballett über 80 Tänzerinnen und Tänzer bei 130 Aktiven des Vereins.

Zwei bis drei Trainerinnen

In den acht Tanzgruppen des Faschingskomitees aus Kühlenfels sind es auch 130 Aktive. Jede Tanzgruppe, egal in welchem Faschingsverein, hat zwei bis drei Trainerinnen und Betreuerinnen. Die älteste Gardetrainerin mit 78 Jahren ist Slobodanka Bollmann, die den Gardemädchen noch heute Fitnesstraining gibt. 1980 war sie für das ehemalige Jugoslawien als Turnerin bei den Olympischen Spielen in Moskau dabei.

Man schrieb das Jahr 2005, die Faschingssession war gerade vorbei. Zwei altgediente Aktive des Narrenkübels Gößweinstein saßen beim Skifahren in der Hütte und sinnierten. Ungelöst war die scheinbar quälende Frage, warum der Narrenkübel keine Gardemädchen kriegt. Denn alle tanzinteressierten Mädchen rannten damals nach Pottenstein zu einer Tanzgruppe, die sich "Hiphops" nannte. Der siebte oder achte Jagertee brachte die Erleuchtung: Einer wollte nach Gardemädels Ausschau halten, der andere eine Trainerin suchen. Man wusste damals, dass es in Gößweinstein eine Person gibt, die sportlich enorm gut drauf ist und beim SV Gößweinstein die Turnerinnen trainiert. Und das war Slobodanka Bollmann, die zum Glücksfall des Narrenkübels wurde. Das war der Beginn des Tanzbooms, und heute gibt es sogar schon Wartelisten zur Aufnahme in eine der vielen Garden.

"Wir lehnen aber niemanden ab", sagt Narrenkübelchef Bernhard Bauernschmitt. Er betont, dass der Verein eine hohe Verantwortung gegenüber den Kindern und Jugendlichen habe, die aus 21 Ortschaften der Fränkischen Schweiz kommen.

Warum aber ist der Ansturm heute so groß? "Für Mädchen gibt es nicht viele Möglichkeiten für einen Vereinssport und deshalb tanzen diese gerne in Gruppen", sagt Heidi Brendel, die zusammen mit ihrem Mann Otto den Fasching in Kühlenfels organisiert.