Fränkische Schweiz: Die Streitburg tritt aus ihrem Schattendasein
Autor: Pauline Lindner
Streitberg, Montag, 27. Juli 2020
Die gegenüber der Burgruine Neideck unscheinbare Streitburg im Wiesenttal war früher eine mächtige Befestigungsanlage. Jetzt wird sie kulturhistorisch und touristisch aufgewertet.
Es war eine wilde Zeit, der Beginn der Neuzeit: Martin Luther hatte seine Thesen angeschlagen - mit letztlich kriegerischen Folgen, es tobte der Bauernkrieg, Markgraf Albrecht Alcibiades zog brandschatzend von Kulmbach aus durch die umliegenden fränkischen Lande - von Verrohung der Sitten gar sprach Toni Eckert, Kulturreferent des Landkreises Forchheim, bei den Führungen über die neuerforschte Burgruine Streitburg. Dank Mitteln aus dem EU-Leader-plus-Fonds wurde sie vermessen und untersucht. Mit einer sensationellen Entdeckung: 64 Stufen unter dem Burgplateau liegt ein "Angstloch", eine 45 Zentimer breite Öffnung im Boden. Über ein Seil wurde ein Delinquent dort fünf Meter in ein Lochgefängnis hinuntergelassen.
Drei Belege
Drei Belege, so Eckert, gibt es, dass der öffnungslose Raum als (Untersuchungs-)Gefängnis genutzt wurde. Belegt ist der Fall eines Bamberger Landsknechts, den der markgräfliche Burgvogt Kunz Schott von Schottenstein wegen eines ausgeräumten Fischkastens "in Fesseln geschraubt" hat.
Den Aufenthalt im Lochgefängnis darf man getrost als eine Form von Folter ansehen, um ein Geständnis zu erhalten. Das wiederum war - vor allem wenn es keine Augenzeugen gab - das einzige Beweismittel für Schuld oder Unschuld. Sachbeweise, wie sie heute bei Gericht gang und gäbe sind, kannten die Rechtsordnungen damals nicht.
Die Burg Eltz in der Eifel ist nicht nur vom alten 500-DM-Schein bekannt. Sie ist eine der wenigen erhaltenen Ganerbenburgen, also einer Burg mit mehreren Eigentümern und dadurch komplizierten Rechtsverhältnissen. "Erhalten blieb sie, weil sie nicht so bedeutend war wie die Streitburg", betonte Eckert die Stellung der Befestigungsanlagen gegenüber der durch den erhaltenen Turm markanteren Neideck. An Größe kommt die Streitburg ihrem rheinländischen Pendant gleich. Als Beweis kann auf einer der Schautafeln eine Gegenüberstellung der Baupläne angesehen werden.
Burgtor mit Wappen
Heute betritt man die Streitburg durch die jüngsten Teile: das Burgtor mit dem markgräflichen Wappen und die vorgelagerte Hundsbastei, auf der sieben Kanonen Platz hatten. Errichtet wurde sie nach 1553, als Claus von Egloffstein in Bamberger Diensten die alte Burg belagert und zerstört hatte. Den Markgrafen war sie wichtig genug, um wiederaufgebaut zu werden, bildete doch das Amt Streitberg eine Verbindungsachse zwischen den Herrschaftsgebieten "Ob" und "Unter dem Gebürg", besser bekannt als Markgrafschaften Bayreuth und Ansbach, dessen nordöstliche Grenze Baiersdorf )bei Erlangen) war.
In der Barockzeit waren Befestigungen auf Bergen militärisch nutzlos geworden. Auch die Streitburg verfiel nach dem Brand, den die katholische Liga im Dreißigjährigen Krieg herbeigeführt hatte. Auf Bildern des 18. und 19. Jahrhunderts ist noch der hoch aufragende Bau an der Südflanke zu sehen. Und manch gut behauener Stein steckt in bürgerlichen Bauten des Orts Streitberg.
Bis zu 50 Meter hoch?
Gedanklich muss man bis zur ersten Jahrtausendwende zurückgehen, will man zu den Wurzeln der Streitburg gelangen. Oberirdisch erhalten ist nahezu nichts, auch nicht vom sechseckigen Donjon (Burgturm), dem Herzstück der Anlage. Schon im unteren Wiesenttal auf Höhe des Walberla war er zuerkennen. Mit gut 20 Metern Höhe repräsentierte er die Herrschaftsgewalt. Beeindruckend muss die Burg auch von der Nähe gewesen sein. Die gemauerte Front auf den Ort zu könnte 50 Meter aufgeragt haben.