Fränkische Schweiz: Als Ernst Moritz Arndt "die schönsten Trümmer einer Burg" besuchte
Autor: Reinhard Löwisch
Wiesenttal, Mittwoch, 02. Januar 2019
Eine Woche lang durchstreifte Ernst Moritz Arndt die Fränkischen Schweiz. Seine Aufzeichnungen dazu stammen aus dem Jahre 1798.
Eine Woche lang hielt sich der deutsche Dichter und spätere Hochschulprofessor Ernst Moritz Arndt in der Fränkischen Schweiz auf, durchstreifte die Täler, begutachtete die Burgruinen und erforschte die Höhlen. Seine Aufzeichnungen aus dem Jahre 1798 geben Aufschluss über das Leben in jener Zeit, als es noch Leibeigene gab und der französische Kriegsherr Napoleon Bonaparte Ägypten angriff.
Von Muggendorf aus, wo Arndt meist wohnte, brachte ihn sein Führer Wunder, "ein kleines schiefbeiniges Männlein", zu den umliegenden Sehenswürdigkeiten. Es regnete, hielt Arndt fest, als er mit Wunder, mit dem er vorher gemeinsam gefrühstückt hat, loslief, um zuerst die Brunnsteinhöhle zu besichtigen. Auf dem Bauch krochen die beiden "30 bis 40 Fuß auf Händen und Füßen", ehe sie ihr Ziel erreichten: den Brunnen. "Ein Rundes Becken, welches immer kühles und klares Wasser hat", schrieb Arndt.
Zur Schönsteinhöhle
Von dort ging es weiter zur Schönsteinhöhle. Nass und schmutzig "wie ein Paar, das man durch eine Mistpfütze geschleift hat", erreichten sie den schmalen Eingang, der nach Meinung Arndts "nichts für einen 200- oder 300-pfündigen" Menschen wäre, denn "schwerlich käme er durch die Spalten". Der Aufwand lohnte sich, wie Arndt schrieb: "Wir standen vor Herrlichkeit geblendet vor den schönsten Tropfsteinen. O das lässt sich nicht beschreiben, wie der Mensch dasteht in seiner Kleinheit und Größe. Ich war wie in eine neue Welt abgestiegen, meine Sinne verwirrten sich und das Lebendige in mir war in einen fremden und schmerzlichen Gefühl aufgelöst."
Die Zoolithenhöhle
Auch die Zoolithenhöhle, die früher wegen ihrer Lage neben einem Dorf "Gaillenreuther Höhle" hieß und seit 1602 unter Fachleuten bekannt ist, erregte seine Aufmerksamkeit. Nicht wegen etwaiger Tropfsteine, sondern wegen der unterschiedlichsten Funde tierischer Knochen, bei denen nicht nur er, sondern auch andere Forscher sich oft fragen, wie die in die Höhle gekommen waren. Arndt fand "große Hauer eines Seeungeheuers" und Muscheln und Seeschnecken. Arndt fragte philosophisch, ob "der größte Walfisch der allmächtigen Natur mehr wert ist als Sand und Kies". Öfters dachte Arndt beim Besuch der Höhlen daran, dass er Tage zuvor in der Waischenfelder Försterhöhle von der Leiter gestürzt war. Er beschrieb den Unfall sehr genau. Als er in einer Seitenhöhle ein wunderschönes Gewölbe beschauen wollte, schlug die Leiter um und er machte einen fliegenden Rücksprung, bekam einen derben Schlag auf den Kopf. Danach fiel er immer tiefer "und ich empfahl meine Seele schon den Berggeistern, als ich einen Zapfen fasste, der mich über dem endgültigen Abgrund hielt". Mit einigen Abschürfungen an den Händen und einem zerbeulten Hut kam er noch glimpflich davon und er kletterte mit seinem Führer weiter, nachdem er sich einigermaßen erholt hatte.
Auf der Ruine Neideck
"Die schönsten Trümmer einer Burg, die ich bis jetzt auf deutschem Boden sah" - Das Lob schrieb er über die Ruine Neideck, die er am 23. Juni ausführlich begutachtete, in sein Tagebuch. Arndt hatte dabei "alles durchgeklettert", was es zu sehen gab. Als er sich auf einem Felsen niederließ, um sich etwas zu erholen, hielt er nochmal, wie zur Bestätigung, schriftlich fest: "Diese Ruinen des alten Schlosses Neideck sind die größten und romantischsten, die ich gesehen habe." Anschließend beschrieb er die Ruine in allen erforschten Einzelheiten. Das Schloss Streitberg besuchte er am gleichen Tag, beschrieb es aber im Gegensatz zur Neideck nur ganz sachlich als "modernisierte Trümmer, deren Räume zu seiner Zeit Kornböden, Heuböden und Haushaltungen" enthielten.