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Forchheimer tanzen am Valentinstag gegen Gewalt


Autor: Sabrina Friedrich

Forchheim, Donnerstag, 12. Februar 2015

"One Billion Rising" fordert Männer und Frauen dazu auf, die Gewalt auf der Welt nicht hinzunehmen. Auch der Forchheimer Rathausplatz wird am Samstag zur Tanzfläche der Solidarität.
Vor einem Jahr setzten die Initiatoren von "One Billion Rising" ein Zeichen weltweiter Solidarität auf dem Forchheimer Rathausplatz. Foto: J. Hofbauer


"Mein Blick steigt empor. Ich bete auf meinen Knien, ich spür den großen Mut in mir, steh auf, geh meinen Weg. Geh, tanz, steh auf!" So beginnt die deutsche Version des Liedes, zu dem am Samstag eine Milliarde Männer und Frauen auf der ganzen Welt tanzen sollen. "Spreng die Ketten" - so der Titel des Liedes - ist das Motto der Aktion "One Billion Rising", an der sich Forchheim in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal beteiligt.

"Es geht darum, die Ketten im Kopf zu sprengen und sich bewusst von festgefahrenen Vorurteilen und Rollenbildern zu lösen", erklärt Mar Rodriguez, die eine Tanzchoreografie zu dem Lied (Originaltitel: "Break the Chain" von Tena Clark und Tim Heintz) entwickelt hat.

Im Jahr 2014 haben über 50 Tänzer und zahlreiche Zuschauer in Forchheim an der Aktion teilgenommen. "Wir wollen die Forchheimer dazu einladen, gemeinsam aufzustehen und ein Zeichen gegen Gewalt zu setzen", sagt Rodriguez.

Erschreckende Zahlen

Bei der Aktion, die in Forchheim von der Arbeiterwohlfahrt organisiert wird, soll der Fokus nicht nur auf der Gewalt gegen Frauen und Mädchen liegen, sondern auch auf der gegen Jungen und Männer. Im vergangenen Jahr veröffentlichte die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte eine Studie zur Gewalt gegen Frauen, an der 42.000 Frauen im Alter zwischen 18 und 74 Jahren aus 28 EU-Mitgliedsstaaten teilgenommen haben. 60 Prozent der Befragten gaben darin an, mindestens eine Form der sexuellen Belästigung erlebt zu haben.

44 Prozent haben demnach körperliche, sexuelle oder auch psychologische Gewalt vor ihrem 15. Lebensjahr an erlebt. Dass Gewalt nicht ausschließlich eine Erfahrung von Frauen ist, zeigt eine Gesundheitsstudie des Robert-Koch-Instituts aus dem Jahr 2013, bei der 6000 Frauen und Männer zu ihren Gewalterfahrungen befragt wurden.

Das Ergebnis: Frauen üben häufiger als Männer Gewalt gegen den Partner aus. Männer neigen eher zu Gewalt im Sozialraum und am Arbeitsplatz, Frauen im häuslichen Bereich. Dass die Ergebnisse solcher Befragungen aber mit Vorsicht zu genießen sind, betont Monika Vieth, Leiterin der Forchheimer Außenstelle des Weißen Rings: "Es ist immer schwierig, Statistiken aus dem Ärmel zu zaubern, weil die Dunkelziffer in den meisten Fällen deutlich höher ist."

Steigende Stalkingfälle

Im Landkreis Forchheim registriere sie jährlich im Schnitt 30 bis 40 Opferfälle, meist Frauen, aber auch Männer und Kinder. "Die meisten Vorfälle sind im Bereich häusliche Gewalt, Stalking und sexueller Missbrauch", sagt Vieth. Stalkingfälle seien in letzter Zeit häufiger gemeldet worden, vermutlich, weil es erst seit kurzem ein Straftatbestand ist und vorher nicht als solcher registriert wurde. "One Billion Rising" will die Menschen für dieses Thema sensibilisieren und mit einem neuen Bewusstsein die Welt zu einem besseren Ort machen. "Auch wenn es Ungerechtigkeit auf der Welt gibt, wollen wir nicht klagen oder jammern, sondern durch das Lied und den Tanz eine positive Ausdrucksform finden, die für alle verständlich ist", sagt Rodriguez.

An drei Terminen versammelten sich über 20 Frauen aller Altersgruppen im Jugendhaus in der Kasernstraße, um die Tanzschritte für ihren großen Auftritt einzustudieren. Wer sich kurzfristig noch von zu Hause aus vorbereiten möchte, findet zahlreiche Videos auf YouTube und unter www.onebillionrising.de.

"Die Aktion soll über alle Grenzen hinweggehen, egal ob Nationalität, Alter, Religion oder Politik", sagt Rodriguez.