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Forchheimer Kellerwald wird neu verhandelt


Autor: Ekkehard Roepert

Forchheim, Donnerstag, 02. Juli 2020

Wirte, Politiker und Stadtverwaltung sind auf der Suche nach einem Kellerwald-Konzept. Doch eine Tour durch den Kellerwald zeigt, dass die "Hauptprobleme" sehr unterschiedlich bewertet werden.
Annafest-Bürgermeister Udo Schönfelder im Gespräch mit Gabriele Install, die den Hebendanz-Keller mitorganisiert.  Barbara Herbst


Udo Schönfelder (CSU) hat sich eine große Aufgabe vorgenommen: Als "Annafest-Bürgermeister" will er nun endlich Klarheit in die Verhältnisse im Forchheimer Kellerwald bringen.

Wie kann der attraktiver werden? Wie kann er sicherer werden? Wie wird er angesichts teurer Sanierungen wirtschaftlich bleiben? Antworten auf diese Fragen sollen in ein Zielbild "Kellerwald 2030" münden.

Zwei Tage lang war der Annafest-Bürgermeister mit Stadträten, Verwaltungsmitarbeitern und externen Experten unterwegs, um die Situation vor Ort zu dokumentieren. Die Gespräche mit Pächtern und Besitzern soll der Analyse der Stärken- und Schwächen des Kellerwaldes dienen. Udo Schönfelder: "Wesentlich sind die sich ergänzenden, teilweise allerdings auch konkurrierenden Aspekte Attraktivität, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit."

Allianz der Willigen gesucht

Daher, betonte der Annafest-Bürgermeister nach der zweitägigen Gesprächs- und Dokumentationstour am Mittwochabend, gelte es nun, eine "Allianz der Willigen" zu finden. Vieles werde auch davon abhängen, wie künftig die juristischen Aspekte auf dem Festgelände bewertet würden.

Daher arbeitet sich der Forchheimer Rechtsrat Till Zimmer gerade in die Materie ein. Zimmer will noch in diesem Sommer erläutern, wie sich die Rechte und Pflichten und die unterschiedlichen Verantwortungsbereiche der vielen Beteiligten (Stadt Forchheim, Eigentümer, Pächter/Wirte, Schausteller) darstellen. Aufgrunde der juristischen Einschätzung soll der Stadtrat dann die Kellerwaldsatzung fortschreiben; auch sollen sämtliche Beteiligte auf eine Sanierungssatzung festgelegt werden.

Und Bürgermeister Udo Schönfelder geht es auch darum, an Fördergelder heranzukommen, einen Kellerwald-Förderverein zu gründen und das Thema "Annafest als Weltkulturerbe" anzugehen. roe

Zuversicht und Skepsis

Wenn auf einem Keller die Zuversicht herrscht, macht sich schon auf der nächsten Schankfläche die Skepsis breit. Die Corona-Auflagen haben die unterschiedlichen Bedingungen im Kellerwald nochmal verstärkt. Birgit Hempel, Wirtin des Schindler-Kellers, zählt sich zu den Gewinnern. Obwohl sie wegen der Pandemie zwei Wochen geschlossen hatte. Da kochte sie für ihre Gäste "zum Mitnehmen". Außerdem erließ ihr Keller-Besitzer Hans Schmitt eine Monatspacht. Und jetzt ist der Zulauf groß - gerade wegen der neuen Regeln: "Diesen Abstand schätzen die Gäste sehr", stellt Birgit Hempel fest.

Ihr "Hauptproblem" seit drei Jahren sei der Müll: "100 gelbe Säcke liegen vier Wochen rum, bis sie abgeholt werden. Und nachts kommt der Fuchs und reißt sie auf." Schindler-Keller-Besitzer Hans Schmitt beklagt: Die Stadt habe seinen Antrag, einen Müllcontainer zu bauen, abgelehnt; auch der Bau von Toilettenanlagen komme nicht voran. "Der Grund und Boden gehört der Stadt", sagt Schmitt. "Ich mache nichts mehr, bevor andere Sachen nicht geklärt sind", sagt er in Anspielung auf die Besitzverhältnisse.

Brauer Johann Modschiedler, dessen Familie seit 1880 das Erbbaurecht am Schaufel- und am Rappenkeller hat, findet es kleinlich, dass das Landratsamt auf Fettabscheider besteht. "Im Landkreis Bamberg gibt es das nicht." Modschiedler betreibt weitere fünf Keller in Bamberg und Nürnberg. "Durch Corona fehlen mir 60 Prozent Umsatz in der Brauerei." Sein Motto laute leben und leben lassen - daher habe er den Pächtern seiner Forchheimer Keller die Pacht erlassen.

Susanne Herzing vermisst im Kellerwald die Betriebsamkeit. Nur 7 der 24 Keller hätten aktuell offen. Herzing und ihr Kompagnon Philipp Dimter betreiben den Greifkeller. "Wir persönlich sind sehr zufrieden, zur Zeit ist es wie ein kleines Annafest", sagt Dimter. "Auch das mit dem Abstand passt, das macht die Keller schöner."

Nicht für Richard Muß, den Besitzer des Winterbauer-Kellers. Seine Schankflächen sind nicht so weitläufig wie am Greifkeller. Pächter Matthias Muß (der Sohn des Besitzers) versuchte, Gäste durch eine Musikveranstaltung zu locken. Doch das bekam er wegen der Corona-Auflagen nicht durch.

300 Prozent Gebührensteigerung

Was die Erbpächter am häufigsten zu beklagen haben: die nicht geregelte Müllentsorgung; die fehlenden Parkplätze; die hohen Gebühren, die laut Ignaz Schneider seit 2016 um 300 Prozent gestiegen seien; den unzureichenden Wegebau, der beispielsweise die Hebendanz-Pächter zum Schlamm-Schaufeln zwingt. Christoph Kauer, der unter anderem den Kaiser-Keller gepachtet hat, vermisst insgesamt ein besseres "Erscheinungsbild": Ein Parcours aus Tafeln sollte über die Keller informieren: "Der Gast muss sich mitgenommen fühlen."

Meinung des Autors:

Ein "ganzheitliches Kellerwald-Konzept" hatte schon Bürgermeister Franz Streit (CSU) im Blick. Jetzt sitzt Udo Schönfelder (CSU) auf dem Annafest-Bürgermeister-Sessel und hat begonnen, sich an der Vorstellung der "Ganzheitlichkeit" abzuarbeiten. Der Plan, eine einheitliche Ordnung und letztlich eine Sanierungssatzung durchzusetzen, ist extrem ehrgeizig. Denn schon die traditionelle Einteilung in obere und untere Keller zeigt, dass hier in einem Wald zwei Welten existieren. Oben haben die Wirte keine Parkplätze und sind damit vom Strom der Gäste, die außerhalb des Annafestes erwartet werden, abgeschnitten. Wer sich unter den Keller-Besitzern und Pächtern umhört, kann sich gut vorstellen, warum das ganzheitliche Kellerwald-Konzept seit Jahren kaum fortgeschrieben werden konnte: Die Besitzverhältnisse sind so wirr, dass niemand bereit ist, groß zu investieren. Einig sind sich die Wirte eigentlich nur im Ruf nach der Stadt Forchheim. Tenor: Die Stadt beteilige sich zu wenig an den Sanierungen. "Ich mache nichts mehr, bevor andere Sachen nicht geklärt sind." Diese Aussage eines Wirtes ist in Varianten immer wieder zu hören. Die von Bürgermeister Schönfelder erhoffte Allianz der Willigen ist noch nicht in Sicht. Bislang gibt es nur die Allianz der Zahlungsunwilligen.