Druckartikel: Forchheimer gegen Privatisierung der Trauer

Forchheimer gegen Privatisierung der Trauer


Autor: Ekkehard Roepert

Forchheim, Montag, 23. Februar 2015

Der Benutzungszwang für Friedhöfe - in Bremen ist er seit Januar aufgelöst. Dort kann die Asche von Verstorbenen auch im eigenen Garten verstreut werden. In Forchheim stößt die Idee auf Befremden.
Der Benutzungszwang für Friedhöfe macht in Bayern das Ausstreuen von Asche in privaten Gärten unmöglich.  Foto: privat


Wer darf den Stein setzen - und wie? Wer darf entscheiden, was auf das Grab gepflanzt wird? Solche Fragen hat das Friedhofsamt nicht zu entscheiden. Aber, sagt Walter Mirschberger, Der Leiter des Forchheimer Bau- und Grünbetriebes, seine Mitarbeiter würden immer wieder mit diesen Fragen konfrontiert. Das zeige ihm, wie heftig das Thema Grabpflege in manchen Familien umstritten sei. Und daher halte er es für wichtig, dass Menschen nicht in privaten Gärten beigesetzt werden.

In Bremen ist genau das seit Januar möglich. "Als Ausbringungsort kommen grundsätzlich alle privaten Grundstücke in Betracht", heißt es in der entsprechenden Satzung, die die Bürgerschaft der Freien Hansestadt verabschiedet hat.

Sicher werde diese Neuerung auch den Arbeitskreis Bestattungswesen im Bayerischen Städtetag beschäftigen, sagt Walter Mirschberger, der diesem Kreis angehört. In Bayern gelte ja nach wie vor der "Benutzungszwang für Friedhöfe". Der sollte beibehalten werden, meint Mirschberger. Nicht, "um Friedhöfe vollzubringen", wie manche unterstellten, sondern weil die Friedhöfe eine Trauerkultur ermöglichen, die niemand ausgrenze.

"Ich finde es schade, wenn der Gedenkort im Privaten ist", sagt auch der Forchheimer Pastoral-Referent Stefan Ahr (Hl. Dreikönig Burk). Dass sich jemand "ernsthaft" eine Beisetzung im Garten wünscht, das habe er zwar noch nicht erlebt; doch davon abgesehen sei das auch nicht sinnvoll, ist Stefan Ahr überzeugt: "Öffentliches Gedenken von Freunden wäre dann nicht mehr so leicht möglich. Und beim Verkauf der Liegenschaft, wäre es endgültig schwierig."

Die deutsche Bestattungskultur habe sich über Jahrhunderte herausgebildet - und natürlich werde sie "von der Kirche geschätzt". Dass der Benutzungszwang für Friedhöfe aufgehoben werde, das sei für ihn kaum vorstellbar, sagt der 52-Jährige. "Bis das nach Bayern kommt, werde ich wohl schon in Pension sein."

Nur "sehr selten" begegnet Werner Rösch (vom gleichnamigen Forchheimer Bestattungsinstitut) Kunden, die den Wunsch äußern, einen Angehörigen auf einem privaten Grundstück beisetzen zu lassen. "Ich bin dagegen, dass der Tote zu Hause im Garten beerdigt wird", sagt Rösch unumwunden. "Ich stelle mir vor, da wird der Rasen gemäht und drunter liegt Vater oder Mutter. Ich hab' kein gutes Gefühl dabei. Ich möchte es auf dem Friedhof belassen."

Günstig und öffentlich bestatten

Mag sein, sagt der Bestatter, dass manche das Verstreuen der Asche oder die Urnenbeisetzung im Garten favorisieren, weil ihnen die Gräber auf dem Friedhof zu teuer sind. Aber es gebe auch günstige Bestattungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum: "Eine Beisetzung auf einem anonymen Grabfeld kostet in Forchheim einmalig 284 Euro." Werner Rösch glaubt nicht, dass das Bremer Modell in der hiesigen Region greifen wird: "Schon gar nicht auf dem Dorf. Da kommen oft 200 oder 300 Menschen zur Beerdigung. Die würden in keinen Garten passen."

Das Gesetz regelt, wo wir unsere letzte Ruhe finden


Friedhofszwang In Deutschland regeln die Bestattungs gesetze der Bundesländer, was mit Verstorbenen passiert. Zentraler Bestandteil ist dabei der Friedhofszwang: Dieser wurde einst aus Gründen der Hygiene in Preußen verordnet und verbietet eine Beerdigung außerhalb eines Friedhofs. Friedhofszwang besteht in Deutschland für die Erdbestattung und seit 1934 zwingend für die Asche von Toten. Ausnahmen bilden die Seebestattung sowie die letzte Ruhestätte in einem gewidmeten "Friedwald".

Vorschrift Den Angehörigen von Verstorbenen ist es nach geltendem Recht bislang nicht möglich, selbst zu bestimmen, wo die sterblichen Überreste verbleiben sollen. Daran ändert auch ein zu Lebzeiten geäußerter Wunsch des Toten nichts. Die rot-grüne Landesregierung in Bremen ist die erste, die diese strenge Vorgabe lockert. In Nordrhein-Westfalen sollen Bürger bald die Asche auf entsprechend freigegebenen Flächen verstreuen dürfen.

Ausland In vielen europäischen Staaten, so in den Niederlanden, der Schweiz und Tschechien, ist der Friedhofszwang regional oder landesweit zumindest für die Asche nach einer Feuerbestattung aufgehoben. Stattdessen gilt der Grundsatz der "Asche zur freien Verfügung". So kann nach der Feuerbestattung die Asche zu Hause aufbewahrt oder beliebig beigesetzt oder verstreut werden.

Kurioses US-Bürger können seit einigen Jahren verfügen, dass ihre Asche an Bord einer Rakete ins Weltall geschossen wird. Dabei wird ein Gramm in einer kleinen Metallkapsel deponiert. Australien erlaubt eine besondere Seebestattung, und zwar im "Memorial Reef": Im Begräbnis-Riff ruht inzwischen die Asche von rund 125.000 Menschen.

Zustimmung auf Facebook

Pietätlos oder nachahmenswert? Das fragten wir zum Thema auf unserer Facebookseite www.facebook.com/ftforchheim. Nachfolgend einige der Kommentare:

Claudia F.: Wenn es der letzte Wille des Verstorbenen ist, warum nicht!

Melanie G.:
Ich könnt' mich auch eher damit anfreunden, die Asche von meinen Liebsten zu Hause zu haben als am Friedhof.

Ilona S.:
Ich finde es gut. Sollte doch jeder selber entscheiden können, wie er es möchte.

Stephie M.:
Ich find's nicht super. Was ist, wenn Garten und Haus verkauft werden und 'ne andere Familie dort wohnt? Lieber in der Natur oder See oder einem Ort, der unbewohnt ist.

Tamara S.:
Ich find's super. Ich hätte die Urne meines Vaters auch am liebsten hier bei mir. So wie es in den USA erlaubt ist.

Anita S.:
Alles andere ist Geldmacherei von Gemeinden und Pietät-Verwaltungen.

Franz S.:
Es ist überfällig, dass es überall gleichgetan wird! Ich finde den Friedhofszwang mehr als respektlos und dreist. Er muss weg. Es hat sich zu einem riesigen Geschäft auf dem Rücken der Trauernden entwickelt.

Marco F.:
Ja. Überall einführen. Sofort.

Rina F.:
Super Sache! Persönlich habe ich mich bereits entschieden, dass ich auf einem Friedwald beigesetzt werden möchte, wenn es mal soweit ist. Ich finde den Zwang, auf einem Friedhof beigesetzt zu werden, ganz schlimm

Cliff E.: Ja, ist eine rein private Sache. Kein Fremder hat das Recht, hier etwas zu entscheiden.