Forchheimer Ärzte schlagen Alarm: Leere Kitas und Volle Wartezimmer wegen Rotznasen-Erlass
Autor: Lucie Homann
LKR Forchheim, Dienstag, 21. Juli 2020
Triefnasende Kinder dürfen nicht in die Kita und besiedeln stattdessen die Arztpraxen. Gestresste Familien klagen über die Zustände und Forchheimer Kinderärzte erzählen, warum die aktuelle Situation für ernsthaft Kranke gefährlich werden kann.
Munter spielen die Kinder im Gruppenraum des Gerhardinger Kinderhauses in Forchheim, zumindest bis einem der Schützlinge plötzlich die Nase läuft. Was die Erzieher in so einem Fall zu tun haben, ist von der bayerischen Staatsregierung vorgegeben:
"Wir müssen die Kinder nach Hause schicken. Der Rahmen-Hygieneplan ist unsere Grundlage, wir dürfen nur symptomfreie Kinder aufnehmen. Wir haben da im Moment keinen Spielraum zum Handeln", erklärt Monika Kaiser, Leiterin des Kinderhauses.
Tropfnasen füllen Arztpraxen
Der Rahmen-Hygieneplan des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sieht den "Ausschluss von Kindern, die Symptome einer akut, übertragbaren Krankheit aufweisen" vor. Zu diesen Symptomen zählen neben Fieber, Husten und Atemnot auch Schnupfen.
Das Problem: "Ein Kind hat pro Jahr sechs bis acht banale Infekte der oberen Atemwege", erklärt Bernward Hinkes, Kinderarzt aus Forchheim. Allergien nicht eingerechnet.
Seit Wiederöffnung der Kinderbetreuungen sind die Wartezimmer der Ärzte voll von Kindern mit Triefnase. Denn dauert der Schnupfen länger als drei Tage, muss der Einrichtung ein Attest vorgelegt werden.
Zeit für die ernsthaften Fälle fehle
"Die aktuelle Situation in meiner Praxis ist dramatisch. Kinder mit einfachen fieberhaften Infekten sitzen im Wartezimmer oder stehen aufgrund der Hygienebestimmungen bis ins Treppenhaus. Die normalen Patienten plus die sogenannten Rotznasenkinder, dafür reichen die Räumlichkeiten nicht aus", erzählt Kinderarzt M atthias Peisler.
Teilweise würden Einrichtungen Gesundschreibungen verlangen, damit die Kinder wieder in den Unterricht zurück dürfen, berichtet Kinderarzt Manfred Singer. "Diese Atteste sind für Eltern kostenpflichtig, da sie von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Das ist für die Eltern doppelt ärgerlich, da sie mit einem gesunden Kind nochmals in die Praxis kommen müssen und dafür auch noch bezahlen sollen."