Druckartikel: Forchheim: von der Postkutsche zur E-Mail

Forchheim: von der Postkutsche zur E-Mail


Autor: Elisabeth Görner

Forchheim, Mittwoch, 30. Mai 2018

Die Personen- und Briefbeförderung in Forchheim hat an vielen Stellen in der Stadt Spuren hinterlassen. Ein Vortrag macht auf Details aufmerksam.
links alter Bahnhof, Mitte altes Postamt,  rechts neues Postamt (Aufnahme circa 1936)


ermann Meißner hat aus seinem ehemaligen Beruf als Fernmeldebauhandwerker ein Hobby gemacht. Als begeisterter "Sammler und Jäger" von Daten, Namen und Gegenständen hat er eine spezielle Postgeschichte für Forchheim geschrieben. Bei den 33. Hausgeschichten der Altstadtfreunde trug er das hauptsächlich im Postarchiv Nürnberg und in der Stadtbibliothek Bamberg Gefundene vor.
Er hat lokale Tageszeitungen teilweise ab 1842 nach Artikeln, die mit der Post zu tun haben, durchstöbert. In Nürnberg lagern Postbücher mit der Geschichte von 1800 bis 1924. Mit vielen auch gezeichneten (Postkarten-)Bildern, alten Fotos und Abbildungen von Stempeln illustrierte Meißner den Vortrag.
In Reinhold Glas zweibändigem Häuserbuch Altforchheim spielen natürlich auch die alten Postanwesen eine Rolle: zum Beispiel die sogenannte Postexpedition mit Poststall, (heute Bamberger Str. 14). Man weiß zwar, dass es in der Zeit zwischen 1633 und 1642 schon einmal eine Kaiserliche Posthalterei in Forchheim gegeben hat, aber danach war die Einrichtung in der Bamberger Straße ab dem Jahr 1752 die erste Postniederlassung in der Stadt. Das alte Wort Expedition entspricht etwa dem heutigen Postamt.
Zur Zeit der Postkutschen war es ideal, wenn die Post mit einem Stall für die Pferde kombiniert war und möglichst mit einer Unterkunft für die Reisenden. Das war in der Bamberger Straße der Fall.
Dazu kam, dass J. Dürich als gelernter Schmied auch Reparaturarbeiten an den Kutschen erledigen konnte. Nach dessen Tod 1760 führte seine Witwe bis 1765 den Poststall allein weiter; in dem Jahr heiratete sie den Bürgermeister von Forchheim, Kaspar Kapp, der Poststallhalter und Postexpeditor bis September 1782 blieb; bis zu seinem Tod 1793 erhielt Kapp Tantiemen für seine frühere Briefsammelstelle vom Nachfolger Poststallmeister Nikolaus Göb.


Reichsposthalterei

Dieser aber kaufte 1784 das Anwesen Stiebarhof (heute: Hornschuchallee Nr. 12) von den Aufsessern, wo zunächst nur ein Poststall existierte und ab 1790 auch eine Postexpedition. Beides zusammen bildete eine Kaiserliche Taxis'sche Reichsposthalterei, wie ein erhaltenes Wappen mit dem kaiserlichen Doppeladler an einer südöstlichen Ecke des Hauses noch heute zeigt.
""Standesgemäß" hatte Göb 1783 die Tochter eines Poststallhalters und Expeditors aus Burgwindheim geheiratet. 1787 auch zum Ratsmitglied geworden, verkaufte Göb sein Anwesen 1816 an den Kammergutsbesitzer und Postverwalter Schlör.
Schon ein Jahr zuvor erfolgte die generelle Trennung von Poststall und Postexpedition, wobei der Poststall bis Ende 1856 jeweils von Unterpächtern betrieben wurde. Von 1815 bis 1844 befand sich die Expedition in der Hauptstraße; wenig später zog man ins Bahnhofsgebäude um. Weil der Weg zum damals noch zur Stadt recht fern gelegenen Bahnhof vielen zu weit war, gab es im Rathaus von n 1891 bis 1914 eine Stadtpost - mit Telegraphenstation!
Bis 1922 aber hielten sich noch die Postställe im traditionellen Sinn. Der Wechsel von Poststallgebäuden bzw. deren Adressen im alten Forchheim steht nicht im Widerspruch zur zeitlichen Kontinuität der Institution; die Post(stall)halter kamen als Privatpersonen - und damit auch als Besitzer bzw. Eigentümer ihrer jeweiligen Häuser - durch Pachtverträge mit der Post zu Amt und Funktion. Während der elf Jahre von 1856 bis 1867 war auch das Eckhaus "Zum Schwanenwirt" ein Poststall, betrieben von einem Adam Wiesneth, und anschließend leitete der Poststallhalter Cyriakus Eichinger ein Jahr lang in der Torstraße 2 eine solche Pferdeunterkunft.
Im Poststall in der Bamberger Str. 2 (Kronenwirt) war ein Johann Amenth 15 Jahre lang (1868 - 1883) Stallhalter und seine Witwe führte den Poststall noch bis Januar 1900 weiter. Wieder in der Torstraße 2 war Wilhelm Eichinger (Sohn von Cyriakus) Poststallinhaber von Juni 1900 bis Juni 1922; allerdings wurde im November desselben Jahres der Poststall Forchheim aufgehoben.


Parallelbetrieb

Obwohl die ersten motorisierten Transportmittel zur Verfügung standen, musste bis 1945 jemand für Kutschen und Pferde die Verantwortung übernehmen, denn etwa 20 bis 25 Jahre lang lief gerade das Verteilen von Paketen mit Bussen und mit Pferdekutschen parallel.

Viele kannten damals den "Posthans", mit bürgerlichem Namen Johann Wagner, aus der Wiesentstraße; Alois Köstler aus der Luitpoldstr., der noch bei W. Eichinger als Postillion gearbeitet hatte, unterstützte ihn bei der Pflege von Pferden und Kutschen. Gleichzeitig war A.Köstler schon beim Forchheimer Postamt als Paketverteiler angestellt und er ist erst im März 1965 gestorben.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Pferde und Kutschen endgültig nicht mehr benötigt bzw. verwendet, aber noch 1902 hatte der Poststallhalter W. Eichinger insgesamt zehn Pferde, fünf Kutschen und drei Postillione in ihren schmucken Uniformen mit Helm, dunkler Jacke, heller Hirschlederhose und schwarzen Stiefeln. Sehr wichtig war, dass die Postillione bei den Ein- und Ausfahrten die spezifischen Signale auf dem so genannten Posthorn oder der Signaltrompete beherrschten; da gab es z. B. die Meldung über die Anzahl der Wagen und der Pferde oder über die Akunft einer Extrapost.
Die in Paris hergestellte Trompete vom Poststallhalter Schaffer aus Gößweinstein, der auch Postillion war, ist H. Meißner von einer Verwandten des oben Genannten für dessen Sammlung genauso überlassen worden wie Schaffers Hirschlederhose. Beide Teile nicht nur zu sehen, sondern sogar anfassen zu können, war ein besonderes, tatsächlich geschichtsträchtiges Erlebnis.
Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zu Beginn des Ersten Weltkrieges musste die Stadtpost dreimal täglich angefahren werden und die zu befahrenden Strecken speziell für die Forchheimer Postler waren von 1861 bis 1891 die von FO bis EBS, auch über Muggendorf bis Gößweinstein; zwischen 1866 und 1892 fuhren einige Kutschen zusätzlich nach Höchstadt - und zwar mit Personen genauso wie mit Post.
Unabhängig davon gab es schon viel früher große Poststrecken durch ganz Bayern (Erlangen-Bamberg-Bayreuth) und deutschlandweit (Nürnberg-Hamburg). Die Beförderungspreise für die Postkutschenreisen setzten sich zusammen aus den Faktoren: Entfernung, Anzahl der Pferde, eventuell Eilkutsche und Trinkgeld für den Postillion. Es existieren zwar noch allgemeine Tabellen, aber leider sind vom Poststall Forchheim keine konkreten Preise bekannt.
Ab 1897 - auch die Post war nun in der "modernen" Zeit gelandet - gab es für die wichtige Kommunikationsinstitution zum ersten Mal ein eigenes neues Gebäude gegenüber dem Bahnhof, das aber 1936 abgerissen wurde nach Errichtung eines Neubaus daneben und dessen Inbetriebnahme 1935.
1935 wurde auch eine neue Kraftpostlinie eröffnet von Forchheim nach Gräfenberg, nachdem schon seit Anfang der 20er Jahre die gelben Postomnibusse als Nachfolger der letzten Postkutschen in der Gegend eingesetzt worden waren.
1983 übernahm dann die Bahn den Kraftpostdienst; die Busse waren nun rot. Auch andere Unternehmen mit gleichen oder ähnlichen Interessen machen der "guten, alten Post" inzwischen längst Konkurrenz.
In Forchheim gibt es zumindest noch ein Hauptpostamt für den normalen Publikumsverkehr an der Kreuzung Bamberger Straße, nachdem im Gebäude am Bahnhof 1999 die Schalter geschlossen worden waren.
Ein neuer Zustellstützpunkt zur Verteilung der Post existiert seit Herbst des letzten Jahres in der Äußeren-Nürnberger-Straße 82. Schriftliche und mündliche Kommunikation ist für uns so selbstverständlich und lebensnotwendig geworden, dass es interessant und heute kaum mehr vorstellbar ist, dass es 1945 in Forchheim, wenn auch nur für knapp drei Monate (April bis Juli) - auf Anordnung der Amerikaner gar keinen Post- und Telefonverkehr gab - und durch kein Handy konnte das ausgeglichen werden! Elisabeth Görner