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Forchheim: So klappt's auch in der Krise mit dem Handwerker


Autor: Ronald Heck

Forchheim, Montag, 23. März 2020

Die Corona-Krise stellt alle vor große Herausforderungen. Im FT-Gespräch äußert sich Kreishandwerksmeister Werner Oppel zu den Auswirkungen und der Versorgungslage: Wo gibt es Engpässe und was sollten Kunden beachten?
Handwerkslehrling Louis Hoh ist auch in Krisenzeiten im Einsatz. Foto: Ronald Heck


Wegen der Corona-Pandemie müssen wir aktuell in den eigenen vier Wänden bleiben. Da ist es umso wichtiger, dass in der Wohnung, im Bad und in der Küche, alles einwandfrei funktioniert. Wenn aber zum Beispiel die Heizung streikt oder eine Leitung im Bad defekt ist, hilft nur der Handwerker. Im exklusiven FT-Interview erläutert Werner Oppel, Forchheims Kreishandwerksmeister und Chef eines Heizungs- und Sanitärbau-Unternehmens, wie sich die Krise auf die örtlichen Betriebe auswirkt und ob Kunden mit Einschränkungen rechnen müssen.

Corona hat unser Leben fest im Griff: Müssen wir uns Sorgen machen, dass kein Handwerker mehr kommt, wenn wir ihn rufen?

Werner Oppel: Nein. Der Kunde, der seinen Handwerker immer geschätzt hat, der wird auch jetzt sofort bedient. Kunden, die ständig ihren Handwerker wechseln, könnten aber ein Problem bekommen, weil die Handwerker sehr gut ausgelastet sind. Im Gegensatz zu treuen Kunden hat man es als Neukunde schwerer.

Kontaktverbot und Abstand halten: Macht es Sinn, sich jetzt Handwerker ins Haus zu holen?

Kunde und Handwerker müssen auch gar nicht in direkten Kontakt kommen. Zurzeit wird zum Beispiel auch mal der Schlüssel zum Fenster hinuntergereicht oder geschmissen - und dann funktioniert das. Viele Kunden haben ja Vertrauen zu ihrem Handwerker aufgebaut.

Und vor welche Schwierigkeiten stellt die Krise ihren Handwerksbetrieb?

Bei einigen Bauteilen kann es jetzt zu Engpässen kommen. So schlimm wie beispielsweise bei den Schutzmasken ist es aber nicht. Bei Lieferungen aus Italien oder Frankreich gibt es aber bereits Einschränkungen. Das merken wir. Bei allem, was in Deutschland produziert wird, gibt es noch keine Probleme.

Was machen Sie, wenn ein Teil nicht rechtzeitig geliefert wird?

Wenn die Lieferung zulange dauert, schaffen wir ein Provisorium, so dass es wieder läuft. Und wenn das Originalteil dann da ist, wird das Provisorium zurückgebaut. Wir Handwerker lassen keinen Kunden im Regen stehen und lassen niemanden in der Not alleine.

Sie sind Kreishandwerksmeister im Landkreis Forchheim. Von welchen Problemen berichten Ihre Handwerker-Kollegen?

Ich habe gehört, dass Aufträge zurückgestellt worden sind. Hausbesitzer zum Beispiel, die ihr Bad umbauen wollten, aber in dieser Krisenzeit doch nicht umbauen möchten und es auf bessere Zeiten verschieben.

Verursacht Corona bei den Betrieben wirtschaftliche Ängste?

Kleinere Betriebe, die wenig Rücklagen gebildet haben, haben jetzt durchaus Existenzängste. Das ist ganz klar. Für größere Firmen, die mehrere Mitarbeiter haben, wird es wohl keine Probleme geben. Und die organisierten Betriebe kommen wegen der Hilfestellung wohl besser durch die Krise. Auf den Homepages werden zum Beispiel regelmäßig Empfehlungen veröffentlicht zu Vorgehenshinweise für Kurzarbeitergeld, für Anträge bei den Ämtern, Fördermittelrichtlinien und so weiter.

Was raten Sie Ihren Kollegen?

Alle Handwerker die jetzt in eine wirtschaftliche Krise geraten, sollten sich sofort mit allen Ämtern, die von ihnen Geld wollen, in Verbindung setzen. Sie sollten sofort die Versicherungen, Berufsgenossenschaften und das Finanzamt kontaktieren, damit sie Hilfe bekommen. Dort gibt es die Möglichkeit für Stundungen. Bevor man Insolvenz anmeldet, erst einmal alle Ämter abklappern, denen man Geld zahlen muss.

Wie schützen Handwerksbetriebe die Mitarbeiter vor einer Ansteckung?

Unsere Mitarbeiter werden über jede neue Gefahrenlage unterrichtet und auf Besonderheiten hingewiesen. Jetzt gilt zum Beispiel, dass sie zwei Meter Abstand halten sollen. Und dass die Monteure wieder gehen sollen, wenn der Kunde das wünscht.

Vor allem die Industrie wirbt Fachkräfte ab, die dem Handwerk fehlen. In der Industrie ist jetzt Mäßigung angesagt. Wie krisensicher ist das Handwerk?

Die Industrie hat jetzt die größeren Probleme. Die Industrie ist ein großer Tanker. Das Handwerk sind bewegliche Beiboote. Wir sind wesentlich wendiger. Und in einer Krisenzeit ist das natürlich sehr von Vorteil. In kleineren Betrieben kann man einfacher Entscheidungen treffen und schneller wirksam werden lassen.

Das klingt optimistisch. Birgt die Krise also Ihrer Meinung nach eine Chance für das Handwerk?

Vielleicht wird in der Krisenzeit das Handwerk die Anerkennung und Wertschätzung finden, die es schon lange braucht. Der geschützte Raum in den eigenen vier Wänden wird von Handwerkern produziert. Wir gewährleisten auch in Krisenzeiten die Versorgungssicherheit an Nahrungsmitteln, Hygiene, Wärme, Abwasser und den täglichen Bedürfnissen. Vielleicht denkt man jetzt darüber nach: Wenn morgens das Wasser fließt, hat dies ein Handwerker gemacht. Und auch die heimischen Wirtschaftsbetriebe, wie der Bäcker und der Metzger, werden jetzt wichtiger.

Blick in die Kristallkugel: Wie schaut das Forchheimer Handwerk im Jahr 2030 aus?

Unser Handwerk wird nicht mehr so ausschauen wie jetzt. Die Krise ist für uns eine große Herausforderung. Nach der Gesundheit ist das zweitwichtigste Thema: Wie kann ich wirtschaftlich überleben? Es werden uns einige aus wirtschaftlichen Gründen verlassen. Gerade die selbstständigen Solo-Handwerker. Ein Einmannbetrieb hat es jetzt sehr schwer. Aber das Handwerk hat eine lange, gewachsene Tradition. Das Handwerk hat schon viele Krisen überlebt und auch diese Krise werden wir meistern.

Betriebe im Landkreis Forchheim - Online-Handwerkersuche in der Region

Zahlen Insgesamt gibt es laut Handwerkskammer von Oberfranken 1 861 Handwerksbetriebe im Landkreis Forchheim (Stand 31.12.2019). Die Betriebe teilen sich auf die Handwerksgewerbe folgendermaßen auf:

Ausbaugewerbe: 702

Pers. Dienstleistungen: 474

Handwerke für den gewerblichen Bedarf: 196

Bauhauptgewerbe: 175

Kraftfahrzeuggewerbe: 146

Nahrungsmittelhandwerke: 123

Gesundheitsgewerbe: 45

Kontakt Eine Übersicht samt Kontaktdaten aller im Landkreis in Innungen organisierter Betriebe finden Sie online bei der Kreishandwerkerschaft unter www.khs-forchheim.de

Handwerkersuche Die Handwerkskammer für Oberfranken bietet online auf Ihrer Webseite www.hwk-oberfranken.de eine Suchmaschine für Handwerksbetriebe in der Region an. Wer einen Handwerker in der Nähe sucht, kann dort die Postleitzahl oder einen Ortsnamen und den passenden Umkreis eingeben - und bekommt eine Übersicht. Die Handwerkersuche finden Sie über den Reiter "Service-Center" oder direkt über folgenden Link.