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Forchheim auf dem Weg zu "Fair-Trade Town"


Autor: Ekkehard Roepert

Forchheim, Montag, 24. Juni 2013

Seit November 2011 arbeitet die Stadt an ihrem Status "Fair-Trade Town". Diejenigen, die dafür warben, trafen auch auf viele Skeptiker.
Karin Haimann ist bislang Forchheims einzige Textilhändlerin, die Fair-Trade-Ware anbietet. Foto: Roepert


Spätestens seit ihrem Besuch in Kenia weiß Margit Wünsche, wovon sie spricht. Die Einblicke in die Produktionsbedingungen afrikanischer Werkstätten haben ihre Überzeugung für die Fair-Trade-Idee bestärkt. Die Forchheimerin arbeitet ehrenamtlich im Weltladen und ist eine von 21 Mitgliedern jener Steuerungsgruppe, die es geschafft hat, Forchheim zu "Fair-Trade Town" zu machen. Die offizielle Urkunde wird am 5. Juli um 14 Uhr im Rathaus übergeben.

Damit das geschehen konnte, warb die Steuerungsgruppe in der Geschäftswelt für die Idee. "Die Leute sind erst skeptisch, viele halten die Fair-Trade-Produkte für sehr teuer", sagt Margit Wünsche, die sich "mehr Zuspruch gewünscht" hätte.

"Es dringt nicht so leicht in die Menschen ein, dass es hier um gerechten Lohn geht, um das Überleben von armen Menschen, um ihre Gesundheit und ihre Ausbildung."

Forchheim, weltoffen

Seit November 2011 arbeitet die Stadt nun an dieser Zertifizierung, sagt Andreas Schneider, der den Prozess bei der Stadt verwaltet. 24 Gaststätten und Cafés hatte er angeschrieben, 13 Lebensmittelgeschäfte und 35 Bekleidungsgeschäfte. Das Siegel "Fair Trade" stehe auch für ein Stück "Weltoffenheit" in Forchheim, meint Schneider.

Manfred Hümmer (Sprecher der Steuerungsgruppe und FW-Stadtrat) hebt hervor, dass das Mindestziel übertroffen wurde. Sieben Einzelhändler und vier Gastronomen wären das Minimum für die Zertifizierung gewesen. Nun sind es zwölf Einzelhändler und acht Gastronomie-Betriebe geworden. Außerdem 22 Firmen, Schulen und Verbände. Zwar sei es aufwändig, jeden Geschäftsmann einzeln anzusprechen, sagt Hümmer, aber die grundsätzliche Aufgeschlossenheit sei enorm. Er freut sich vor allem über die "ansteckende Wirkung" der Idee. Mittlerweile gebe es sogar Weltmarken wie Puma, die mit Fair-Trade-Produkten auf dem Markt sind.

SPD-Stadträtin Anita Kern hatte in der Lebensmittelbranche für "Fair Trade" geworben und war fast nur auf Zustimmung gestoßen. Dennoch nennt sie das Erreichte ein "minimales kleines Schrittchen", denn die Textilbranche käme bei dieser Aktion ja quasi nicht vor. Einzige Forchheimer Ausnahme: Karin Haimann, die Babykleidung verkauft. "Popcorn" heißt ihr Laden, der ein ganzes Programm Baby-Erstausstattung anbietet: Decken, Schlafsäcke, Strampler. Die Fair-Trade-Baby-Kleidung sei nicht mal teurer als die anderen Angebote - aber bislang wenig gefragt. "Offenbar hat sich das noch nicht genug rumgesprochen."

Ein Geschäft, das mit dem Fair-Trade-Siegel werben will, muss mindestens zwei entsprechende Produkte verkaufen. Im Weltladen, wo Josef Schiefer mitarbeitet, gibt es ausschließlich Fair-Trade-Produkte. Als er andere Geschäftsleute überzeugen wollte, sei er nicht selten auf Vorurteile gestoßen. Das am weitesten verbreitete: Der Kaffee schmeckt nicht. Dabei gebe es keinen Laden mit derartiger qualitativer Kaffee-Vielfalt wie den Weltladen, wundert sich Schiefer.

Und auch der in St. Martin engagierte Stadtrat Gerhard Käding (CSU) musste Vorurteile überwinden, bis er den Pfarrgemeinderat überzeugt hatte, dass bei den Veranstaltungen künftig Fair-Trade-Kaffee ausgeschenkt wird. "Die Leute müssen wissen, wie man ihn zubereitet, der ist kräftiger und man braucht weniger davon." Und noch etwas sei den Leuten offenbar verborgen geblieben, sagt Käding: Einige Forchheimer Discounter bieten schon seit langem fair gehandelte Lebensmittel oder auch Blumen an.

Doch nicht jeder, der "Fair Trade" gut findet, schließt sich der Idee dann auch an. Uwe Fürstmann zum Beispiel. Er handelt am Paradeplatz mit mediterraner Feinkost. "Meine Lieferanten sind so klein, die haben ihr Geschäft in der eigenen Hand und beuten niemanden aus." Fürstmann ist überzeugt, dass er fair handelt, wenn er etwa den Schinken beim Bauern in Norditalien kauft: "Ich mache 'Fair Trade' im Sinne von fairem Handel, nicht im Sinne von fairen Etiketten."

Jedes Siegel müsse bestätigt und kontrolliert werden und koste Geld. Wer auf regionale Produkte setze, brauche diese Aktion nicht, sagt Fürstmann und fordert die Verbraucher auf: "Löst Euch von Siegeln, kommt auf den Geschmack."

Solche Appelle hält Manfred Hümmer für missverständlich. Die Kampagne "Fair Trade" konkurriere nicht mit regionalen Produkten, sondern sorge für gerechte Löhne in armen Ländern. Und auch Gertrud Lämmlein und Gunda Gebhardt, die sich ehrenamtlich im Forchheimer Weltladen engagieren, sehen den Verkauf der Ware als Unterstützung von Kleinbauern in fernen Ländern: "Die müssen davon leben können", sagt Lämmlein. Dafür, ergänzt Gebhardt, "kämpfe ich seit 40 Jahren".