Flüchtlingsunterkunft: Ein Riss geht durch Effeltrich
Autor: Pauline Lindner
Effeltrich, Dienstag, 01. Dezember 2015
Weil knapp 20 Asylbewerber in einem ehemaligen Gasthof einziehen könnten, verlieren manche Effeltricher die Fassung. Auch die Bürgermeisterin muss sich Vorwürfe anhören.
Die verwitwete Eigentümerin des Effeltricher Gasthauses "Waldeslust" hat das Anwesen an einen Investor aus Langensendelbach verkauft. In der Traditionswirtschaft hat sich in der Vergangenheit der Burschenverein getroffen oder die Theatergruppe ihre Stücke aufgeführt.
Wie Angehörige der Verkäuferin vermuten, hat der Investor beim Vertragsschluss nur vorgespiegelt, den Gaststättenbetrieb durch Verpachtung weiterlaufen zu lassen.
Der Käufer hat das Anwesen inzwischen dem Landratsamt als Flüchtlingsunterkunft angeboten. Das Amt hat das Angebot inzwischen auch akzeptiert.
33 Asylbewerber sollten untergebracht werden; auch in jenem Saal, in dem das dörfliche Vereinsleben stattfindet. Bürgermeisterin Kathrin Heimann (DEL) wandte sich deshalb an das Landratsamt und handelte einen Kompromiss aus. Die Behörde wird demnach nur 17 oder 18 Personen unterbringen, ohne dabei den Saal in Anspruch zu nehmen. Dies könnte laut der Bürgermeisterin ein Weg sein, diesen Raum weiterhin als eine Art kulturellen Dorfmittelpunkt zu nutzen.
Rechtsextreme Propaganda
Bei der Bürgerversammlung hatten sich jetzt an die 300 Personen im Sportheim zusammengefunden. Ein kleiner Teil von ihnen versuchte sich bereits während des allgemeinen verpflichtenden Vortrags der Bürgermeisterin nicht immer in angemessener Form Gehör zu verschaffen. Die Themen "Flüchtlingsunterkunft" und "Erhalt der dörflichen Tradition" wurden nicht zuletzt durch einen Bericht der rechtsextremen Partei "Der III. Weg" vermischt. Deren Verteilung von Flugblättern hatte bei einigen Nachbarn der künftigen Unterkunft Befürchtungen vor drohenden rechtsradikalen Aktionen hervorgerufen.
"Wie der Käufer das Anwesen nutzt, ist seine Privatsache", antwortete Heimann auf einen wütenden Zuruf hin, was denn die Gemeinde gegen die Flüchtlingsunterkunft unternommen habe. Sie bat die Anwesenden eindringlich, keine Blockadehaltung aufzubauen.
Die Kommune wolle einen Helferkreis zur Integration aufbauen, weitere Aufklärung und Informationen könne sie aber erst kurz vor dem Einzug der Asylbewerber geben. "Vor einer vergleichbaren Situation standen inzwischen schon 20 Gemeinden im Landkreis", erinnerte Heimann. Und alle hätten diese Herausforderung auch gemeistert. Die Stimmung im Saal wurde weiter aufgeheizt, als ein Besucher das fehlende Kreuz im Kindergarten ansprach, das auf Wunsch des Elternbeirats nicht angebracht worden war. Etliche Wortbeiträge hefteten sich hier an und erinnerten an Werte wie christliche Nächstenliebe - sie verhallten aber ungehört.
Bürgerliches Selbstbewusstsein
Auch die Appelle der Bürgermeisterin an die Stärke und den Zusammenhalt ihrer Gemeinde fruchteten bei der teilweise recht aggressiv reagierenden Front der Aufnahmegegner wenig. FW-Fraktionsvorsitzender Benno Messingschlager und andere Sprecher zeigten durchaus Verständnis für manche Ängste. Aber auch sie appellierten an Ruhe und bürgerliches Selbstbewusstsein: "Wir können an der Flüchtlingssituation nichts ändern. Aber wir können gemeinsam Ängste abbauen und die Leute im Dorf integrieren." Messingschlager und seine Mitstreiter erhielten von einer größeren Gruppe viel Beifall, ernteten bei den Gegnern aber auch höhnisches Gelächter und noch mehr Beiträge, was denn alles Flüchtlingen vorzuwerfen sei. "Es ist nicht richtig, wie derzeit das Dorfgespräch läuft. Man hat den Eindruck, Schwerverbrecher kämen. Die 90 Prozent Wirtschaftsflüchtlinge, die Zahl ist falsch. Damit bereiten wir nur den Nährboden für rechte Organisationen", warnte ein junger Mann.
Und wieder gab es Beifall von vielen und Missfallenskundgebungen der kleineren, aber zumindest an diesem Abend trotzdem lautstärkeren Gruppe.