Druckartikel: Finale: Blutige Messerattacke darf nicht die letzte Erinnerung sein

Finale: Blutige Messerattacke darf nicht die letzte Erinnerung sein


Autor: Redaktion.

Dormitz, Sonntag, 13. Juli 2014

Seit vier Wochen ist Frank Ortloff in Brasilien. Reist von Spielstätte, zu Spielstätte. Geht brisanten Situationen aus dem Weg, lässt sich nicht von Zimmerjungen hinters Ohr führen und dann: Einen Tag vor dem großen Finale wird er auf dem Bahnhofsvorplatz angestochen und ausgeraubt.



Sonntag, 13. Juli 2014, Rio de Janeiro:

Nun, was für ein krasser Tag liegt hinter mir. Nach meiner reibungslosen Ankunft in Rio traf ich mich abends mit den Jungs, die ich schon beim Brasilien Spiel kennengelernt habe. Der Abend verlief soweit auch sehr harmonisch und da wir ja in unterschiedlichen Appartements wohnen, trennten sich unsere Wege nach dem Spiel wieder. Weit zu laufen hatte ich es eigentlich nicht - doch, auf dem Platz vor der Metrostation kam ein circa 14-jähriger auf mich zugesprungen - nein, er hat mich richtig angesprungen - und bevor ich überhaupt reagieren konnte, hatte ich schon das Messer in der Brust. Er stahl mir mein Smartphone und die Appartement-Schlüssel aus der Hosentasche.

Im Schock drückte ich die Wunde gleich fest zu, denn es hatte angefangen zu bluten. Ein Passant kam mir zu Hilfe, hielt einen Bus an und befahl dem Fahrer, ins Krankenhaus zu fahren.

Dort angekommen wurde ich unters CT gelegt. Nachdem nichts Schlimmes verletzt wurde, flickte man mich kurz zusammen und schickte mich wieder nach Hause.

Draußen war es immer noch Nacht. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich eigentlich befand und natürlich regnete es auch noch in Strömen. Kein Taxifahrer wollte mich mitnehmen. Erst später, vor dem Spiegel, wurde mir klar, warum. Mein Gesicht, Hose und T-Shirt waren immer noch Blut überströmt. Irgendwie schaffte ich es aber dann doch noch zum Appartement. Allerdings begann jetzt die Wunde wieder heftig zu bluten. Kein Ahnung, was das für ein Wald-und-Wiesen-Krankenhaus war, in das mich der Bus gebracht hatte. Der Wachmann vor meinem Zimmer war zum Glück sehr freundlich und versorgte mich mit ausreichend Papier und rief sofort wieder die Ambulanz.

Eines steht fest: So viel Blut hatte ich bisher sicher noch nicht verloren. Im nächsten Krankenhaus wurde ich sofort sehr gut versorgt. Eine Ärztin nahm sich meiner Wunde an und gab mir eine lokale Betäubung. Meine Wunde brannte sie mit einem kleinen Bunsenbrenner aus - wer weiß schon, welche Bakterien das Messer alles übertragen hatte. Die Ärztin nähte die Wunde und verband sie provisorisch. Eigentlich sollte ich zur Beobachtung noch einige Zeit im Krankenhaus bleiben, aber in dem Behandlungszimmer war es sehr kalt. Die Klimaanlage war auf gefühlte zehn Grad eingestellt und mein T-Shirt konnte ich beim besten Willen nicht mehr anziehen. Zudem kamen noch all die anderen Patienten, die um mich herum wie wild gehustet, geschnieft und gekotzt haben. Mein Ziel: So schnell wie möglich weg hier.

Drei Stunden später konnte ich meinen Willen durchsetzen. Mir wurde sogar ein Taxi gerufen und ein wenig Geld hatte ich auch noch übrig. Nur: Wie sollte ich ohne Handy und ohne Schlüssel in mein Appartement kommen? Der "Doorman" rief so eine Art Schlüsseldienst, der mit einer durchaus unkonventionellen Art und Weise versuchte, meine Tür zu öffnen. Mit Schmerzmittel vollgepumpt und vollkommen übermüdet stand ich in diesen Minuten kurz vor einem Kreislaufzusammenbruch. Dabei hatte ich es doch schon so gut wie ins Bett geschafft. Bis die Tür endlich offen war, blieb ich lieber sitzen. Das Schloss war hinüber, der Vermieter wollte gleich ein Neues einbauen lassen und ich, ich wollte mich nur noch hinlegen.

Nach einigen Stunden Schlaf ging es mir schon wesentlich besser. Eins ist jedoch klar: Nachts werde ich hier sicherlich nicht mehr rausgehen. Obwohl, mittlerweile ist die Polizeipräsenz unglaublich groß. Vermutlich meinetwegen... Naja, das Leben geht auch ohne Smartphone weiter und morgen (also heute) geht es erstmal zum Finale. Immerhin nehme ich ein Erinnerungsmerkmal von meiner WM-Brasilien-Reise mit nach Hause...