Festigen, sichern und verstehen - zu Besuch bei einer Restauratorin
Autor: Josef Hofbauer
Pottenstein, Freitag, 13. Februar 2015
Kerstin Wittenburg hat als Restauratorin des Fränkische-Schweiz Museums Tüchersfeld alle Hände voll zu tun. Sie arbeitet an mehreren Objekten gleichzeitig.
Kerstin Wittenburg, die seit Ende letzten Jahres als Restauratorin am Fränkische Schweiz Museum in Tüchersfeld arbeitet, geht den Ausstellungsobjekten auf den Grund. Sie will die Dinge verstehen. "Ohne den kulturgeschichtlichen Hintergrund haben sie nur antiquarischen Wert. Aufgabe unseres Museums ist es aber, die Gegenstände, die lange Zeit auf Dachböden oder Kellern überdauert haben, wieder begreifbar zu machen", findet Museumsleiter Rainer Hofmann.
Ein Ochsengeschirr oder ein Pflug ist wertlos, wenn ich nicht weiß, wie sie benutzt wurden, findet Hofmann. Dies gelte für alle Exponate, vom hölzernen Ortsschild aus der Ziegelmühle (Gemeinde Obertrubach) bis zu den jüdischen Gebetsriemen, den Tefilins, von Bildern bis zu den Brautkronen, die restauriert werden.
Für seine Bilder geschämt
Kaum sichtbare Wellen an einem unsignierten Gemälde des berliner Malers Georg Tappert (1880- 1957), der sich nach einem Berufsverbot vorübergehend in die Fränkische Schweiz zurückgezogen hatte und Häuser vor den Pottensteiner Felsen malte, verraten der Restauratorin, dass es wohl lange Zeit zusammengerollt aufbewahrt wurde. Ein kleiner Klecks offenbart, dass das Bild, zusammengerollt wurde, als es noch nicht vollständig trocken war. Warum? Darauf hat Kerstin Wittenburg eine klare Antwort.
"Sein Sujet waren dralle Frauen und nackte Tänzerinnen, was aber als entartete Kunst galt. Er hat sich geschämt, Landschaften zu malen", klärt die Restauratorin auf, bei der vor allem Fingerspitzengefühl und Geduld gefragt sind.
Glaubenszeugnisse bewahren
Beispielsweise bei der Sicherung der aus Reckendorf stammenden Tefilins. Das sind an Lederriemen befestigte quaderförmige Gebetskapseln, die mit hebräischen Buchstaben verziert sind. Ein Holz-Model, das zum Bedrucken der Lederkapsel diente,war so brüchig, dass es zuerst in ein Sandbett gelegt und mit Kreidekitt, den Wittenburg mit einer Insulinspritze injizierte, verfestigt wurde. Die Druckvorlage aus Reckendorf belegt, dass in Reckendorf die Tefilins mit dem jüdischen Glaubensbekenntnis, die am Arm und auf der Stirn getragen wurden, auch hergestellt wurden.
Den Leim für die Reparatur des Ortsschildes aus der Ziegelmühle stellte Kerstin Wittenburg aus der getrockneten Fischblase eines Stör her. "Der kriecht in das Material und macht es haltbar", erklärt die Restauratorin, die nicht klebt sondern festigt oder sichert. Oft unter dem Mikroskop.
Brautkrone "basteln"
Um eine völlig zerdrückte, verschmutzte und mit Spinnweben, Mäusekot und toten Fliegen übersäte Brautkrone fachgerecht restaurieren zu können, studierte Kertin Wittenburg den Aufbau dieser Schmuckstücke.
Das funktioniert am besten, wenn ich selbst eine herstelle, findet die Restauratorin, die dazu 2500 Flitter (aus Metallfolie ausgestanzte Sonnen, Monde, Weintrauben, Eicheln oder Weinblätter), eine Vielzahl von Blumensträußen aus Metalldraht, Pailetten und Glasperlen sowie mit Hilfe einer Pinzette geformte Schmuckringe und Girlanden gebastelt hat. Jetzt müssen die Einzelteile nur nur an der Grundkonstruktion befestigt werden......