Druckartikel: Experte für ökonomische Fragen des Gesundheitswesens im Klinik-Aufsichtsrat

Experte für ökonomische Fragen des Gesundheitswesens im Klinik-Aufsichtsrat


Autor: Franka Struve

Forchheim, Freitag, 01. Februar 2019

Oliver Schöffski ist als Experte für ökonomische Fragen des Gesundheitswesens im Aufsichtsrat der Betriebs-GmbH Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz.
Oliver Schöffski Foto: Franka Struve


Oliver Schöffski leitet den Lehrstuhl Gesundheitsmanagement an der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität in Nürnberg. Vom Forchheimer Stadtrat wurde der Experte für ökonomische Fragen des Gesundheitswesens als externes Mitglied in den Aufsichtsrat der Betriebs-GmbH "Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz gGmbH" bestellt.

Was verbindet Sie mit Krankenhäusern?

Oliver Schöffski: Unser Lehrstuhl hat den Klinikcheck 2016 entwickelt, der 43 Krankenhäuser in und in einem Radius von 50 Kilometern um Nürnberg jährlich anhand von öffentlich zugänglichen Qualitätsberichten, Abrechnungsdaten der Krankenkasse AOK, Fallzahlen und Daten zur Patientenzufriedenheit der "Weißen Liste" bewertet. Dabei werden 14 Leistungsbereiche bewertet, von der Hüft-OP bis zur Behandlung von Prostatabeschwerden. Das Klinikum Forchheim belegt 2018 beispielsweise einen ersten Platz in der Geburtshilfe. Seitdem wir den Klinikcheck wissenschaftlich begleiten, überlege ich mir persönlich allerdings immer ganz genau, bei wem ich mich in Behandlung begebe.

Sie beurteilen innovative Maßnahmen im Gesundheitswesen hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit. Welche Innovationen kann ein Krankenhaus wie das Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz anwenden, um zukunftssicher aufgestellt zu sein?

Wirtschaftlichkeit ist nicht gleich Kostenminimierung, das heißt, dass auch Innovationen, die teuer sind, wirtschaftlich sein können, wenn sie das Behandlungsergebnis für den Patienten verbessern. Dabei muss das Krankenhaus immer darauf achten, dass es möglichst schwarze Zahlen schreibt, da sonst die Existenz als Ganzes in Frage gestellt ist.

Die größten Kostenblöcke in Krankenhäusern sind die Personalkosten und die Ausstattung des OP-Bereichs. Hier muss dafür gesorgt werden, dass das richtig qualifizierte Personal in ausreichender Zahl am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung steht. Der neu eingeführte Physician Assistant - ein hochschulqualifizierter Gesundheitsberuf - kann die Produktivität von Ärzten erhöhen, indem er diese von Routinetätigkeiten entlastet. Die Einführung eines CIR-Systems (Crititcal Incident Reporting System - engl. für Berichtssystem über kritische Vorkommnisse) kann zur Fehlervermeidung und Senkung der Fehlerkosten beitragen.

Ein weiterer Schwerpunkt Ihrer Forschung ist die Optimierung von Abläufen in Krankenhäusern. Welche Prozessoptimierung hat den größten Effekt?

Die Einzelfallbetrachtung - das Fallmanagement - hat zum Ziel, den gesamten Krankenhausaufenthalt des Patienten zu verbessern. Alle Phasen des Aufenthaltes stehen dabei auf dem Prüfstand und die entsprechenden Teilprozesse von der Aufnahme bis zur Entlassung sollen patientenorientiert ausgerichtet sein. Zentral ist die Integration aller Teilprozesse. Vielversprechend ist auch das "papierlose Krankenhaus", bei dem alle Daten elektronisch zur Verfügung stehen und eine einheitliche Dokumentation gewährleistet ist.

Sie befassen sich mit P4P-Anreizsystemen: P4P steht für Pay for Performance - englisch für Zahlung für Leistung - ein Vergütungssystem, das sich weniger an Prozessabläufen, sondern mehr am Behandlungsergebnis orientiert. In Bayern werden bereits einige P4P-Honorierungsmodelle angewandt. Was ist Ihr Fazit?

Für Patienten liegt es erst einmal auf der Hand, dass sich die Bezahlung von Ärzten und Krankenhäusern an der Qualität orientieren sollte. Der Teufel steckt allerdings im Detail: Die Erfolgsmessung ist nicht trivial und der Erfolg hängt von vielen Faktoren ab, die der behandelnde Arzt nicht beeinflussen kann. Wie misst man den Erfolg einer Behandlung, wenn der Patient schwer krank ist? Was ist, wenn sich der Patient nicht an die Anweisungen des Arztes hält? Daher wird nicht nur die Ergebnisqualität, sondern auch die Prozessqualität vergütet. Das ist ein guter, zukunftsweisender Ansatz.

Wie haben Sie zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte beigetragen? Wie ist der Stand?

Die Gematik - Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte - hat unseren Lehrstuhl mit der Auswertung der ersten Pflichtanwendung beauftragt. Dabei ging es um die Speicherung der Versichertenstammdaten und die Möglichkeit, diese Daten online beim nächsten Arztbesuch zu ändern. Das Projekt ist allerdings abgeschlossen und ich bin gespannt auf die bundesweite Einführung. Bis Mitte des Jahres 2019 müssen ja alle Praxen mit einem Lesegerät ausgestattet sein. Ziel ist die elektronische Patientenakte. Alles hat sich verzögert, aber jetzt geht es wirklich los.

Lebenslauf

Oliver Schöffski (Jahrgang 1961) erhielt sein Diplom im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Hannover 1990. Ein Jahr später erwarb er den Titel "Master of Public Health" an der Medizinischen Hochschule Hannover. 1994 promovierte und 1999 habilitierte er an der Universität Hannover. Bis Oktober 2000 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Versicherungsbetriebslehre und als Managing Director der Forschungsstelle für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung der Universität Hannover tätig. Seit 2000 ist Professor Schöffski Inhaber des Lehrstuhls für Gesundheitsmanagement der Universität Erlangen-Nürnberg.