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EU will Bauern den Weg ebnen


Autor: Petra Malbrich

LKR Forchheim, Dienstag, 29. Sept. 2015

Mit einem Kernwegenetz will Bayern Landwirten den Zugang zu ihren Feldern erleichtern. Zugleich sollen übergeordnete Straßen entlastet werden. Sieben Gemeinden des Kreises Forchheim sind in dem Pilotprojekt dabei. Feldwege werden dazu ausgebaut.
Der Weg von Lilling nach Dorfhaus ist im Bereich der Gemeinde Weißenohe der einzige, den diese als geeignet für die Aufnahme in Kernwegentz einschätzt. Foto: Petra Malbrich


Maishäcksler rasen über die Feldwege, auch die Mähdrescher und Traktoren werden immer größer und breiter. Abgesehen davon, dass die Wege für diese Größenordnung nicht ausgelegt sind, sind die großen Landmaschinen gerade im Sommer mehrmals täglich auf den Bundes- und Kreisstraßen unterwegs und halten trotz hoher Geschwindigkeit den Verkehr auf.

Das sogenannte Kernwegenetz soll nun beidem gerecht werden - den Verkehr mehr auf Landwege umlenken und diese dafür entsprechend ausbauen. Damit wird sozusagen ein Pilotprojekt in Bayern gestartet. Ausgesucht wurde vom Amt für ländliche Entwicklung dafür das "Wirtschaftsband A9", ein Zusammenschluss von sieben Gemeinden des Landkreises Forchheim und neun Gemeinden anderer Landkreise, um interkommunal zusammenzuarbeiten, informiert Weißenohes Bürgermeister Rudolf Braun (FW). "Weg vom Kirchturmdenken.

Die Orte sollen sich zusammenschließen, um interkommunal zusammenzuarbeiten", sagt Braun. Wie bereits beim Breitbandausbau soll nun ein Kernwegenetz erstellt werden. "Es geht darum, ein großmaschiges Netz von Wegen in die Region zu legen, die eine gute Erreichbarkeit der Flurstücke ermöglichen", erklärt Michael Breitenfelder, der Geschäftsführer des Wirtschaftsbands. Etwa 5,50 Meter breit sind die neu ausgebauten Wege, wobei bereits bestehende Wege genutzt werden. "Es wird nicht hier ein Flurbereinigungsweg und fünf Meter weiter die Landwirtschaftsautobahn sein", ergänzt Breitenfelder. Diese Wege werden "ertüchtigt", also aufgewertet und das bedeutet, dass sie verbreitert, asphaltiert oder gepflastert werden, um sie zu befestigen.

Es sei sicher ein Eingriff in die Natur, sagen nicht nur manche Gemeinderäte. Auch das Landratsamt Forchheim sieht das so.

"Wenn es spruchreif wird, werden die Verantwortlichen auf uns zukommen und uns zeigen, wie das Konzept und die Straßen aussehen. Ob Biotope oder Hecken angegriffen werden, wird dann geprüft werden, auch Einzelfälle", sagt Holger Strehl, Pressesprecher des Landratsamts. Auch Breitenfelder gibt zu: "Jeder Wegebau ist ein Eingriff. Doch was ist die Alternative?" Gebe es die Wege nicht, würden die Maschinen trotzdem drüber fahren.


"Die Entwicklung war schneller"

Und Werner Nützel, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands, Geschäftsstelle Forchheim, erinnert sich noch gut an die radikale Flurbereinigung in den 70er Jahren, die von der Bevölkerung abgelehnt worden war. "Am Ende der Flurbereinigung gab es mehr Hecken als zuvor", sagt Nützel.

Trotzdem reichen die Flurbereinigungswege in der jetzigen Form nicht mehr aus. "Die technische und wirtschaftliche Entwicklung war schneller als die Flurbereinigung", sagt Nützel. Sicher müssten die Kernwege so gebaut werden, dass Gefahren gar nicht erst entstehen. 5,50 Meter Breite höre sich zunächst einmal viel an. Doch brauche es Gräben, damit beispielsweise die Niederschläge abgeleitet oder gesammelt würden.
Im Kernwegenetz sieht Nützel einen kleinen Baustein, die Landwirtschaft aufrecht zu erhalten. Zeit ist Geld nennt er, um damit die Bedeutung für die Landwirtschaft aufzuzeigen. Die neuen Wege brächten hier wirtschaftliche Verbesserungen. "Bei schlechten Wegen hat der Landwirt längere Wegzeiten und kann somit weniger Fläche bearbeiten und ernten", sagt Nützel. Damit steigen die Kosten pro Einheit, was auch Nebenerwerbslandwirte betreffe.

Die Bundes- Kreis- und Staatsstraßen sollen mit den neuen Wegen entlastet werden. "Wenn wir attraktive landwirtschaftliche Wege bieten, werden diese sicher genutzt werden", sagt Breitenfelder, während Werner Nützel eher von einer geringen Entlastung spricht. Der Grund liegt auf der Hand, denn die Kernwege sollen nicht durch das Dorf führen, aber der Landwirt lebt im Dorf oder muss sein geerntetes Getreide dort abliefern.
Momentan bilden sich in den Gemeinden Arbeitsgruppen, die versuchen, mögliche Wege vorzuschlagen. Mit der Sammlung ist die BBV Landsiedlung betraut, die auch die Umsetzbarkeit der Vorschläge prüfen wird.


Das Projekt Kernwege

Beteiligte Im Landkreis Forchheim startet das Projekt mit den Gemeinden Igensdorf, Weißenohe, Gräfenberg, Hiltpoltstein, Egloffstein, Obertrubach, Gößweinstein.

Kriterien Die für das Kernwegenetz geeigneten Weg müssen eine übergeordnete Verbindungsfunktion haben, sollen also Staatsstraßen, Kreisstraßen und Bundesstraßen verbinden. Die Wege sollen nicht näher als 1,5 Kilometer an bestehenden Hauptachsen wie beispielsweise die B 2 herankommen. Die Kernwege sollen nicht direkt in Ortschaften führen und keine Parallelwege zu übergeordneten Straßen darstellen.
Die reine Erschließung von Waldflächen ist nicht geplant. Geplante Umgehungsstraßen und Flurbereinigungswege müssen mitberücksichtigt werden.

Förderung Gefördert wird das Projekt durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Ziel ist es, nicht einzelne Städte oder Orte zu fördern, sondern Wirtschaftsregionen. Diese Förderung übernehmen Länder und hier wieder einzelne Bundesländer.