Druckartikel: Erster Weltkrieg: Tourismus im Landkreis Forchheim lag still - Einblick in die Chroniken

Erster Weltkrieg: Tourismus im Landkreis Forchheim lag still - Einblick in die Chroniken


Autor: Reinhard Löwisch

LKR Forchheim, Sonntag, 18. August 2019

Während des ersten Weltkrieges ruhte der Fremdenverkehr in Gößweinstein. Wieso? Chroniken geben Aufschlüsse.
Auf einer Feldpostkarte (abgestempelt von der Poststelle der 19. Infanterie-Division am 25. Mai 1916) ist zu lesen: "Liebe Freundin, die besten Wünsche aus dem fernen Westen sendet dir Freund August. Sonst noch alles beim Alten. Auf baldiges Wiedersehn".  Repro: Reinhard Löwisch


Während des ersten Weltkrieges ruhten alle Aktivitäten in Sachen Fremdenverkehr, wie aus den Chroniken zahlreicher FSV-Ortsgruppen und überregionaler Tourismuszeitungen hervor geht. So meldet Betzenstein, dass 1914 "mit Beginn des ersten Weltkrieges alle Aktivitäten bis 1920 ruhten".

In der Nordbayerischen Verkehrs- und Touristenzeitung (des heutigen Tourismusvereins Franken) von 1915 steht zu lesen: "Ausflüglern, die die Fränkische Schweiz besuchen wollen, wird dringend geraten, das nötige Brot selber mitzubringen".

Chronist dokumentiert Rückgang

Der Ortschronist Ludwig Helldorfer von Gößweinstein berichtete, dass sich 1919 "Gastronomen aus der gesamten Fränkischen Schweiz zu einer "Wirtevereinigung" zusammenschlossen, um gemeinsam für die gleiche Sache zu werben. Er schreibt weiter, dass 1912/13 rund 53 400 Übernachtungen in Gößweinstein gezählt wurden. Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges sank die Zahl auf 43 000 Übernachtungen.

1919-21 zählte man wieder etwas mehr Urlaubsgäste in Gößweinstein: rund 40 000. Wobei die Zahl in den letzten Inflationsjahren (1922-23), in denen Brot wegen der Geldentwertung Milliardenbeträge kosteten, wieder auf etwa 8000 stark abgesunken ist.

Misstrauen gegen Fremde

Zum 30.Juni 1920 schließlich lockerte man die strengen Bestimmungen der Aufenthalte für Gäste wieder. Anstatt zehn durften nun 50 Prozent der vorhandenen Gästebetten wieder belegt werden. Man hatte zu Kriegszeiten Angst vor Spionage und hegte daher Misstrauen gegen jeden Fremden, deshalb die Beschränkungen. Die zulässige Aufenthaltsdauer wurde von drei auf 14 Tage erhöht.

Tragische Ereignisse

Mit der Einberufung von wehrfähigen Männern zum Kriegsdienst war der erste Weltkrieg auch auf dem Lande plötzlich greifbar. So plötzlich und unmittelbar, dass mancher völlig überfordert war, was zu tragischen Ereignissen führte.

So meldete der Wiesentbote Mitte August 1914: "Die Frau eines Gütlers in Nankendorf nahm sich die Einberufung ihres Mannes derart zu Herzen, dass sie sich, kaum war ihr Mann einige Minuten vom Hause entfernt, erhängte. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos". Es half alles nichts, die Männer mussten während der Erntezeit fort in den Krieg ziehen, derweil die Frauen zu Hause deren Arbeit auf dem Feld mit übernahmen.

Versorgung durch "Liebesgaben"

Neben der Landwirtschaft versorgten die Frauen auch noch ihre Soldaten an der Front. "Liebesgaben" hieß das Zauberwort und was damit gemeint war, beschreibt wiederum ein Artikel aus dem Wiesentboten vom 6. November 1914: "Das Ortssammelkomitee für Waischenfeld und Umgebung konnte am vergangenen Samstag wieder eine Sendung Liebesgaben an die Kreissammelstelle in Bamberg abliefern", nämlich: ein Waggon Kartoffeln, 15 Pfund Butterschmalz, eine Tabakspfeife, zwei wollene und 13 weiße Betttücher, zwei farbige und zwölf weiße Kopfkissenbezüge, sechs ungebleichte und eine farbige wollene Unterhose und vieles mehr.

Die Sachen kamen zu den Empfängern, wie ein Dankesschreiben eines Soldaten an die Lieben daheim erzählt: "Ihr braucht mir nichts zu schicken, weil wir immer Liebesgaben von der Kompanie bekommen. Habe ein Hemd, ein Paar Socken, eine Leibbinde bekommen, also immer was".

Rationierung und Einschmelzung

Als Folge des Krieges wurden die Lebensmittel rationiert - auch für die Landwirte, die alles abgeben mussten, was über den Eigenbedarf hinaus ging. Metalle aller Art wurden eingeschmolzen, sogar der Kauf von Stoffen bedurfte eines Bezugsscheines.

"Der Krieg, die schlechte Ernährungslage und die anschließenden Inflationsjahre brachten für den Fremdenverkehr nicht nur in Gößweinstein einen Rückschlag", schreibt Heinrich Endrös rückblickend in seinem Bericht über die Entwicklung. Anfang 1950 stand in der "Nordbayerischen Verkehrs und Touristenzeitung": "Wenn nun auch infolge des Kriegszustandes im Fremden- und Touristenverkehr ein Stillstand eingetreten ist, so steht doch zu hoffen, dass nach Eintritt des mit voller Zuversicht erwarteten siegreichen Friedens allerorts ein zweifellos sehr lebhafter Fremdenverkehr innerhalb des Deutschen Reiches sich einstellen wird."