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Erster Schultag weltweit


Autor: Jana Röckelein

Forchheim, Montag, 14. Sept. 2015

Der erste Schultag ist sowohl für Eltern, als auch Kinder etwas ganz besonderes. Doch wie läuft dieser Tag in anderen Ländern ab und was hat es mit dem Brauch der Schultüte auf sich?
Nela Beyer bei ihren ersten Schultag in der tschechischen Stadt Teplice.  Foto: Privat


Heute ist für viele Kinder der große Tag. Zum ersten Mal werden sie in die Schule gehen. Für viele Schulanfänger ist die Schultüte und deren Inhalt das Wichtigste an diesem Tag. Doch wie läuft dieser Tag in anderen Ländern ab und gibt es dort überhaupt eine Schultüte?


Einzigste Schultüte in der Klasse

Nela Beyer hatte ihren ersten Schultag in der tschechischen Stadt Teplice, heute lebt sie in Willersdorf. "Normalerweise bekommt man in Tschechien am ersten Schultag keine Schultüte. Da mein Vater aber Deutscher ist und meine Eltern die deutsche Tradition der Schultüte fortführen wollten, war ich das einzige Kind in der Klasse, welches eine Schultüte bekommen hat", erzählt sie. Das wäre ein besonders spannender Tag gewesen. "Ich habe extra für diesen Tag ein neues Kleid bekommen.
Wir hatten auch einen Fotografen in der Schule, der Fotos von uns gemacht hat. Anschließend waren wir dann auch noch essen. Der ganze Tag wurde feierlich zelebriert", sagt die mittlerweile 42-Jährige.
"Was wir am ersten Schultag genau gemacht haben, weiß ich gar nicht mehr. Dazu bin ich viel zu aufgeregt gewesen", berichtet sie. Nela Beyer ist gerne in die Schule gegangen. "Ich war immer sehr zielstrebig und wenn ich gute Noten hatte, bekam ich von meinen Großeltern immer Geld", sagt sie. Richtig loslassen von der Schule konnte die 42-Jährige nie. Deshalb ist sie auch Lehrerin geworden und arbeitet heute als Lehrerin an der FIS, der Internationalen Schule in Erlangen.

Salvo Vitale, Besitzer des Eiscafes "Vesuvios" in der Forchheimer Apothekenstraße erinnert sich an seinen ersten Schultag in Italien. "Bei uns gab es kein großes Drum und Dran um den ersten Schultag. Ich ging in die Schule und das wars. Es gab keine große Feier oder ähnliches.", sagt der 60-Jährige. Zur Schule gegangen wäre er jeden Tag von acht Uhr bis 16.30 Uhr. "Ich war zwar immer lange in der Schule gewesen, aber ich konnte dort bereits meine Hausaufgaben machen und war dann fertig", erzählt er. Zur Schule gegangen, wäre er nur bis zur fünften Klasse, da nach fünf Jahren Schule damals die Schulpflicht in Italien endete. Mit elf Jahren hätte er bereits das arbeiten anfangen müssen, erzählt der 60-Jährige.

Auch Tuong Doans, Mitarbeiter im japanischen Restaurant Misako Sushi in Forchheim, erster Schultag lief unspektakulär ab. "Ich kam nach den Kindergarten, mit sechs Jahren, in die erste Klasse. Am ersten Schultag wurde uns nur erklärt, welche Bücher und Hefte wir besorgen mussten", erzählt er. Sie hätten zwar nach der Schule Live-Musik gehabt, aber Geschenke wie sie hier in Deutschland am ersten Schultag üblich sind, habe er nicht bekommen, erinnert sich der 33-Jährige. Er sei bis zur 10. Klasse in die Schule gegangen.


Türkische Schule

Birol Aksoy ist in eine türkische Klasse in Eggolsheim-Neuses gegangen. "Als ich in die Schule gekommen bin, waren es gerade die ersten Versuche eine türkische Klasse zu eröffnen", erzählt er. Ihr Klassenlehrer, Herr Kayan, sei extra vom türkischen Staat dazu beauftragt worden in Forchheim zu unterrichten. "Ich war so aufgeregt am ersten Schultag, dass ich gar nicht so viel mit bekommen habe", lacht der 44-Jährige. "Das aufregendste war es, das erste Mal alleine mit den Bus zu fahren. Meine Eltern haben mich zwar zur Bushaltestelle gebracht, aber Bus fahren musste ich alleine. Das war etwas ganz besonderes für mich", berichtet Birol Aksoy. In der türkischen Klasse wurde in erster Linie auch türkisch gesprochen. Dennoch hatten sie bereits in der ersten Klasse einen Deutschlehrer, Herr Dietz. "In der Grundschule war ich ein sehr fleißiger Schüler. Bis zur 5. Klasse hatte ich gute bis sehr gute Noten. Deshalb bin ich dann auch auf das Herder-Gymnasium in Forchheim gegangen", erzählt der 44-Jährige. Dort hätte er aber gleichzeitig Englisch und Latein lernen müssen und tat sich damit sehr schwer. Außerdem wollte er viel lieber seinem Hobby Fußball nachgehen, als für die Schule lernen. "Meine Eltern haben mich immer gefragt "Hast du denn keine Hausaufgaben auf?" und ich habe dies immer verneint und meine Hausaufgaben letzendlich schnell vor Schulbeginn gemacht", lacht Birol Aksoy.

Latein sei schließlich sein Genickbruch gewesen, erzählt er. Deshalb hätte er auf die Zentralschule in Forchheim wechseln müssen und hätte dort 1984 seinen qualifizierenden Hauptschulabschluss gemacht. Danach habe er direkt eine Ausbildung als Betriebschlosser bei der Dachziegelfirma Braas in Hausen angefangen. Dieses Jahr kommt seine Tochter in die Schule. Aber sie wird im Gegensatz zu ihm, eine selbst gebastelte Schultüte bekommen.


Schultüte als Trostpflaster

Die Schultüte ist demnach etwas typisch Deutsches. Der Brauch der Schultüte wird nur in Deutschland und in Teilen von Österreich und der Schweiz ausgeübt. Diese Tradition geht bis auf das 19. Jahrhundert zurück und entstand in Ostdeutschland. Dort feierten die Menschen die Schulanfänger und ihren großen Tag und versuchten gleichzeitig diesen Tag mit der Schultüte zu "versüßen". Die Schultüte wurde zum "Trostpflaster" für die beschwerliche Schulzeit. Da die Euphorie der Kinder, meistens bald der harten Realität des Schulalltags weicht, wollten die Eltern mit Hilfe der Tüten den nun beginnenden "Ernst des Lebens versüßen."