Erinnerungen aus dem Fotoalbum
Autor: Carmen Schwind
Forchheim, Donnerstag, 27. Oktober 2016
Bilder der Vergangenheit lösen bei Heinz Geppert Erinnerungen aus.
"Mein Mann ist hier bekannt wie ein bunter Hund", sagt Luise Geppert und lacht. Vor 60 Jahren hat sie in Forchheim den 15 Jahre älteren Heinz Geppert geheiratet. Und die beiden sind heute noch glücklich. "Es gab Höhen und Tiefen, aber jetzt gibt es nur noch Höhen", meint der 93-jährige Heinz Geppert.
Seine Kindheit hat er in Schlesien verbracht, in Rostersdorf. "Als ich geboren wurde, bekam auch eine Dackeldame ihre Jungen", erzählt Heinz Geppert. Seine Tante brachte einen der Kleinen zu seinen Eltern, so dass der kleine Heinz mit dem Dackel Max aufwuchs und sogar sein Brot mit ihm teilte. "Wo ich war, war auch der Dackel", erinnert sich Geppert.
Ab 1942 im Krieg
Später arbeitete er bei der Post. "Wir hatten eine Kirche und ein Schloss in Rostersdorf, aber keine asphaltierte Straße." So kam es, dass minutenlang eine Staubwolke in der Luft hing, wenn das einzige Auto durchs Dorf fuhr. Am 15. Januar 1942 wurde er als 19-Jähriger eingezogen und zum Bordfunker ausgebildet. In dieser Zeit flogen er und sein Kamerad Bomben nach London oder sie mussten hin und wieder notlanden - wie beispielsweise in Paris-Orly. "Während die Maschine in Orly in der Werft repariert wurde, konnte ich sechs Tage lang Paris genießen", erzählt Geppert. Die Rangabzeichen hatte er von seinem Fliegerhemd entfernt und war mit seinen 6000 Franken mit dem Bus in die Stadt gefahren, um sich die Sehenswürdigkeiten anzuschauen. Später besuchte er Paris noch einmal mit seiner Frau Luise: "Da hatte sich natürlich viel verändert."
Am 8. Mai 1945 sah es erst einmal gut für den 22-jährigen Bordfunker aus, denn er und Tausende andere suchten Zuflucht bei amerikanischen Soldaten. Doch diese lieferten die Menschen an die russische Armee aus, die Hilfskräfte brauchte. So geriet Heinz Geppert für etwa drei Jahre in russische Gefangenschaft.
Kriegserlebnisse in einem Buch
Diese Erlebnisse beschrieb er später in seinem Buch "Niemals aufgeben!". Damals allerdings glaubte er, er würde sterben, erklärt der Autor. Er war in vielen Lagern wie beispielsweise in Brest-Litowsk, wo er in einer Erdhöhle hausen musste.Im Donezgebiet wiederum wurde er als Bergmann eingesetzt und wäre fast verhungert. 1948 durfte Geppert nach Deutschland heimkehren.
Am 2. Juli kam er schließlich in Eggolsheim an und wurde von seiner Mutter am Bahnhof in Empfang genommen. Diese lebte mittlerweile in Weigelshofen, wohin sich die beiden zu Fuß auf den Weg machten. Sein erstes Essen war ein frisches, selbst gebackenes Bauernbrot mit Butter und ein Topf Milch.
In Forchheim bekam Geppert eine Anstellung bei der Post und stieg ins Management auf. Bei seiner Arbeit hatte er die Möglichkeit, anderen Menschen unter die Arme zu greifen, was er auch gerne tat.
Begegnung mit Folgen
Und er traf seine Traumfrau, die er schließlich heiratete und mit der er eine Tochter und einen Sohn bekam. Die Verbindung der Familie zur Post ist immer noch sehr eng. Zum Beispiel trifft er sich seit über 45 Jahren mit ehemaligen Kollegen zum Schafkopfspielen. 1972 traten Luise und Heinz Geppert dem Wanderclub der Post bei und unternahmen viele Ausflüge. Auf Bitten seiner Frau fährt Geppert kein Auto mehr, ist aber immer noch mit dem E-Bike unterwegs. "Wir haben große Schiffsreisen oder Segeltörns unternommen", erzählt Luise Geppert.
Ihren 50. Hochzeitstag verbrachten sie auf einem Kreuzfahrtschiff in Norwegen. Ein mitfahrender Pastor traute die beiden noch einmal auf der Brücke des Schiffs.
"Das war so richtig emotional und schön", schwärmt Luise. Das Paar ist nach wie vor immer wieder mit Freunden unterwegs und tanzt gerne. "Wir haben alles ausprobiert und jede Möglichkeit ausgeschöpft", sagt Luise und bekommt von ihrem Mann ein zustimmendes Nicken als Bestätigung. Eines hat sich für sie in all den prägenden Jahren nicht verändert: Sie ist jeden Morgen glücklich, wenn sie neben ihrem Mann aufwacht.