Einzigartige Begegnung mit großer Kunst in Gößweinstein
Autor: Hansotto Neubauer
Gößweinstein, Montag, 23. Oktober 2017
Zum grandiosen Höhepunkt der Balthasar-Neumann-Musiktage in Gößweinstein wurde der Auftritt des Balthasar-Neumann-Chores und -Ensembles in der Basilika.
Großes im Sinn hatte das Kuratorium zur Förderung von Kunst und Kultur im Forchheimer Land. In der prachtvollen Basilika von Gößweinstein sollten regelmäßig Begegnungen hochklassiger Musiker mit einem interessierten Publikum stattfinden. Mit dem Namen des großen Barockbaumeisters Balthasar Neumann gab man den besonderen Anspruch für die Musiktage vor. Schon der Auftakt an den Vortagen brachte festliche Musik auf hohem Niveau, mit dem Eröffnungsabend im Fürstensaal des Pfarrhauses und dem glanzvollen Konzert für Trompete und Orgel in der Basilika. Zum grandiosen Höhepunkt der Balthasar Neumann Musiktage wurde der Auftritt des Balthasar-Neumann-Chores & -Ensembles in der Basilika.
Der Name, den der berühmte Thomas Hengelbrock seinen Musikern gab, sollte auf die Perfektion und die schöpferische Vielfalt eines Mannes hinweisen, dessen Arbeitsweise Vorbild sein sollte. Der Chor wuchs zur Weltspitze heran und bestätigte seinen Ruf auch in Gößweinstein vom ersten Ton an.
Eine ausgefeilte Dramaturgie unterstreicht die dargebotene Musik. Mit einem alten Fischerlied aus seiner Heimat Schweden zieht der Dirigent Olof Boman mit dem Chor in die Kirche ein und weist so auf das Element Wasser hin. Die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde, Luft sind die Urkräfte des Lebens. Ziel des Programms war die musikalische Darstellung dieser Naturgewalten.
Die Gewalt des stürmischen Meeres verspürt der Prophet Jonas, als er auf einem Schiff vor einem Auftrag Gottes flieht. Er wird von Matrosen ins Meer gestürzt und kehrt im Bauch des Wals dorthin zurück, wo Gott ihn haben wollte. Der italienische Barockkomponist Giacomo Carissimi hat dieses Drama musikalisch dargestellt. Die 19 Sängerinnen und Sänger, alle erstklassige Solisten, vollziehen die Handlung in atemberaubendem Wechselspiel nach.
Der leidenschaftliche Einsatz und die perfekte Präzision fesseln die Hörer auch in Villarosa sarialdi des zeitgenössischen Schweden Thomas Jennefelt. In reiner Lautmalerei entstehen Klangfluten, die sich mächtig aufstauen und leise murmelnd abfließen. Scharfe Dissonanzen lösen sich in sanfte Harmonien auf. Durch Olof Bomans geradezu magisches Dirigat leuchtet der Chor die Vielfalt der Stimmungen bis ins Letzte aus.
Claudio Monteverdi gilt als der Erfinder der Oper. Seine Suite aus L'Orfeo ist ein musikalisches Hirtenspiel, in dem die Sonne ihr Licht über einer idyllischen Landschaft erglänzen lässt. Im neckischen Wechselgesang flirten Hirten und Nymphen. Die überwältigend schön gesungenen Melodien werden durch ein vergnügtes Schwelgen der Instrumente und Vogelgezwitscher untermalt.
Für den peruanischen Barockkomponisten Juan de Araujo war die Liebe kein fröhliches Spiel. Feuer, brennend im Schnee, drei wehmütige Frauenstimmen besingen die Glut der Liebe in tief berührender Weise. Dann klappern die Kastagnetten und das Feuer der Liebe wird zum göttlichen Wein. Und wie immer wird die neue Szene durch den Wechsel der Klangfarbe überzeugend hörbar.
Die Geheimnisse der Offenbarung des Johannes setzt der Schwede Sven-David Sandström im Jahr 1985 in visionäre Musik um. Orchester und Sänger lassen breite Tonfolgen mächtig anschwellen und in flüsternde Pianos absinken, spröde Klänge münden in weichen Wohlklang. Olof Boman beschwört seine Musiker bis hin zum hingehauchten Pianissimo.
Übergangslos in dieses gewaltige Spannungsfeld klingt wie eine Erlösung frommes getragenes Spiel des Orchesters. Olof Boman zeigt exemplarisch, wie alte und neue Musik sich ergänzen können. In dem Choral "Iste confessor" von Domenico Scarlatti lassen Chor und Orchester mit der Himmelfahrt von Jesus den Gang durch die Elemente sanft ausklingen.
Der Abend war auch ein Gang durch alle Spielarten großer Sangeskunst. Das tief bewegte Publikum dankte mit stehenden Ovationen.
Mit einem schlichten Volkslied aus seiner Heimat beschließt Olof Boman ein Programm, das er meisterhaft zusammengestellt hat, und das schon zwei Tage später in Basel zu hören sein wird. In der Neumann-Basilika bescherten der Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble den Menschen unserer Region eine einzigartige Begegnung mit großer Kunst.
Beim anschließenden Ausklang im benachbarten Fürstensaal zeigten sich auch die Künstler sehr beeindruckt von der Basilika, dem Bauwerk ihres Namensgebers. "Es war für uns bewegend, hier zu singen und zu musizieren, wir kommen gerne wieder." Eine Aufforderung für die Initiatoren, denen man nicht genug danken kann für die Umsetzung einer großartigen Idee: "Kunst ins Forchheimer Land bringen." Das ist gelungen.