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Ein musikalischer Festschmaus


Autor: Dorothea Weiler

Forchheim, Mittwoch, 02. Januar 2013

In Worten und Noten entführte der Liederverein Forchheim erneut ins weihnachtliche Geschehen. Damit trafen die Künstler genauso ins fränkische Gemüt wie Autor Reinhold Schmitt.
Die Helden des Abends: Der Komponist der "Fränkischen Weihnacht, Karl Haus, applaudiert dem Dirigenten des Forchheimer Liedervereins Jens Birnbach; Autor Reinhold Schmitt (rote Weste). Fotos: Neubauer


"Vergesst die Welt und ihre Sachen", sang Jens Birnbach, Dirigent des Liedervereins, begleitet von Pianistin Roswitha Plott im Forchheimer Rathaussaal. Das Konzert am Tag vor Silvester war mit "Fränkische Weihnacht" überschrieben, benannt nach einer Weihnachtskantate des Schweinfurter Komponisten Karl Haus, der als Stargast anwesend war.

Die Kantate selbst wurde - unterbrochen und angereichert durch Gedichte und Prosa des Heimatdichters Reinhold Schmitt - - erst im zweiten Teil des Abends nach der Pause vorgetragen. Insgesamt also fast drei Stunden folgte das Publikum im voll besetzten Rathaussaal gebannt den Worten und Melodien rund um das Weihnachtsgeschehen, die der Liederverein als nachträglichen Weihnachtsfestschmaus angerichtet hatte. In Schmitts oft kritischen, aber nie moralisierenden Texten ging es ebenso wie in der Musik um eine Deutung der Weihnachtsbotschaft nah am aktuellen Zeitgehalt, die dem fränkischen Gemüt bis in die kleinste Regung entsprach.


Mit Esprit und Leichtigkeit

Drei weihnachtliche Freudenkanons von Karl Haus, die dessen kompositorische Breite von klassischer Geradlinigkeit bis hin zur Disharmonie aufwiesen, bildeten den Kern des ersten Aufführungsteils. Darum herum baute das musikalische Programm einen Spannungsbogen, der sich von Johann Sebastian Bachs ernsten Chorälen sowie weihnachtlichen Barockliedern von Michael Praetorius und Ignaz Schnabel bis hin zu einem Lied aus dem Weihnachtsoratorium des französischen Romantikers Camille Saint-Saëns erstreckte.Die aus 240 geistlichen und 480 weltlichen Volksliedern bestehende Sammlung des fränkischen Musikwissenschaftlers Franz Wilhelm von Ditfurth liegt der Kantate "Fränkische Weihnacht" von Karl Haus zugrunde, die nach der Pause musikalisch im Mittelpunkt stand. Der 84-jährige Musiker hat das Werk für ein Chorseminars mit weihnachtlichen Themen erstellt, wobei es vor allem auf gute Singbarkeit ankam.

Haus hat bei der Ausarbeitung unzähliger Chorsätze und Musikbücher immer den Schwerpunkt darauf gelegt, dass gerade Laien bezüglich des Tonumfangs und der Notenführung das Liedgut ohne Schwierigkeit singen können. Das Verdienst Ditfurths, so erläuterte Haus, bestehe vor allem darin, dass er als erster Liedersammler in der Zeit der Romantik nicht wie alle übrigen Sammler nur die Texte, sondern auch die zugehörigen Melodien aufgeschrieben habe.

"Schön", seufzt eine Zuhörerin, als die von Haus vertonte besondere Version des bekannten Liedes "Lieb Nachtigall, wach auf" erklingt. Um die Wirkung zu unterstreichen, schlägt Birnbach auf einen Minitriangel und betätigt ein kleines Zwitschergerät. Doch das eigenwillige Haus-Arrangement ist kitschfrei. Stattdessen: Leise Wehmut, innige Leidenschaft, beschwingter Frohsinn und unbändige Heiterkeit haben im Volkslied gleichermaßen Platz - wie eben auch in der tiefgründigen fränkischen Seele.