Ein Künstler zieht die Summe seines Schaffens
Autor: Pauline Lindner
Forchheim, Sonntag, 07. Oktober 2012
Der frühere Kunsterzieher Eduard Giessegi hält Rückschau auf fünf Jahrzehnte künstlerisches Schaffen. Es spannt sich zwischen den Polen Momentaufnahme und Abstraktion aus.
Forchheims Bürgermeister Franz Streit (CSU/WUO) ordnet Eduard Giessegis Ausstellung "Wege durch die Zeit" in das laufende Ausstellungsjahr zur Lokalgeschichte ein. Und das, obwohl kein einziges Werk ein Forchheimer Motiv zeigt. Die Verknüpfung zur Stadt liegt vordergründig darin, dass Giessegi Jahrzehnte als Kunsterzieher am Herder-Gymnasium tätig war; inwieweit sein geometrisch-abstraktes Schaffen Spuren seines täglichen Umfelds trägt, sprach er selbst zumindest nicht an. Dafür plauderte er umso mehr über die Ereignisse, die seinen künstlerischen Weg bestimmten. Belegt hat er ihn durch die entsprechende Auswahl aus "seinen alten Mappen".
Der Weg begann früh. Der !5-jährige Schüler durfte mit seinem Vater die Documenta in Kassel besuchen und kam mit viel Enthusiasmus zurück. "Das kann ich auch", beschrieb er die Erfahrung.
Platziert sind sie neben den jüngsten, ebenfalls auf ein knappe Formsprache reduzierte Werke, die die Begriffe Zeitraum, Zeitfenster und Zeitpunkt veranschaulichen.
Dazwischen spannt sich ein breite Sicht auf die Dinge aus. Die Giessegi der eigenen Einschätzung nach erst wiederfand, als er als Pensionär seinen Fundus sichtete. "Ich habe doch immer zuwenig gemacht", glaubte er zu Beginn der "Aufräumarbeiten". Doch dann entdeckte er plötzlich Themenlinien, aber auch eingeschlagene "Wege, die gekappt waren".
Kunst der Reduzierung
Die Kurzfassung müsste lauten: abstrakt - konkret - abstrakt". Beispielsweise seine Impressionen aus Italien. Die "ricordi a Siena" aus den 70er Jahren heben die steinernen Gegensätze der des dortigen Doms hervor, zitieren Reales und verdichten es mit den emotionalen Bezügen. 2010 bereist Giessegi erneut die südliche Toskana. In 14 Tagen fertigte er mehrt als 40 Blätter. Bleistiftzeichnungen, schnell hingeworfene Skizzen, Aquarelle, die er auf dem Autodach schuf. Alles Momentaufnahmen. "Auch hier habe ich wieder den Prozess der Reduzierung wahrgenommen", sagte der Künstler mit Blick auf die Bildergruppe "Prima vista".
Dazwischen liegen Zeiten , in denen sich Giessegi überwiegend mit Drucktechniken befasste. Präsent in der Ausstellung ist diese Phase durch streng geometrische angeordnete Farb-Muster-Spielereien.
Venedig - ganz still
Giessegis zweites künstlerisches "Standbein" ist die Fotografie. Auch hier schreitet er ein Panorama der technischen Mittel und der Wiedergabemöglichkeiten der Realität ab. Ohne Kamera entstandene Unikate aus Lichteinfall und Schatten der Objekte sind dabei, am Computer gesteuerte Verfremdungen und Bilder, deren Geheimnis im Moment der Aufnahme liegen.
"Einsam" nennt er eine Bilderfolge, die in Venedig entstand. Der italienischen Stadt, die man wohl am meisten mit Touristenrummel in Verbindung bringt.
"Ich bin mit 15 Kilogramm Fotogepäck durch die Stadt gelaufen und habe nur dann abgedrückt, wenn wirklich nur eine Person im Bildausschnitt zu sehen war."Man erkennt die Plätze , die aufgenommenen Motive leicht wieder, doch sie wirken fremd, hat man sie doch gemeinhin nur voller wuseligem Leben in Erinnerung.
Ob die Bilder in der Morgenfrühe entstanden seien? Gieseggi lacht auf. "Nein, am Nachmittag, als alle beim Rülpsen waren", antwortete der Fotograf mit Schmunzeln.
Die Vernissage war nahezu zwangsläufig ein Treffpunkt vieler in Forchheim und Umgebung tätiger oder aufgewachsener Künstler. Allen voran Hans Dreßel, den Giessegi schlicht als ",mein Kunsterzieher" vorstellte. Mit dabei waren auch seine Schüler, aus der Klasse, die er zuletzt unterrichtet hatte. Georg Stirnweiß und Jonathan Wagner bereicherten den Abend durch Jazz-Melodien auf Saxophon und Keyboard.
Wo in den Forchheimer Rathaushallen
Wann 5. bis 21. Oktober,
dienstags bis freitags 10 bi s 17 Uhr, samtags und sonntags 10 bis 13 Uhr