Druckartikel: Ein Haus als Kunststück

Ein Haus als Kunststück


Autor: Ekkehard Roepert

Schlaifhausen, Dienstag, 22. April 2014

Guido Häfner verweigert sich dem Diktat der Mode und greift bei der Gestaltung seines Hauses auf das Vorhandene zurück.
"Ich habe immer mit Sachen gearbeitet, die da waren": Guido Häfner in seinem Haus in Schlaifhausen. Fotos: Roepert


Die Treppe ist aus Berlin. Der Klappstuhl ist aus den 30er Jahren. Die Wanduhr mit dem Glas aus Facettschliff und dem Schnitzwerk aus Eiche ist vom Sperrmüll. Er sei "kein Gegner der Neuzeit", sagt Guido Häfner. "Aber ich habe immer mit Sachen gearbeitet, die da waren."

Dieses Prinzip verwirklicht er nicht nur, wenn er Skulpturen aus Stahlplatten und Baumstämmen formt. Guido Häfner deutet hinauf auf die Dachterrasse. Die Aussparungen in der Mauer erinnern an die Zinnen einer Burg. Sie wird ab Sommer sein Wohnhaus sein, das mit dem würfelartigen Gebäude seiner Werkstatt verbunden ist. Früher stand hier eine kleine Scheune. Aus ihr wurden Würfel und Burg.

"Man sollte mit offenen Augen durch die Welt gehen, mit offenem Verstand - und die Dinge hinterfragen", sagt Häfner.

Der 45-Jährige fragt sich immer öfter, "ob wir überhaupt noch eine Wahl haben". Seine Antwort: "Wenig, aber es gibt Freiräume." Der Künstler aus Schlaifhausen nutzt sie, um sich Konsum- und Kunstmoden und den genormten medialen Diskursen zu verweigern.

Während beispielsweise die halbe Welt von Ai Weiwei schwärmt und zugleich die chinesische Regierung anklagt, ist Guido Häfner davon überzeugt, dass die Aktionen des Künstlers staatlich gewollt und sogar gefördert werden: "Der Regierung ist es gelungen, mit Ai Weiwei eine Kunstmarke zu schaffen."
Auch Guido Häfner und sein Bruder Johannes arbeiten seit Jahren an ihrer Marke. In der Werkstatt drängen sich die archaischen Skulpturen und Köpfe aus über zehn Schaffensjahren. Zuletzt traten die "Brothers in Art", wie sich die Häfners nennen, bei der Art Karlsruhe auf. Jetzt hat Guido Häfner wieder ein paar Tage Zeit, an seinem "Atelier-Galerie-Wohnhaus" weiterzubauen.

"Ich bin kein Museum"

Im Raum neben der Werkstatt stehen Korrex-Druckmaschinen. In die Jahre gekommen, aber nützlich. "Ich bin kein Museum, die Dinge müssen funktionieren", sagt Häfner. Er wundert sich, dass Menschen alte, kostbare Teile wegwerfen, um sich wertlose neue anzuschaffen. "Wie diese Tür aus Meckpomm." Er hat sie eigenhändig aus einem alten Gutshaus ausgestemmt. "Der Gutsherr wollte sie nicht mehr, jetzt hat er eine Plastik-Tür." Bald wird die 140 Jahre alte Tür aus Mecklenburg Vorpommern einen Raum in Häfners Haus öffnen.

Dann geht es die Treppe hinauf. Guido Häfner hat sie aus einer Berliner Buchhandlung ausgebaut und sie in seine Burg eingepasst. Das massive, spindelartige Stahl-Stück wurde einem Umzug geopfert: Häfner bekam die Treppe umsonst - "die waren froh, dass sie jemand ausgebaut und abtransportiert hat".

Und so geht das Zimmer um Zimmer. Häfner richtet sich mit dem ein, was schon da war. Die Einzelteile einer Sauna, die ihm ein Unternehmer geschenkt hat, stehen neben dem Bad zum Einbau bereit. Im Netz hat Häfner eine Luxusküche aufgespürt: "Eine Poggenpohl, der Ferrari unter den Küchen. Die Besitzer hatten Geld und eigene Vorstellungen." Häfner hat für die Poggenpohl im Gegenzug eine Stahl-Skulptur geliefert. "Das sind Glücksmomente, die ich tausche gegen ein Kunstwerk."

Die Glücksmomente des Tauschens und Kaufens bescheren Guido Häfner eine Werkstatt voller Maschinen, Möbel und Rohstoffe. Aber er sei kein Sammler betont er. Was keine Aussicht auf Verwendung hat, das schmeißt er aus dem Fenster. Nie habe er eine Fahrt zur Nahen Deponie nach Gosberg bereut. Eine Lektion, die er von seinem Großvater gelernt habe: "Die Reue ist ein dummes Luder."