Ein EU-Gesetz macht Busfahrern das Leben schwer
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Freitag, 10. Januar 2014
Ein EU-Gesetz macht den Busfahrern das Leben schwer.
Die Zahl 95 bringt Busfahrer und Omnibusunternehmer so richtig in Fahrt. "Mein Vater fährt seit 25 Jahren Bus - und nun kommt jemand und sagt ihm, wie er fahren muss", kritisiert Florian Kraus, Juniorchef der Firma Hans Kraus GmbH. Die Belastung für Bus- und Lkw-Fahrer sei seit jeher hoch - doch das neue EU-Gesetz treibe die Belastung auf die Spitze.
Diesen Ärger haben Politiker in Brüssel ausgelöst: Die Schlüsselzahl 95 steht in den Führerscheinen von Bus- und Lkw-Fahrern für eine bestimmte Art der Qualifizierung. Taucht die 95 im Schein nicht auf, darf nicht gefahren werden; damit sie auftaucht, ist alle fünf Jahre ein kostspieliger Test nötig.
35 Stunden dauert die verpflichtende Weiterbildung im Fünf-Jahres-Rhythmus. Aufgeteilt in fünf Module, muss jeder Fahrer im Schnitt ein Modul (zu je 70 Euro) pro Jahr absolvieren.
Die EU-Regelung, die bis Mai 2014 endgültig umgesetzt sein muss, empfindet Busunternehmer Florian Kraus auch deshalb als Zumutung, weil ein Busführerschein ja ohnehin immer nur im Fünf-Jahre-Turnus gilt. "Für die medizinische Prüfung und den Sehtest muss jeder Fahrer dann rund 250 Euro bezahlen. Und jetzt nochmal 400." Rechne man den Verdienstausfall hinzu, kämen mindestens 800 Euro zusammen, rechnet Florian Kraus vor.
Problematisch sei dies vor allem für kleine Unternehmen. Hier müssten die Busfahrer die Kosten selbst übernehmen. Gerade für Aushilfsfahrer, die auf 400-Euro-Basis arbeiten, sei dies eine "immense Belastung", sagt Kraus: "Viele werden uns abspringen."
Im Vergleich mit anderen Berufsgruppen werde die Ungerechtigkeit des EU-Gesetzes erst richtig deutlich, meint ein Busfahrer, der namentlich nicht genannt werden will: "Unvorstellbar, dass ein Schreiner oder Maurer alle fünf Jahre dafür bezahlt, dass er seinen Beruf ausüben darf." Hinzu käme, dass 80 Prozent des Wissens, das in den Fortbildungen vermittelt werde, "jedem Busfahrer bekannt ist".
Vergesslichkeit wird unterschätzt
Josef Metzner, Kreisvorsitzender im Landesverband der bayerischen Fahrlehrer, kann den Ärger nachvollziehen: "60 Prozent der Busfahrer bräuchten keine Fortbildung." Dennoch hält der Forchheimer Fahrlehrer den Vorstoß aus Brüssel im Ansatz für richtig: "Man hat erkannt, wie hoch die Vergesslichkeit im Alter ist. Das unterschätzen die meisten Leute."
In einem Bus säßen bis zu 60 Menschen: "Die Fahrer haben so viel Verantwortung", erinnert Metzner: "Da muss es eine Kontrolle geben." Der Kreisvorsitzende der Fahrlehrer plädiert dafür, die Gewichtung zu verschieben, aber die Tests beizubehalten. "Freiwillig tut ja keiner was." Er biete älteren Verkehrsteilnehmer immer wieder sogar kostenlose Schulungen an, sagt Josef Metzner: "Doch keiner nimmt es wahr."
95 Fahrer, die als Angestellte oder Selbstständige, Güter- oder Personenbeförderungen zu gewerblichen Zwecken durchführen, müssen künftig eine Qualifizierung nachweisen.
Gesetz Das Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz ist die innerstaatliche Umsetzung der Richtlinie 2003/ 59 EG von der EU. Für den grenzüberschreitenden Verkehr sind in der Richtlinie als Stichtage für den Nachweis der Qualifikation (durch die Schlüsselzahl 95) der 10. September 2013 für den Personenverkehr und der 10. September 2014 für den Güterverkehr festgelegt.
Ablauf Das Gesetz trat am 1. Oktober 2006 in Kraft. Ab dem 31. Mai 2011 gab es bereits eine erste Änderung.