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Ehemaliger Leistungssportler aus Forchheim kämpft gegen ALS


Autor: Ekkehard Roepert

Forchheim, Freitag, 29. August 2014

Horst Weckmüller leidet an der Nervenkrankheit ALS. Der ehemalige Marathonläufer muss heute am Stock gehen und hat manchmal kaum Kraft zum Husten. Sein Sohn Norman hilft dem Vater nicht nur, indem er an der populären "Ice Bucket Challenge" teilnimmt.
Horst Weckmüller leidet an ALS, da kann schon das Heben eines zwei Kilogramm schweren Balles zum Kraftakt werden. Norman Weckmüller hilft seinem Vater und hat für ihn ein Trainingsprogramm gegen den Muskel-Abbau erarbeitet. Foto:Roepert


Er war Leistungsschwimmer und lief den Marathon in unter drei Stunden. Noch als 70-Jähriger schaffte Horst Weckmüller die 10 000 Meter in 52 Minuten. Wenn er sich heute vom Stuhl erhebt, braucht er 20 Sekunden, bis er sich überhaupt sicher auf den Beinen fühlt. Es begann mit einem "Zittern in den Händen", erzählt der 77-Jährige. Sechs Tage lang untersuchten ihn die Neurologen in Erlangen. "Seit Juni steht es fest", sagt Horst Weckmüller.

Er leidet unter jener Nervenkrankheit, die dieser Tage in aller Munde ist; dank einer Aktion, die sich "Ice Bucket Challenge" nennt: Menschen kippen sich Eiswasser über den Kopf, machen per Videobotschaft auf die Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) aufmerksam, posten die Videos im Netz und rufen zu Spenden auf.
Auch Norman Weckmüller ist am Freitag vor sein Fitness-Studio in der Daimlerstraße 12 getreten, und Trainerin Jasmin Seubert hat einen Eimer Eiswasser über ihn ausgegossen. Der 36-jährige Bodybuilder ist betroffen: Seit sein Vater Horst Weckmüller unter der kraftraubenden Krankheit leidet, hat sich Norman nicht nur theoretisch mit ALS beschäftigt. Mindestens zwei mal pro Woche steht er mit seinem 77-jährigen Vater an den Fitnessgeräten und hilft ihm beim Training.

Abbau der Muskulatur verzögern

An Muskelaufbau sei nicht mehr zu denken, sagt Horst Weckmüller, das hätten ihm die Ärzte unmissverständlich beigebracht. Doch durch die Zug-Übungen, das Radfahren und die Bewegungen an der Butterfly-Maschine versucht er den Abbau der Muskulatur so gut es geht zu verzögern.

"Man weiß nicht viel darüber, die Krankheit ist unbekannt", sagt Horst Weckmüller. Bei ALS würden die Nervenzellen geschädigt, die für die Muskelbewegung verantwortlich seien. Folglich schwinden die Muskeln. "Ich kann essen und trinken wie ich will, ich habe schon acht Kilo verloren."

Der 77-Jährige kann das schwer akzeptieren, weil er 58 Jahre lang Leistungssportler gewesen ist. Wenn er jetzt im Fitness-Studio seines Sohnes den Gewichthebern zusehe, sei das schmerzhaft: "Ich weiß, wie sich das anfühlt, aber ich kann es nicht mehr, manchmal könnte ich heulen." Auch sein Sohn wirkt etwas ratlos, wenn er über die körperliche Verfassung seines Vaters nachdenkt: "Es mag hart klingen, aber er wurde vom Sportler zum Wrack. Er lief die 40 Kilometer unter drei Stunden und plötzlich kann er kein Glas mehr aus dem Regal heben."

Kaum Kraft zum husten

Horst Weckmüller muss sein Alltagsleben neu lernen. Kleine Bissen essen, denn wenn er sich verschluckt, hat er kaum Kraft zum husten und ringt um Luft. Er muss mit dem Stock gehen und darf sich nicht nach vorne lehnen; denn er würde die Balance verlieren. Neulich passierte ihm das und er brach sich zwei Rippen. "Früher ging ich an jeder Bank vorüber. Heute setze ich mich sofort hin und möchte nicht mehr aufstehen, weil ich mich nicht hochstützen kann."

Mit seiner Teilnahme an der "Ice Bucket Challenge" hofft Norman Weckmüller, etwas zur Aufklärung der ominösen Krankheit beitragen zu können. Das Leiden seines Vaters habe auch sein Leben verändert, sagt der 36-Jährige. Die Krankheit sei ja vererbbar. Jüngst sei ihm bewusst geworden, wie er seinen Körper auf die Symptome der Krankheit hin beobachte.

Die Lebenserwartung bei ALS sei nicht höher als zehn Jahre. Diese Nachricht der Ärzte hat Horst Weckmüller seine Zuversicht nicht geraubt. Immerhin habe er sein "Leben schon gelebt", sagt der 77-Jährige. Schlimm sei es, wenn es einen in jüngeren Jahren treffe; wie jenen 51-Jährigen, dem er in der Klinik begegnet sei: "Er konnte nur gehen, wenn er gestützt und hochgezogen wurde. Wie eine Marionette."