Ebermannstadter Musiker erzählt über das Rebellenjahr 68
Autor: Theresa Schiffl
Ebermannstadt, Mittwoch, 26. Sept. 2018
Das Ehepaar Kortner zählt sich nicht zu den typischen 68-er Vertretern. Vieles hat sich dabei nicht mit ihren persönlichen Wertvorstellungen vereinbaren lassen. In kultureller Hinsicht habe sich jedoch viel zum positiven entwickelt.
Die politische und gesellschaftliche Entwicklung des Jahres 1968 hat in der ganzen Welt Schlagzeilen gemacht und zu vielen Protesten geführt. 50 Jahre später wird vieles differenzierter betrachtet wie bei Eugenie und Joachim Kortner.
"Zu der Zeit waren wir schon verbeamtete Lehrer und hatten viel Verantwortung", sagt Joachim Kortner (79). Seine Frau Eugenie nickt zustimmend und fügt hinzu: "Wir konnten uns nie voll mit dieser Bewegung identifizieren." Die beiden beobachteten die Entwicklung bereits vor 50 Jahren kritisch und auch heute hat sich daran nichts geändert.
"Gut fanden wir natürlich, dass die Nazi-Vergangenheit Deutschlands besser aufgeklärt wurde", sagt Kortner. Das habe auch einen persönlichen Grund, erzählt er: "Meine behinderte Tante wurde damals von den Nazis ermordet."
Professor war Dachau-Insasse
Während seiner Studienzeit berichtete einer seiner Professoren, der selbst in Dachau als Insasse festgehalten wurde, in einer Vorlesung, was damals wirklich geschah. "Er hat richtig ausgepackt. Da wurden uns erstmals die Augen für das Verbrechen geöffnet." Seine Frau erklärt, dass in ihrer Schulzeit kaum oder gar nicht über dieses dunkle Kapitel der deutschen Geschichte berichtet wurde.
Für Kortner ist die Zeit während des Nationalsozialismus nicht nur ein grausames Verbrechen: "Auch in vielen Bereichen wie der Kultur wurde dadurch großer Schaden angerichtet. Musikalisch betrachtet gab es ja damals nur die Heimatlieder. Die zwölf Jahre NS-Zeit haben zu einer Leere in der Musik geführt."
Das änderte sich jedoch nach der Besatzung: "Gerade durch die Amerikaner lernten wir völlig neue Musik kennen." Eugenie Kortner erinnert sich, dass sie damals ihre Hausaufgaben immer mit dem Radiosender der Amerikaner gemacht hat. "Ich bin dann immer auf dem Sofa im Wohnzimmer gesessen um AFN (American Forces Network) zu hören. Mir hat die Musik einfach gut gefallen."
Kritischer Blick durch Musik
Lied wie "Blowing in the wind" von Bob Dylan haben damals auch zum Nachdenken über den Vietnamkrieg angeregt, sagt der Ebermannstädter Rentner. "Bei uns wurden in den Medien nur Bombenabwürfe gezeigt. Das hat uns irgendwie beeindruckt und niemand hat daran gedacht, dass dabei Menschen sterben", sagt Kortner. Geprägt haben die beiden vor allem die Musikrichtungen Jazz, Folk und Rock 'n Roll. "Der Stil gefällt uns noch immer", sagt Kortner. Seine Frau lächelt und nickt zustimmend.