Ebermannstadt: Straßen sind doch nicht gratis
Autor: Josef Hofbauer
Ebermannstadt, Dienstag, 20. Januar 2015
In namentlicher Abstimmung sprachen sich am Montag zwölf von 19 Ebermannstadter Räten für den Erlass einer Straßenausbau-Beitragssatzung aus. Es ist aber unklar, wie hoch die Einnahmen sind, die dadurch generiert werden können.
Jetzt ist es amtlich. Der Stadtrat Ebermannstadt hat in seiner jüngsten Sitzung am Montagabend dem Drängen der Aufsichtsbehörde nachgegeben und eine Straßenausbau-Beitragssatzung verabschiedet. Mit den Stimmen von Rainer Schmeußer, Karl-Heinz Jablonski (CSU) und Martin Vierling (JB). Allerdings ist nicht klar, wer für welche Maßnahme wieviel bezahlen muss.
Zuvor hatte Bürgermeisterin Christiane Meyer (NLE) in aller Deutlichkeit noch einmal darauf hingewiesen, dass möglicherweise die Stabilisierungshilfe aus dem Jahr 2013 von 500 000 Euro zurückbezahlt werden muss, falls diese Auflage nicht erfüllt werde. Die Entwicklung der Stadt wäre blockiert, Darlehen für den Bau der Kinderkrippe dürften nicht aufgenommen werden, und der Ausbau des Breitband-Netzes, der vorfinanziert werden muss, könne nicht realisiert werden.
Mucksmäuschenstill war es im Sitzungssaal, als Karl Friedrich Hacker, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Bayreuth, verdeutlichte, dass es für die Stadträte in der Frage der Straßenausbau-Beitragssatzung keinerlei Ermessensspielraum gebe. Deshalb benutzte er dafür auch das Unwort des Jahres 2010: "alternativlos". "Bei der Konstellation wie hier in Ebermannstadt ist selbst mir nichts mehr eingefallen und ich bin sonst kreativ", bekannte Hacker.
Die Gesetzeslage zwinge die Räte, den Bürgern in den Geldbeutel zu fassen. Hacker verglich das Verhalten des Stadtrates mit einem Autofahrer, der unter den Augen der Polizei, sprich des Landratsamtes, über eine rote Ampel fuhr, ohne dass dieser Verstoß geahndet wurde. "Jetzt ist halt ein anderer Polizist da, der diesen Verstoß ahndet", verdeutlichte Hacker. Das Gesetz verlange von den Kommunen, sämtliche eigenen Einnahmequellen auszuschöpfen.
Einen Vertrauensschutz für die Bürger, denen bisher gesagt wurde, sie müssten nichts zahlen, wenn Straßen erneuert wurden, gebe es nicht. "Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sagt etwas anderes", unterstrich der Jurist und stellte klar: "Ohne Straßenausbau-Beitragssatzung geht in Bayern nichts."
Prognosen sind nicht möglich
Er fügte an: "Ein Nein zur Satzung würde die Entwicklung der Stadt mittelfristig entscheidend blockieren. Die Politiker würden nahezu handlungsunfähig.
Dennoch wagte der Fachanwalt für Verwaltungsrecht keine Prognose welche Maßnahmen im Nachhinein abgerechnet werden können und welche nicht. Es lasse sich auch nicht beziffern, ob und wie hoch die Einnahmen sein könnten, die Ebermannstadt aus der Straßenausbau-Beitragssatzung generieren könne. Es sei sehr wohl möglich, dass für eine Maßnahme aus dem Jahr 2004 Beiträge verlangt werden, für einen Ausbau aus dem Jahr 2006 aber nicht, weil die Maßnahme nicht mehr in letzter Konsequenz nachvollziehbar sei.
Seine Aussagen zu dem Fragenkatalog, den die Stadträte von "Umland" und CSU noch schnell von einem Fürther Anwaltsbüro erstellen hatten lassen, dürften lediglich als seine Privatmeinung aufgefasst werden. "Es wäre Kurpfuscherei, wenn ich Ihnen dazu eine rechtsverbindliche Auskunft geben würde." Das sei nicht möglich, denn ein Verwaltungsgericht könne dazu eine ganz andere Auffassung vertreten.
Ausgang offen
"Es ist ein Spiel mit offenem Ausgang", so Karl-Friedrich Hacker. Jedem stehe aber frei, bei einer Veranlagung, den Klageweg zu beschreiten. Allerdings habe sie keine aufschiebende Wirkung. Erst einmal seien die Bürger zur Zahlung verpflichtet. Und wer nicht zahle, müsse mit einem zwölfprozentigen Säumniszuschlag rechnen.
"Wer das nicht verstehen will, dem muss ich sagen, das ist aber so", ließ Hacker keinerlei Zweifel aufkommen. Ebenso verneinte er die Frage von Ludwig Brütting klar, der wissen wollte, ob die Bürger einen Vertrauensschutz hätten. "Den gibt es nicht", bedauerte der Verwaltungsrechtler. Nicht einmal die Meinung des Bundesgerichtshofes habe Bedeutung, denn hier handle es sich um Landesrecht. Ergo dürfe ein Bayerisches Verwaltungsgericht die Rechtsauffassung der Bundesrichter problemlos ignorieren. "Das Bundesrecht ist hier irrelevant", unterstrich Hacker, der die Stadträte ermahnte, dass sie hier nicht über eigenes sondern über das Vermögen anderer zu entschieden hätten und dafür zur Rechenschaft gezogen werden könnten.
Unterschiedliche Auffassungen
Daraufhin räumte Erwin Horn (NLE) ein, dass Gerechtigkeit im juristischen Sinne wohl etwas anderes sei, als das, was der Bürger darunter verstehe. Da die Stadträte gehalten seien, nach Recht und Gesetz zu entscheiden, helfe es nicht, sich wegzuducken. "Ich bin überzeugt, dass die Bürger unsere Entscheidung verstehen werden" zeigte sich Horn optimistisch.
Ludwig Brütting (FW) räumte ein, dass seine Gruppierung, vertrauend auf die Stadtratsbeschlüsse, andere Aussagen getroffen habe. Die Rechtslage indes lasse nun aber keine andere Wahl, als der Straßenausbau-Beitragssatzung zuzustimmen. Wilhelm Kraupner (SPD) schloss sich den Vorrednern an und befürwortete seinerseits die Satzung. "Eine uralte Forderung der SPD", sagte Kraupner.
Während Rainer Schmeußer (CSU) die Abstimmung in das Ermessen jedes einzelnen Stadtrates seiner Fraktion stellte, sahen die Vertreter der Wählergemeinschaft Mühlbachtal, Oberland, Gasseldorf eine Reihe ungeklärter Fragen, die ihnen eine Zustimmung unmöglich mache.
In namentlicher Abstimmung sprachen sich Konrad Dresel, Sebastian Götz, Christian und Henrich Sponsel, Thomas Redel (alle WGM) sowie Klaus Neuner und Richard Wiegärtner (beide CSU) gegen die Satzung aus, die mit 12:7 Stimmen beschlossen wurde. Zwei Stadträte waren wegen Krankheit entschuldigt.