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Dreiste Abzocke mit Call-by-Call-Vorwahlen


Autor: Nikolas Pelke

Forchheim, Samstag, 17. November 2012

Eine Frau aus Forchheim soll plötzlich über 400 Euro bezahlen, nur weil sie mit ihrer Tochter in Frankreich telefoniert hat. Wie viele andere auch in Franken wurde Frau K. Opfer von dreisten Telefon-Abzockern.
418 Euro und 14 Cent! Diese Horror-Rechnung fand Frau K. aus Forchheim Ende Oktober in ihrem Briefkasten.      Grafik: Tanja Friedrich


Eigentlich war alles so wie immer. Frau K. macht es sich auf der Couch gemütlich und greift zum Hörer. "Meine Tochter arbeitet in Montpellier." Das Telefon ist für Frau K. die einzige Möglichkeit, die spannendsten Neuigkeiten und den letzten Familientratsch auszutauschen. Das Telefon schließt die Lücke in der Familie, die zwischen der französischen Mittelmeerküste und der fränkischen Königsstadt klafft.

"Manchmal ruft mich auch meine Tochter an. Dann sag ich: Leg auf! Ich ruf' dich zurück. Das ist billiger, dann können wir länger telefonieren." Schließlich will Frau K. oft und ausgiebig mit der Tochter quatschen. Deswegen schneidet sich Frau K. immer den kleinen Artikel über die aktuellen "Billig-Telefon-Nummern" aus der Zeitung aus.

Hinter langen Vorwahlen-Nummern verbergen sich so genannte "Call-by-Call"-Anbieter. Die wählt der Kunde vor der eigentlich Telefon-Durchwahl. Die Rechnung kommt ganz normal mit der Post von der Telekom. In Deutschland ist Call-by-Call seit der Aufhebung des Fernsprechmonopols der Deutschen Telekom Ende der 90er Jahre für Ferngespräche möglich. 2003 wurden sogar Call-by-Call-Anbieter für Ortsvorwahlen zugelassen.

Billig-Nummern fürs Ausland
Mittlerweile hat dieser Markt allerdings an Bedeutung verloren. Nicht nur, weil immer mehr Menschen mobil telefonieren. Auch die Flatrate für das Festnetz lässt grüßen. Lediglich bei internationalen Fernsprech-Verbindungen hat Call-by-Call überlebt. Auch wenn immer mehr Menschen mittlerweile übers Internet telefonieren: Manchmal sei es einfach doch gemütlicher, sich mit dem guten alten Telefon auf die Couch zu setzen um einfach mal nett zu plaudern.



Frau K. freut sich immer auf die Gespräche mit ihrer Tochter. Was macht der Job? Wie geht's dem Freund? Da rasseln schon mal ein paar Einheiten durch die Leitung. Aber der Brief, den Frau K. Ende Oktober in ihrem Postkasten fand, verschlug ihr dann doch die Sprache. 418,34 Euro sollte sie berappen! "Das 200-fache was wir sonst bezahlen", sagt Herr K. und Frau K. schüttelt den Kopf und nickt abwechselnd. Das Ehepaar kann es immer noch nicht fassen, dass ausgerechnet sie auf so einen Telefon-Abzocker hereingefallen sein sollen.

Dabei wollten sie doch alles richtig machen. Haben immer die aktuellen Nummern der Billig-Anbieter aus der Zeitung ausgeschnitten. Im Oktober haben sich die beiden deshalb auch nichts dabei gedacht, vor jedem Anruf zur Tochter nach Frankreich die 010040 zu wählen. Offensichtlich eine Abzock-Firma, sagt die Bundesnetzagentur, die gegen den Call-by-Call-Anbieter ermittelt. Die Firma hatte heimlich, still und leise die Preise von etwa einem Cent auf zwei Euro erhöht!

Preisansage ist seit August pflicht
"Beschwerden zur 010040 liegen uns vor. Wir gehen dem nach. Wir prüfen, ob wir Maßnahmen ergreifen. Seit dem 1. August 2012 müssen Call-by-Call-Anbieter eine Preisansage durchführen", sagt der Sprecher der Bundesnetzagentur.

Das lässt sich Herr K. nicht zweimal sagen. Sofort wählt er die Nummer, die ihn schon so viel Nerven gekostet hat. Eine Stimme sagt: "Der Anruf kostet ..." Dann versteht man nur noch Bahnhof. So schnell ist die Stimme auf dem Band. "Euro oder Cent? Die Stimme ist so undeutlich. Ich kann es nicht sagen." Auch nach dem dritten Mal anrufen, lauschen und schnell auflegen ist unklar, was ein Anruf mit 010040 denn nun tatsächlich kosten soll. Der Sprecher der Bundesnetzagentur sagt dazu: "Wenn diese Preisansage nicht den Anforderungen entspricht, weil diese Ansage beispielsweise zu schnell oder unverständlich ist, können sich Betroffene auch telefonisch an uns wenden unter 0291/995 5206 und wir gehen diesen Vorwürfen nach."

Die K.s haben das Geld an die 010040 übrigens nicht bezahlt. Lediglich ein paar Scheine an die Telekom haben die beiden überwiesen. Jetzt hoffen sie auf die Bundesnetzagentur, die in vergleichbaren Fällen anderen Anbietern schon die "Rechnungslegung und Inkassierung entzogen", und damit den Abzockern das Handwerk gelegt hat.