Druckartikel: Diskussion über berufliche Chancen von Migranten

Diskussion über berufliche Chancen von Migranten


Autor: Pauline Lindner

Forchheim, Freitag, 02. November 2012

Über die beruflichen Chancen von Menschen mit türkischem Hintergrund diskutierte Anette Kramme mit SPD-Politkern und Forchheimern in der Yunus-Emre-Moschee.
Nidal Acar hat einen Traum. Sie möchte Hebamme werden. Foto: Lindner


Nidal Acar trägt ein elegant gebundenes Kopftuch und möchte Hebamme werden. Die 20-Jährige hat ein gutes Abitur gemacht an der Fachoberschule in Forchheim und inzwischen mehr als 30 Bewerbungen geschrieben. Kürzlich hatte sie ein Vorstellungsgespräch - das einzige zu dem sie bislang eingeladen wurde - an einer städtischen Klinik in Oberbayern. Wie sie mit Kopftuch arbeiten wolle, war einer der ersten Fragen. "Mein Deutsch hat gestimmt, meine Qualifikation hat gestimmt, nur das Kopftuch, das hat nicht gestimmt", fasst sie die Absage zusammen.

Acar trägt ihren Fall beim Gesprächsabend in der Yunus-Emre-Moschee vor. Anette Kramme, SPD-Abgeordnete aus Bayreuth, hatte dazu die Integrationsbeauftragte ihrer Partei, Aydan Özoguz, den türkisch-stämmigen Nürnberger Stadtrat Arif Tasdelen, den Weiterbildungsbeauftragten der IHK Oberfranken, Harald Fellner, und den Sprecher der türkischen Community in Forchheim, Atilla Karabag, eingeladen. Jeweils aus ihren Perspektiven beleuchteten sie Aspekte vor allem der beruflichen Integration und kamen sehr widersprüchlichen Erfahrungen.
"Wenn eine Frau ein Kopftuch trägt, grenzt sie sich schon aus", befürchtet Özoguz. Und: "Sie werden vom Arbeitsmarkt ferngehalten, weil sie Kopftuch tragen, und dann beschimpft, weil sie nicht arbeiten wollen."

Ob gegen eine Benachteiligung wegen des Namensklangs eine anonyme Bewerbung hilft? Vielleicht.

Als Widerspruch in sich empfindet eine junge Türkin die Bewerbungsanforderungen der Frauenklinik Erlangen. Dort habe man für eine Assistenztätigkeit ausdrücklich gute türkische Sprachkenntnisse verlangt. Kopftuch dürfe sie allerdings nicht tragen, hat die junge Frau sofort gesagt bekommen. Das wiederum irritiert die Frauenärztin Freyja Filipp, denn sie kennt eine dort arbeitende Berufskollegin, die auch im Dienst Kopftuch trägt. Als Hauptargument gegen Kopftücher am Arbeitsplatz werde oft genannt, so weiter Özoguz, dass es die Kunden nicht akzeptierten. Die Buchhandelskette Thalia habe es ausprobiert: Die Kunden haben die Kopftuch tragende Buchhändlerin wie ihre Kolleginnen angenommen.

"Freiheit heißt auch: mit Kopftuch, nicht nur ohne", greift die Integrationsbeauftragte das gängige Schlagwort gegen die weibliche Kopfbedeckung auf.

Gemeinsam lernen


Gute Sprachkenntnisse, darin sind sich alle einig, sind das A und O der Integration. Eine Kindergarten-Pflicht bringe es wohl nicht, aber gute frühe Angebote würden die Familien anlocken. Die Nachfrage nach Krippenplätzen beweise dies.

Und gute Absichten sollten nicht konterkariert werden. Wie in dem Fall, als ein Vater sein Kind zur Verbesserung der Deutschkenntnisse in der Ganztagsklasse angemeldet hatte, zwei Klassen gebildet wurden und in der einen überwiegend Kinder mit - ganz unterschiedlichem - Migrationshintergrund unterrichtet wurden.