Die Rechten schauen sich im Landkreis Forchheim um
Autor: Pauline Lindner
Forchheim, Freitag, 17. Oktober 2014
Einigen Gemeinden in benachbarten Landkreisen ist es gelungen, Konzerte und Versammlungen der extremen Rechten zu verhindern. Nun gibt es Befürchtungen, dass sich die Rechten verstärkt dem Landkreis Forchheim zuwenden.
Vor wenigen Tagen ist Burghaslachs Bürgermeister Armin Luther (CSU/FWG) beim Notar gewesen. Die Marktgemeinde im Steigerwald hat das Gasthaus "Zum Rimbachtal" in Oberrimbach gekauft. Das Gebäude wird abgerissen und das Gelände im Wege der Dorferneuerung neu bebaut. Das teilte anschließend Geschäftsleiter Johannes Steinbrecher mit.
Dabei handelt es sich nur auf den ersten Blick auf eine lediglich lokal bedeutsame Nachricht. Das ist nicht so, weil vor drei Jahren Vertreter der rechtsextremen NPD versucht haben, die Gaststätte zu kaufen.
"Das war kein Notkauf"
Eine entschiedene Reaktion des Marktgemeinderats und das deutlich geäußerte Missfallen der Einheimischen verhinderten allerdings den still und heimlich leisen eingefädelten Eigentümerwechsel. Die Gaststätte war, so wurde kolportiert, in eine wirtschaftliche Schieflage geraten.
Der Eigentümer suchte nach einem Käufer. Der Pächter soll ihn dann, so sagte der Eigentümer selbst, mit rechtsextremen Kaufinteressenten aus Berlin in Kontakt gebracht haben. Auch die Stadt Scheinfeld kauft eine Gaststätte. Genauer gesagt eine Disco, in der 2013 ein Rechtsrockkonzert stattfand und ein weiteres in diesem Sommer verhindert werden konnte. Auch hier ist der Hintergrund ähnlich: wirtschaftliche Schieflage.
Der Pächter wollte aufhören, ein Zwangsvollstreckungsverfahren ist bereits eingeleitet. "Das war kein Notkauf", betont Scheinfelds Bürgermeister Claus Seifert (SPD). "Wir haben die Braunen losbekommen. Durch weitreichenden bürgerlichen Protest und eine exzellente Zusammenarbeit mit Behörden und Gerichten."
Soweit Seifert weiß, war auch in Scheinfeld der Pächter ein Mittelsmann zu rechtsextremen Kreisen. Zum einen organisierte die NPD dort einen Frankentag mit Aufmarsch und Fackelzug, zeitgleich wurden junge Rechtsextreme in konspirativer Weise zu Auftritten einschlägiger Bands eingeladen. Die Stadt erfuhr 2013 erst davon, als die Zeit zu knapp war, um die Veranstaltungen mit Hilfe baurechtlicher und ordnungsamtlicher Regeln zu verbieten. Das ist nun bei der Wiederholung vor einem Vierteljahr gelungen, erklärt Seifert und dankt den Unterstützern des bürgerlichen Protests:
Nazi-Rock in Gremsdorf
"Die Zahl der Gegendemonstranten hat den Rechtsextremen ganz praktisch den Aufmarschraum genommen. Scheinfeld ist damit als Veranstaltungsort nicht mehr attraktiv." Scheinfeld und Burghaslach liegen nur wenige Kilometer auseinander und - nahe an der Autobahn A3. Wie Seifert eruiert hat, werden die Fans der Rechtsrockbands per Internet über das Datum des Konzerts informiert.
Nur wenige Stunden vor dem eigentlichen Konzert erfuhren sie über eigens eingerichtete Hotlines den Treffpunkt. Oft handelt es sich dabei um einen Autobahnparkplatz. Bis aus der Schweiz und den Niederlanden sind Rechtsextreme nach Scheinfeld gekommen. Vier bis fünf Fahrtstunden sind über fanatische Anhänger offenbar kein Problem.
2006 kam an die Öffentlichkeit, dass in einem Gremsdorfer Gasthaus, nur wenige Hundert Meter von der A3 entfernt, immer wieder Veranstaltungen rechtsradikaler Gruppen stattfanden: Konzerte und Tagungen. Und wieder war der Hintergrund: wirtschaftliche Schieflage. Der Wirt bekannte damals öffentlich, dass es ihm um die Einnahmen gegangen sei, die ihm eine Veranstaltungsagentur angeboten habe.
Öffentlicher Protest und Gedenkveranstaltungen für die Euthanasie-Opfer aus dem Heim der Barmherzigen Brüder trugen ihren Teil dazu bei, dass der braune Spuk ein Ende hatte.
Zudem gelang es dem damaligen Bürgermeister Waldemar Kleetz (CSU), dem Juniorwirt ein sicheres Einkommen als Kantinenwirt zu verschaffen. Aktuell hat das Amtsgericht Fürth den Gasthof mit Nebengebäuden allerdings zur Versteigerung ausgeschrieben.
Wegen der zentralen Lage in Deutschland scheint der fränkische Raum besonders im Fokus der Rechtsextremen zu stehen. Das zeigt das Interesse der NPD an Bamberg als Ort von Parteiveranstaltungen. Das belegen auch die Vorgänge in Oberprex bei Hof. Dort war es nicht die NPD, sondern ihre radikale Abspaltung Freies Netz Süd (FNS), die eine erworbene Gaststätte zu einem Schulungszentrum umfunktionierte. Ende Juli verbot Innenminister Herrmann (CSU) das FNS und ließ das Wirtshausgrundstück beschlagnahmen.
Nun kommen Befürchtungen auf, dass sich die Aktivitäten von Rechtsextremisten in den ebenfalls autobahnnahen und damit attraktiven Forchheimer Raum verlagern.
Ein erster Versuch?
Seitens der Polizei und des Staatsschutzes belegt ist ein Stammtisch des NPD-Kreisverbandes in einer Forchheimer Gaststätte im November vergangenen Jahres. War das bereits ein Versuch, dort Fuß zu fassen?
Dazu sagt der Pressesprecher beim Polizeipräsidium Oberfranken, Jürgen Stadter: "Gerade im Bezug auf Ankauf oder Verpachtung entsprechender Räumlichkeiten müssen insbesondere auch die Regierung von Oberfranken, die Landkreise und die Gemeinden sensibilisiert werden." Zu Versuchen von Rechten, Gaststätte, Säle oder Discos zu pachten oder kaufen, liegen der Kripo derzeit aber keine Erkenntnisse vor. Dabei mag eine Rolle spielen, dass die NPD selbst in eine wirtschaftliche Schieflage geraten ist.