Druckartikel: Die Natur durch Verspeisen schützen

Die Natur durch Verspeisen schützen


Autor: Ekkehard Roepert

Forchheim, Dienstag, 14. Februar 2017

Studierende aus Hannover fordern die Bürger aus der Region Forchheim auf: Kümmert Euch um Eure Landschaft, esst sie auf.
Amerikanische Flusskrebse verdrängen in den Gewässern rund um Forchheim die heimischen Krebs-Arten. Der beste Schutz gegen diese "invasive Art" wäre es, den amerikanischen Krebs aufzuessen. Foto: Josef Hofbauer


In der Genussregion Oberfranken ist der Gedanke nicht neu: Mit Vorliebe wird verzehrt, was in der Landschaft gedeiht. Doch die neun Studierenden der Landschaftsarchitektur, die am Montag ihre Ideen über "Essen und Naturschutz" in St. Gereon vorstellten, gehen noch einen Schritt weiter: Sie animieren die Menschen in der Region Forchheim vor allem das zu verspeisen, was ihnen lästig ist. Demnach sollten verstärkt die "invasiven Arten" im Kochtopf landen; also jene Tiere und Pflanzen, die einst importiert wurden und nun die heimischen Arten verdrängen - etwa der amerikanische Flusskrebs, die Schwarzmundgrundel oder der japanische Standortknöterich.
Der Biologe Johannes Mohr, der im Landratsamt Forchheim für das Thema ökologische Kreisentwicklung zuständig ist, arbeitet seit geraumer Zeit mit der Leibniz Universität Hannover zusammen. So kam der Kontakt mit Professorin Christina von Haaren (Institut für Umweltplanung) zustande. Sie und ein neunköpfiges Studenten-Team initiierten dieses Projekt: Wie können essbare Produkte und Naturschutz besser verknüpft werden.
In St. Gereon luden die Wissenschaftler am Montag zu einer "Zwischenpräsentation" ein - gepaart mit einem Workshop. Unter den Besuchern waren Naturschützer, Politiker Unternehmensberater und Verleger.
Die Studierenden haben nicht nur Biotope rund um Forchheim analysiert, die künftig "aufgetischt" werden könnten; sie arbeiten auch an einem Kochbuch und an einem Quartett-Spiel zum Thema. Maike Senne, Lukas Göttgens und Tabea Stanke gaben Einblicke in die Recherchen der Studierenden. Und tauschten sich mit den Besuchern darüber aus, wie dem Verbraucher die heimische Landschaft schmackhaft gemacht werden könnte.


Kalkscherbenbrot

Von sich aus kommt ja niemand ohne weiteres auf die Idee, das drüsige Springkraut zu verzehren. Oder ein Kalkscherbenbrot zu produzieren. Oder Hecken-Früchte zu kultivieren, um Fruchtaufstriche herzustellen.
Um eine Landschaft zu schützen, indem man sie verspeist, dafür würden neue Etiketten benötigt, betonte Maike Senne. "Aber es ist extrem aufwändig, ein neues Label zu entwickeln."
Das bestätigte auch Friedrich Oehme, der Chef der Kreisgruppe Forchheim des Bund Naturschutz. Er stellte sich den Studierenden aus Hannover als "Vater des Forchheimer Bauernmarktes" vor. Dieser Markt fördere bereits die Idee der schmackhaften Landschaft. "Aber der Markt ist nur der Gründungsfunke", sagte Oehme. Die Vermarktung werde immer dann heikel, wenn - wie auch von der Studentengruppe gefordert - Supermärkte ins Spiel kämen. Sobald ökologische Produkte "supermarktfähig" gemacht würden, gehe dies meist mit der Zerstörung der Existenz der Produzenten einher, warnte Oehme.
Ein "Riesenthema" nannte Johannes Mohr das Anliegen der Studenten: "Je näher man da hinguckt, um so weniger Boden ist im Fass zu sehen". Diese Erfahrung hat auch die Ebermannstadter Bürgermeisterin Christiane Meyer gemacht. In einem Arbeitskreis mit fünf anderen Bürgermeistern und Bürgermeisterinnen will sie die ökologische Kreisentwicklung voranbringen. Die Arbeit beginne erst. Noch fehle eine breite Begeisterung für das Thema, sagte Meyer: "Wir müssen aus dem Klein-klein herauskommen."
Dazu gehöre, sagte Professorin Christian von Haaren, dass "dem Konsumenten die Kette vom Produkt zum Verbraucher klar gemacht wird". Das Kochbuch sei daher ein Herzstück des Projektes: "Das liefert eine direkte Kommunikation über das Essen." In einem halben Jahr soll das Buch vorliegen.
Fazit von Studentin Anna Mittelstaedt nach der Zwischenpräsentation: Nicht nur die Biotope rund um Forchheim, sondern auch jene der Fränkischen Schweiz müssten in das Projekt einbezogen werden. "Es hat uns gefallen, wie die Leute auf unsere Ideen eingegangen sind. Wir bekamen viele Anregungen, die uns die starke Kleinflächigkeit der Gegend nochmal bewusst gemacht haben." Daher, so Mittelstaedt, müssten Kommunen, Pflegeverbände etc. noch viel stärker in den Dialog treten, um das Auftischen der Biotope voranzutreiben.