Druckartikel: Die Flucht macht den Unfall nur noch schlimmer

Die Flucht macht den Unfall nur noch schlimmer


Autor: Petra Malbrich

Forchheim, Freitag, 24. Mai 2013

Wer einen selbstverschuldeten Unfall nicht bei der Polizei meldet, läuft Gefahr stattdessen Post vom Staatsanwalt zu bekommen. Das Hauptmotiv der Fahrerflüchtenden ist Alkohol und die Angst vor den Konsequenzen.


Gestern ein abgefahrener Außenspiegel, heute eine angefahrene Stoßstange und morgen eine demolierte Leitplanke. Regelmäßig liest man solche Dreizeiler, oft versehen mit der Bitte, entsprechende Hinweise und Beobachtungen bei der Polizei zu melden.
Unfallflucht nennt sich das unerlaubte Entfernen vom Unfallort und den Meldungen zufolge scheint es, als würde der Trend nach oben gehen. "Tatsächlich ist die Zahl der Unfallflüchtigen im Stadtgebiet Forchheim 2012 mit 184 Unfallfluchten zum Vorjahr mit 202 leicht rückläufig gewesen", sagt Hartmut Demele von der Polizei in Forchheim.
Als häufige Ursache von derlei Unfällen nennt Demele Leichtsinnsfehler bei hoher Verkehrsdichte. Das erkläre mithin auch, weshalb die Zahl der Unfälle und Unfallfluchten im Landkreis etwas niedriger als in der Stadt ausfallen.



Aber was bewegt einen Menschen überhaupt, den Unfallort anschließend einfach zu verlassen? Ohne den Schaden zu melden oder zumindest seine Kontaktdaten am Auto zu hinterlassen?
Sicherlich spielt oft der Alkohol eine bestimmende Rolle. Als Beispiel nennt Demele einen Unfall in der Klosterstraße, wo ein Geldautomat angefahren wurde. Oder der leicht alkoholisierte Fahrer, der am Supermarkt beim Rückwärtsfahren ein anderes Auto anfuhr.

Wissen aus der Fahrschule

Doch selbst wenn beispielsweise eine Mauer keiner Privatperson gehört, muss der Unfall dem Eigentümer gemeldet werden. Ansonsten eben bei der Polizei. Wer das unterlässt, macht sich des Straftatbestands der Unfallflucht schuldig.
"Der Unfall muss sofort gemeldet werden, nicht erst am nächsten Tag oder nach dem Wochenende. Wenn in der Gemeinde niemand erreichbar ist, muss es der Polizei gemeldet werden", sagt Demele. Es sei schlicht falsch, dass ein geringerer Schaden auch erst später gemeldet werden könnte. "Das lernte man eigentlich schon in der Fahrschule", schmunzelt Demele. Und noch etwa s gilt es zu beachten: Vergesslichkeit oder Unwissenheit schützt hier vor Strafe nicht. Tatsächlich kann man auch bei einem hohen Sachschaden den Führerschein verlieren. Bei Unfällen, bei denen Menschen zu Schaden kommen, gilt das ohnehin.

Eine weiteres Motiv, einen Unfall lieber nicht zu melden, ist die Angst vor den Konsequenzen. Das kann Angst vor steigenden Versicherungsbeiträgen sein, aber auch die Angst vor der Blamage. Manche möchten sich einfach nicht eingestehen, einen Unfall verursacht zu haben. "Vereinzelt kommen auch fingierte Unfallfluchten vor", sagt Demele. Dann trauen sich Kinder nicht, den Eltern von selbstverschuldeten Unfall zu erzählen. Dann behaupten sie, dass ein anderer Fahrer das Auto angefahren hätte, wo sie doch in Wirklichkeit selbst beispielsweise gegen eine Mauer gefahren sind. "Das ist Vortäuschen einer Straftat, Betrug, wenn die Versicherung den Schaden beglichen hat", erklärt Demele.

Erhebliche Geldstrafen und Führerscheinentzug sorgen hier oft für ein böses Erwachen. Gerade, wenn der Unfall, wie bei den meisten Unfällen, eher eine Bagatellsache ist.
Auch der berühmte Zettel, der an der Windschutzscheibe hinterlassen wird, reicht oft nicht aus. "Es kann regnen und die Notiz wird unleserlich, sie kann aber auch von jemanden entfernt werden",warnt Demele. Auch hier gelte: unbedingt lieber die Polizei rufen. Auch zum Schutz des Unfallverursachers. Polizisten vor Ort können sicherstellen, dass Geschädigte anschließend an ihrem Auto nicht mehr ausbessern lassen, als die tatsächlich entstandenen Schäden. Freilich: Es kann schon einmal vorkommen, dass ein Autofahrer nicht mitbekommt, dass er gerade eine anderes Auto gestreift hat. "Der überwiegende Teil bekommt es aber mit", behauptet Demele.
Das lasse sich auch aus dem Verhalten der Fahrer schließen. Sie halten an, steigen aus, schauen nach - und fahren weiter. Diagnose: Unfallflucht.

Aufklärungsquote: 40 Prozent

Für Polizisten wie Hartmut Demele beginnt dann oft ein immenser Aufwand. Bis zu 14 Tage können die Überprüfungen schon einmal dauern, bis sie dem Unfallflüchtigen dann auf die Spur gekommen sind. "Wenn beispielsweise ein Teilkennzeichen bekannt ist, werden alle 30 bis 40 in Frage kommenden Fahrzeuge überprüft", erläutert Demele.
Unfallfluchten wiegen grundsätzlich schwerer als ein Ladendiebstahl. Das bedeutet auch, dass sie ohne Ausnahme dem zuständigen Staatsanwalt vorgelegt werden.
40 Prozent aller Fahrerfluchten kann die Forchheimer aufklären. Bei einem Punkt sieht die Bilanz noch besser auf. "Die Unfallfluchten unter Alkoholeinfluss konnten alle aufgeklärt werden", sagt Demele.