Die Arbeit als Forchheimer Landrat "is scho schö"
Autor: Andreas Oswald
LKR Forchheim, Freitag, 15. August 2014
Die Schlüssel als Lehrer, Uni-Dozent und Bürgermeister von Kunreuth hat Hermann Ulm (CSU) längst abgegeben. Seit Mai ist er neuer Chef im Landratsamt. Die politische Arbeit umfasst nur einen Bruchteil seiner Tätigkeit.
Mit der Wahl Herman Ulms zum Landrat hat ein "Schwarzer" nach 18 Jahren wieder den Thron am Streckerplatz erobert. Gewählt wurde der 37-Jährige mit satten 69 Prozent - somit schenkten ihm weit mehr Wähler, als die aus den Reihen der CSU, ihr Vertrauen. Entsprechend vielfältig sind die Erwartungen, die in den neuen Amtsinhaber gesetzt werden. Nach 100 Tagen im Chefsessel fragen wir den Debütanten: "Wie war der Start - geschmeidig oder holprig?"
So entspannt, wie Hermann Ulm wirkt, klingt auch seine Antwort: "Ein angenehmer Start - in einem gut organisierten Umfeld." Viel zum Nachdenken sei er gar nicht gekommen angesichts der Vielzahl von Terminen, wie den Antrittsbesuchen mit vielen persönlichen Gesprächen.
Das Kennenlernen seiner Mitarbeiter hatte Hermann Ulm schon in der Einarbeitungsphase vor seinem Amtseintritt als eine seiner vordringlichsten Aufgaben bezeichnet.
"Inzwischen bin ich in jeder Abteilung gewesen, in jedem Zimmer und habe mit den Leuten gesprochen", berichtet Ulm - und er ist auch über den "Gartenzaun" hinausgegangen: Das ging vom Bauhof Neuses und die Klinik Fränkische Schweiz in Ebermannstadt über den Wildpark Hundshaupten bis zur Obstbauversuchsanlage Hiltpoltstein. "Das hat viel Zeit in Anspruch genommen", gesteht er, betont aber: "Das war's mir auch wert!" Eine solche Informationsfahrt sei auch für die Kreisräte durchgeführt worden - vor allem für die neuen.
Mit den Kreisräten auf Du und Du
Apropos Kreisräte: Wie versteht sich Herman Ulm mit den Vertretern aus acht Parteien? "Gut", sagt der neue Landrat. Zwar seien einige politische Themen zu diskutieren gewesen, "aber es gab kein böses Wort", versichert Ulm und verweist darauf, dass er ohnehin mit fast allen per Du sei. Themen wie die 10H-Regelung - also die Vorgabe der Landesregierung zu den Abständen von Windrädern zur Wohnbebauung - seien zwar kontrovers diskutiert worden, aber dies seien Punkte, die eher in der "großen Politik" angesiedelt seien. Und was die Stromtrasse betreffe, da sei eine gemeinsame Resolution aller Parteien bis zum Herbst angestrebt.
Zwar hat es erst zwei Kreistags- und sieben Ausschuss-Sitzungen in den ersten 100 Tagen des neuen Landrates gegeben - die aber führte er am "langen Zügel". "Ich möchte schon, dass jeder seinen Redebeitrag in die Diskussion einbringen kann", erklärt Ulm. Dies habe er als Bürgermeister auch schon so gehandhabt. Wenn er aber merke, dass ein Thema "zerredet" werde, dann mahne er schon, "doch auf den Punkt zu kommen".
Welches der bislang diskutierten Themen ist für den neuen Landrat das schwierigste gewesen - und welches das wichtigste? Hermann Ulm muss bei dieser Frage grinsen: "Als schwierigstes Thema hat sich ein Punkt entpuppt, bei dem vorher niemand mit Problemen gerechnet hätte: das Laptop-Thema." Gemeint ist die PC-Ausstattung des Gymnasiums in Ebermannstadt. Aus diesem kleinen Punkt in der Tagesordnung entspann sich eine große Debatte - die dann erst in einer zweiten Sitzungsrunde von der Verwaltung geklärt wurde.
Als wichtigsten Punkt bezeichnet Ulm - "wegen seiner großen Tragweite" - den Antrag der Grünen auf Streichung der Ostumgehung aus dem Bundesverkehrswegeplan (was mehrheitlich abgebügelt worden ist - Anm. d. Red.).
Zu den wichtigsten Themen zählen für ihn aber auch alle Beschlüsse, die mit den Vergaben im Zuge der Schulsanierungen zu tun haben.
Ohren für die Bürger
Wenngleich auch die politische Arbeit eine starke Außenwirkung habe, so umfasse sie doch nur einen Bruchteil seiner Tätigkeit, betont Ulm. "Meine Haupttätigkeit ist die als Chef der Verwaltung - und die Arbeit nach Außen mit den Bürgern", erklärt der neue Landrat. Täglich habe er vier bis fünf Gespräche mit Bürgern, die Rat und Lösungen für die verschiedensten Probleme suchten. Das gehe bis zum Nachbarstreit. "Man freut sich über jeden Fall, in dem man weiterhelfen kann", versichert Ulm.
Freude und Verdruss
Über was hat sich der frischgebackene Landrat bisher am meisten gefreut? "Dass der S-Bahn-Halt Forchheim-Nord kommt", betont Ulm - und fügt gleich hinzu: "und, dass es endlich mit der Breitbandförderung vorangeht, weil wir in den Nordbayernplan reingerutscht sind." Über was er sich natürlich auch noch gefreut habe, seien die vielen kleinen Dinge, wo man habe helfen können - und über das positive "Feedback" seiner Mitarbeiter, die ihm ihre Unterstützung angeboten hätten.
Bei der Frage, was ihm den größten Verdruss bereitet habe, fällt Hermann Ulm die Antwort nicht leicht - aber dann gesteht er offen ein: "Das sind die Nachwehen der Wahl in Effeltrich - und das mangelnde Vertrauen in die Arbeit der Verwaltung!" Er spielt damit auf die aktuellen Flugblätter an, in denen der Umgang des Landratsamts mit den Betrugsvorwürfen zur Stichwahl kritisiert wird.
Gibt es Bereiche, die der neue Landrat in seiner Behörde verbessern möchte? "Ich habe mir für die ersten 100 Tage vorgenommen, die Dinge zu beobachten", erklärt Ulm. Mit Wirtschaftsförderer Andreas Rösch habe er eine Erweiterung dessen Aufgabenbereiches vereinbart. Künftig sollen die gemeindlichen Infrastrukturen - also die Ausstattung der Dörfer mit einem Arzt, einem Laden, einer Bankfiliale und ähnlichem - durch die Wirtschaftsförderung in den Fokus genommen werden. "Die Wirtschaftsförderung soll Ansprechpartner für die Gemeinden sein", erläutert Ulm. Dies wolle er im Herbst bei der Bürgermeisterklausur näher vorstellen.
Klare Kante statt Kompromisse
Gibt es Dinge, die Hermann Ulm an sich selbst für verbesserungswürdig hält? "Was soll man darauf sagen?", meint der neuen Landrat - geht kurz in sich und gesteht: "Vielleicht bin ich bisweilen zu harmoniebedürftig. Ich versuche immer wieder Kompromisse oder einen Konsens zu finden, wo vielleicht eine 'klare Kante' angesagt wäre."
Überrascht von der Vielfalt
Bei der Frage, ob ihm im Rückblick auf seinen früheren Beruf als Lehrer die Schule fehle, meint Ulm wie aus der Pistole geschossen: "Mir fehlen die Kinder und die Kollegen - aber mir fehlt nicht das System Schule!" Nach 100 Tagen Landrat: würde er's wieder tun? "Auf alle Fälle", versichert Ulm - weil die Aufgaben so vielfältig seien. "Ich hätt' nie gedacht, was man da alles verantworten darf und kann" - und er bringt es fränkisch schlicht so auf den Punkt: "Is scho schö."
Lob und Tadel von der Opposition
Hier zwei Meinung aus den Reihen der Opposition zum neuen Landrat: Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Karl Waldmann, fand den Auftakt der Amtszeit "nicht so geglückt". Er spielt damit auf die Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses an, "wo wir nicht unseren Vorschlag durchgebracht haben, den Weißenoher Bürgermeister Rudolf Braun (Wahlgemeinschaft der Arbeitnehmer Weißenohe-Dorfhaus / Freie Wähler) als Vorsitzenden einzusetzen - gegen die Stimmen der CSU, die Stefan Schick eingesetzt hat." Bei dieser Entscheidung, bei der es um eine Stimme gegangen sei, habe Ulm mit seinem Votum zum Ausgang der Wahl beigetragen, moniert Waldmann.
Zudem kritisiert der Fraktionsvorsitzende der Grünen, dass auch der Posten des Landrats-Vize (Rosi Kraus) mit der Stimme Ulms "durchgedrückt" worden sei. "Das waren kleine Machtdemonstrationen mit seiner Hilfe." Man müsse sehen, wie es weitergehe: "Ob die CSU den Takt vorgibt - oder ob er sich eigenständig entwickelt", meint Waldmann, der Ulm persönlich für "eine sehr integere, kluge Person" hält. "So habe ich ihn schon als Schüler im Gymnasium kennengelernt."
Stellvertreter positiv überrascht
Edgar Büttner, SPD-Kreisrat und einer der Stellvertreter des Landrats, zeigt sich "positiv überrascht", wie Ulm in relativ kurzer Zeit in sein Amt hineingefunden habe. Auch sonst gibt Büttner dem neuen Landrat gute Noten: "Ich fühle mich als einer seiner Stellvertreter sehr gut eingebunden - das muss man sagen. Wir besprechen alle Themen sehr offen!"
Auch aus seiner Perspektive als Kreisrat stellt Büttner fest, dass Ulm immer versuche, die Themen klar darzulegen. "Was ich in 100 Tagen erfahren durfte ist: er hat seine Sache sehr gut gemacht."