Das Walberla und seine Energien
Autor: Ekkehard Roepert
Wiesenthau, Sonntag, 24. März 2013
Dunja Schütz aus Wiesenthau ist Diplompsychologin. Und sie ist Geomantin. Als solche ist sie überzeugt, dass die Erde ein Bewusstsein hat. Und dass manche Landschaften besondere Energien bergen, die der Mensch nutzen kann. Einer dieser Orte ist das Walberla.
Kurz hinter dem Parkplatz bleibt Dunja Schütz stehen und fordert ihre Begleiter auf, einige Minuten schweigend weiterzugehen. Und sich vorzustellen, wie das für einen Menschen vor 6000 Jahren gewesen sein mag, diesen Berg zu besteigen. Schwer vorstellbar. Aber wer sich auf Geomantie einlässt, betritt eben eine Welt, die schwer, oder eigentlich gar nicht vorstellbar ist.
Dunja Schütz ist 43 Jahre alt. Und wie in ihrem Hauptberuf als Diplompsychologin setzt sie auch bei ihren geomantischen Streifzügen auf "Feinfühligkeit". Und auf die Überzeugung, dass die meisten so genannten Probleme im Grunde "nur Kopfkino" sind.
Nach den ersten paar hundert Metern führt der Weg durch zwei Busch-Gruppen. Diese Stelle sei wie ein Tor, sagt die 43-Jährige. Wer die Anhöhe erreicht hat und an der Schwelle dieses Tores steht, sieht rechts den Rodenstein und links das von der Kapelle gekrönte Walberla.
"Andere Wirklichkeit"
Dunja Schütz deutet in die Landschaft. Immer wieder fordert sie auf, innezuhalten, zu schweigen und das Gefühl im eigenen Körper zu "erspüren". So wie andere Menschen über die sichtbare Welt, spricht Dunja Schütz über die "andere Wirklichkeit". Die Landschaft der Ehrenbürg ist für sie "ein Raum mit einer bestimmten Energie".
Seit Jahrzehnten erforschen die Geomanten die Ehrenbürg. Anna Pogacnik ist eine der großen Namen in der Szene. Die Slowenin ist überzeugt, dass das Walberla "ein Zukunftsraum ist". In der Erde unter dem Berg sei Kraft gebunden, die künftig genutzt werden könne. Ihr Vater, Marco Pogacnik, gilt als der Wiederentdecker der Geomantie. Er war Bildhauer und ihm wird nachgesagt, dass er die Landschaft Kraft seiner Kunstwerke verändern konnte. Denn die Geomanten sind überzeugt, dass die Erde ein Wesen, eine Mutter ist - und dass die Natur ein Bewusstsein besitzt.
Diesem Bewusstsein verdanke auch die Ehrenbürg ihre "ungebrochene Anziehungskraft". Dunja Schütz erinnert daran, dass "dieser Ort über Jahrhunderte Zentrum von Handelsbeziehungen war, die bis nach Italien reichten."
Menschen vergangener Jahrhunderte hätten die Kraft der Ehrenbürg gespürt. "Sie haben ihre Ware ja auch unten im Tal verkaufen können, aber sie haben sie auf den Berg hinaufgeschleppt, warum wohl?"
Unendliche Fülle
Für die 43-Jährige ist das eine rhetorische Frage. "Hier ist eine unendliche Fülle." Seltsamerweise litten die Menschen im gegenwärtigen Franken "unter einem Verarmungswahn", sagt die in Hiltpoltstein geborene und in Wiesenthau lebende Psychologin. "Wir können uns die unendliche Fülle, von der wir uns getrennt haben, wieder aneignen", ist Dunja Schütz überzeugt.
Den Reichtum kann Dunja Schütz auch in der Tier- und Pflanzenwelt entdecken. Während sie den Kraftort Ehrenbürg erläutert, unterbricht sie sich immer wieder; weist auf einen Hasen hin, der über ein Feld mit Schneeresten hoppelt; auf den Buchenwald am Fuße des Rodensteins; auf den Magerrasen unterhalb der Kapelle; auf die Kletterfelsen oder auf die beiden Eichelhäher, die sich gerade in der Hecke neben dem Weg niederlassen. "Eine irre Vielfalt", schwärmt sie - "eine natürliche Quelle, die wir uns erschließen können, ohne sie auszubeuten."
Immer wieder geht es in der Geomantie um die Natur als Potenzial. "Wir gehören zur Natur, auch wenn wir es nicht begreifen." Sie sei nicht technikfeindlich, betont Schütz; aber die Menschen bräuchten beides, die Technisierung und die Verbindung zur Natur. Um beides zusammenzukriegen, diene ihr die Landschaft der Ehrenbürg "als Reflexionsraum."
Beinahe täglich auf dem Walberla
Den nutzt Dunja Schütz reichlich. Wenn sie nicht gerade auf Reisen ist, sucht sie beinahe täglich die Nähe des Berges. Kümmert sich um die Obstwiese, die sie am Fuß des Rodenstein erworben hat; oder steigt hinauf zur Kapelle, die für sie "das Herz des Berges ist". Auf dem Walberla, sagt Dunja Schütz, habe sie immer beides: "Die Kraft, die aus dem Boden kommt - und die Freiheit, die über dem Berg liegt".