Das Sperrmüllparadies in Gosberg

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Mit einem Sperrmüllschein kann man in Gosberg kostenlos seinen sperrigen Krempel wegschmeißen. Allerdings ist der Sperrmüllschein nicht ganz fälschungssicher. Foto: Nikolas Pelke
Mit einem Sperrmüllschein kann man in Gosberg  kostenlos seinen sperrigen Krempel wegschmeißen.  Allerdings ist der Sperrmüllschein nicht ganz fälschungssicher.   Foto: Nikolas Pelke
Auch das schönste Spielzeug landet irgendwann im Sperrmüll.
Auch das schönste Spielzeug landet irgendwann im Sperrmüll.
 
An Samstagen ist auf der Deponie in Gosberg besonders viel los.
An Samstagen ist auf der Deponie in Gosberg besonders viel los.
 

Im Landkreis Forchheim kann man Sperrmüll kostenlos auf der Deponie in Gosberg abliefern. Das könnte sich bald ändern. Denn die Menge des gebührenfrei angelieferten Sperrmülls stieg von 2006 bis 2011 kontinuierlich an. Von rund 1100 auf 1700 Tonnen. Abfallmanager Otto Werthmann hat auswärtige Sperrmüll-Touristen im Verdacht.

Früher oder später landet (fast) alles hier: auf dem Müll. Das ist eben die Kehrseite des Konsums. Dumm nur, wenn der alte Plunder nicht in die Tonne passt. Genau, dann muss das Zeug auf den Sperrmüll. Nur wie? Im Landkreis Forchheim führen zwei Wege zu mehr Platz in den eigenen vier Wänden. Die erste Variante ist bequem, geht dafür aber nicht von heute auf morgen.
Man ruft beim Mülltelefon an und wartet ein paar Wochen, bis der Sperrmüll abgeholt wird. Ok, ganz ohne Arbeit funktioniert das auch nicht. Man muss immerhin den Krempel vor die Tür stellen. Zweimal im Jahr kann man den Sperrmüll - nach vorheriger Terminvereinbarung - von der Müllabfuhr kostenlos abholen lassen.

Die Sperrmüll-Trickser


Wer's beim Entrümpeln lieber spontan mag, dem sagt die zweite Variante wahrscheinlich deutlich besser zu. Man füllt einen Sperrmüll-Schein aus und kann 800 Kilo Sperrmüll (pro Grundstück und Jahr, nicht pro Haushalt!) kostenlos bei der Deponie entsorgen. Ok, man braucht einen fahrbaren Untersatz, um nach Gosberg zu kommen.
"Ein weiter Weg", denken Sie. Mitnichten! Otto Werthmann hat sogar beobachtet, dass Leute aus den Nachbarlandkreisen zum Müllplatz nach Gosberg pilgern. Anders kann er sich folgende Entwicklung nicht erklären: "Die gebührenfrei an die Deponie Gosberg angelieferte Sperrmüllmenge stieg kontinuierlich von 1188 Tonnen in 2006 auf 1705 Tonnen in 2011." Besonders an Samstagen herrscht Hochbetrieb. Gerade jetzt im Herbst ist wieder Hochsaison. Vielen wollen Platz für neue Möbel haben. Und warum wandert der Sperrmüll nach Meinung der Experten aus dem Landratsamt immer häufiger nach Forchheim? Weil es im schönen Forchheimer Land einfach einfacher und billiger ist, den sperrigen Müll loszuwerden. Mit einem einfachen Trick könnten die Auswärtigen ihren Schrott in Gosberg loswerden. Und das auch noch kostenlos.

Sicherheitslücke bei den Scheinen


Otto Werthmann hat die Sperrmüllscheine im Verdacht, mit deren Hilfe sich Bürger aus Bamberg oder Erlangen mülltechnisch in Forchheim erleichtern. Diese Sperrmüllscheine kann man sich ganz leicht im Internet unter www.lra-fo.de/cms/_data/Sperrmuell.pdf ausdrucken. Einige "Sperrmüll-Touristen" haben wohl auch keine Skrupel, irgendwelche Adressen im Landkreis anzugeben. Schließlich sei die Chance aufzufliegen relativ gering. Zumindest ein Teil des angelieferten Sperrmülls ist nach Einschätzung der Fachleute aus dem Landratsamt " auf die missbräuchliche Verwendung unserer Sperrmüllscheine" zurückzuführen. Zusammenfassend erklärte Werthmann kürzlich schriftlich vor dem Umwelt- und Naturausschuss des Kreistages: "Die gebührenfreie Anlieferung von Sperrmüll hat sich wegen ihrer beträchtlichen negativen Begleiterscheinungen insgesamt nicht bewährt."
Diese "gebührenfreie Direktanlieferung" gibt es seit der landkreisweiten Einführung der "Sperrmüllabfuhr auf Vereinbarung" im Jahr 2006.

Bleibt alles beim Alten?


Jürgen Pfister, Experte für Abfallwirtschaft im Nachbarlandkreis Bamberg, hat Verständnis für den Unmut seines Kollegen aus Forchheim. Die Kontrolle sei das Hauptproblem. Eine kleine Gebühr habe den Charme, dass die Ausgaben gedeckt sind. Im Landkreis Bamberg muss jeder fünf Euro berappen (bis zu 100 Kilogramm, jede weitere Tonne Müll kostet 120 Euro), der spontan Sperrmüll zum Müllheizkraftwerk in den Bamberger Hafen bringt.
Das Bamberger Modell sei "eindeutig, sagt Otto Werthmann. Ob die kostenlose Sperrmüllzeit im Landkreis Forchheim bald ein Ende hat, steht allerdings noch nicht fest. Die Fraktionen im Kreistag sollen den Vorschlag von Otto Werthmann bis zur nächsten Sitzung der Umwelt- und Naturausschusses Ende Oktober erst einmal diskutieren. "Bei uns ist die kostenfreie Anlieferung in den Müllgebühren mit enthalten", sagt Landrat Reinhardt Glauber (FW). Trotzdem sind die Müllgebühren in Forchheim mit 108 Euro (für eine 80 Kilo-Tonne) etwas günstiger als im Kreis Bamberg. Dort kostet eine Tonne der gleichen Größe 112,72 Euro im Jahr.
"Wir wollen keine versteckte Müllgebührenerhöhung", erklärt Reinhardt Glauber und gibt sich gelassen: "Wenn alles beim Alten bleibt, kann ich auch damit leben."