Das Ende einer Neunkirchner Institution
Autor: Petra Malbrich
Neunkirchen am Brand, Sonntag, 07. Mai 2017
Das älteste Eisenwarenfachgeschäft in Neunkirchen am Brand schließt seinen Pforten.
"Wir danken unseren guten und treuen Kunden. Vielen Dank" steht mit Handschrift geschrieben auf einem gelben Papier im leeren Schaufenster. Daneben haben die Kinder die Geschichte der Eisen- und Haushaltswarenhandlung Wohlfahrt in Bildern auf einer großen Kartonage dokumentiert. "Time to say goodbye - der Schmie Franz und seine Gunda schließen ihr Geschäft" steht am oberen Rand, mit dem Datum der Geschäftsschließung gleich daneben: 29. April 2017.
Mit der Entscheidung des Ehepaars Wohlfahrt schließt nun das älteste Eisenwarenfachgeschäft mit Haushaltswaren in Neunkirchen. "Es ist schade, dass das Geschäft nicht weitergeführt wird", sagt Dritter Bürgermeister Andreas Pfister (SPD), der gerade den urlaubenden Bürgermeister Heinz Richter (FWG) vertritt.
"Viele Dinge hat man in dem Geschäft einzeln bekommen, wo man woanders eine ganze Packung kaufen musste. Man hat bei ihnen auch Ware erhalten, die man sonst nirgends mehr bekommen hat. Das war einmalig in der Region", sagt Pfister.
Trotz aller Wertschätzung: Das Ehepaar Wohlfahrt sieht für sich keine Möglichkeit mehr, das Geschäft weiterzuführen. Das Alter war der Gründe. Franz Wohlfahrt ist 69 Jahre alt, seine Ehefrau Gunda ist 65. Sie möchten nun in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Ihre drei Kinder - zwei Söhne und eine Tochter - werden das Geschäft, in dem sie groß geworden sind, auch nicht übernehmen.
Als die Kinder noch klein waren, nahm Gunda Wohlfahrt sie immer mit in den Laden. Franz Wohlfahrt weiß noch, wo das Laufgitter stand, während Gunda und ihre Schwiegermutter Regina die Kunden bedienten.
160 Quadratmeter groß
Im Jahr 1988 haben Franz und Gunda das Geschäft übernommen. Aufgebaut hatte es Franz' Vater Johann und seine Regina, die "Schmie Regina". Das war der Hausname: Denn wo jetzt das Geschäft steht, war früher die Schmiede, in die Johann eingeheiratet hatte. Bis zur jetzigen Ladentheke reichte die Schmiede. Dort, wo nun die Kruzifixe und Glas- und Holzdekorationen und Mobile von einem Korkenzieherast baumeln, war ursprünglich das Wohnzimmer von Franz Wohlfahrts Eltern. 1947 baute Vater Johann dann das Geschäft auf. Er baute ins Wohnzimmer ein Schaufenster ein und vergrößerte die Ladenfläche immer mehr, so dass Wohnzimmer und Küche mit der Zeit weichen mussten.
1964 wurde das alte Haus komplett abgerissen und auf den Grundflächen in vier Abschnitten der 160 Quadratmeter große Laden errichtet. Das hintere Haus, das mit einem Aufzug zum Geschäft verbunden ist, wurde neu gebaut. Der letzte Abschnitt des Geschäfts wurde 1979/1980 fertig gestellt.
Franz Wohlfahrt arbeitete zu jener Zeit in der elterlichen Firma, verrichtete Installationsarbeiten bei den Kunden oder arbeitete in der elterlichen Werkstatt. Ehefrau Gunda und Mutter Regina führten den Laden. "Das Sortiment wurde immer größer. Man musste mitmachen", erinnert sich Gunda Wohlfahrt. Neben den üblichen Haushaltswaren kamen Geschenkartikel, Glaswaren und Porzellan hinzu. Immer wieder versuchte Gunda Wohlfahrt die Vorlieben der Kunden zu erraten. Sie besorgte originelle Tassen, Glaswaren und Dekorationsartikel.
Fehlendes Publikum
Auch Spielwaren führten die Wohlfahrts, die in dem Bereich hinter der Kasse Nägel und Schrauben in sämtlichen Größen und Formen in Schubläden aufbewahrt hatten. Vom Vorhängeschloss über das Milchkännchen bis hin zur Kuhkette oder dem Raclette führten Wohlfahrts alles. Was sie nicht hatten, wurde bestellt, auch wenn der Kunde nur ein Teil gebraucht hatte. Aber: "Für die jungen Leute hat das Geschäft keine Zukunft mehr", sagt Franz Wohlfahrt. Durch die vielen Internetbestellungen könne man nicht mehr davon leben. Das junge Publikum fehle und auch die größeren Käufe. Für die Stammkunden, die auch aus Fürth und Nürnberg gekommen sind, tut es den Wohlfahrts leid.
Sie selbst können sich den Ruhestand ganz ohne Geschäft dagegen sehr gut vorstellen.