Bummeln statt Beten in Forchheim?
Autor: Josef Hofbauer
Forchheim, Donnerstag, 25. Oktober 2012
Am 4. November ist wieder verkaufsoffener Sonntag in Forchheim. Kirchen und Gewerkschaften kritisieren den Kommerz.
Mehr als 10.000 Besucher strömen nach Forchheim, wenn sonntags die Geschäfte geöffnet haben. Das behauptet jedenfalls der Vorsitzende der Werbegemeinschaft, Stefan Schick. An normalen Wochentagen frequentierten allenfalls 4000 Besucher die Forchheimer Innenstadt. Deshalb folgert Schick: "Forchheim braucht die beschlossenen vier verkaufsoffenen Sonntage."
Das sieht Stadtpfarrer Monsignore Georg Holzschuh (St. Martin) grundsätzlich anders. "Man muss nicht alles tun, was man machen kann." Hier sei die Politik gefordert, Prioritäten zu setzen. Die Frage müsse beantwortet werden: "Braucht unsere Wirtschaft unbedingt verkaufsoffene Sonntage?"
Die "Allianz für den freien Sonntag", in der sich die Forchheimer Kirchen, der Katholische Arbeitnehmer Bund (KAB), die Arbeiterwohlfahrt (Awo), der Kinderschutzbund und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zusammengefunden haben, sagen Nein. "Der Sonntag muss der Familie gehören" fordert Renate Tassler, stellvertretende Diözesanvorsitzende der KAB. Dafür hat die Allianz beim letzten verkaufsoffenen Sonntag mit Plakaten in der Hauptstraße demonstriert. Tassler kritisiert, dass die Anlässe, um Läden zu öffnen, immer mehr "an den Haaren herbeigezogen" würden. Als Beispiel verweist sie auf die lange Einkaufsnacht am Martinstag. Nicht einmal die Geschäftsleute stünden hinter den verkaufsoffenen Sonntagen.
Wer am Sonntag einkaufe, habe drei Tage später kein Geld, das er ausgeben könnte, behauptet Tassler.
Dennoch fühlen sich die Ladeninhaber verpflichtet, nicht auszuscheren. "Es findet eine Umverteilung statt. Wirklich mehr Umsatz machen wir nicht", sagt ein Geschäftsmann, der lieber anonym bleiben will.
Dickes Umsatzplus am Sonntag?
Bestätigt dies die Händler-Umfrage der "Allianz für den freien Sonntag" vom Frühjahr? Damals hatten 40 Prozent der 67 befragten Unternehmer eingeräumt, dass ihnen der verkaufsoffene Sonntag kein Umsatzplus beschere. Lediglich 20 Prozent gaben an, es habe sich gelohnt, am Sonntag von 13 bis 18 Uhr das Geschäfts aufzusperren.
Demgegenüber argumentiert Stefan Schick, dass an verkaufsoffenen Sonntagen eine Klientel nach Forchheim komme, die an Wochentagen keine Zeit habe, in der fränkischen Königsstadt zu bummeln. "Da muss man nur einen Blick auf die Autokennzeichen werfen." Auch anhand der verwendeten EC-Karten lasse sich ablesen, dass am verkaufsoffenen Sonntag Kundschaft aus Bamberg, Erlangen oder Nürnberg in Forchheim einkaufe. Deshalb sind für 3. und 24. März sowie für 6. Oktober und 3. November 3013 wieder vier verkaufsoffene Sonntage beantragt.
Für die Verkäuferinnen sei das kein Problem. "Wer sich vier Stunden in den Laden stellt, bekommt zehn Stunden vergütet", verspricht der Chef der Werbegemeinschaft. Das sei möglich, weil an solchen Tagen das drei- bis vierfache des sonstigen Tagesumsatzes generiert werde. Im übrigen verweist Schick darauf, dass die Sonntagsarbeit keine Mehrbelastung bedeute. "Die Wochenarbeitszeit bleibt gleich, sie wird nur anders verteilt", betont Schick, der es für "absolut vertretbar" hält, dass an vier von 52 Sonntagen die Geschäfte geöffnet haben.
Ginge es nach der DGB-Kreisvorsitzenden Christa Ger des, gäbe es überhaupt keinen verkaufsoffenen Sonntag. "Brauche ich nicht. Auch wenn ich beruflich stark beansprucht bin und wenig Zeit zum Einkaufen habe, reichen mir die Ladenöffnungszeiten an den Wochentagen", bekräftigt sie. Gerdes steht den Argumenten der Geschäftswelt skeptisch gegenüber. Die SPD-Politikerin will sich im Stadtrat zumindest für eine Reduzierung der verkaufsoffenen Sonntage einsetzen.
