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Bürger schlucken den Schall


Autor: Ekkehard Roepert

Forchheim, Dienstag, 28. Juli 2020

Nach dem ICE-Ausbau im Norden Forchheims werden viele Bürger auf Lärmschutz-Fenster angewiesen sein. Doch nur wenige scheinen bereit, um ihr Recht zu kämpfen, so wie es Robert Scholz getan hat.
Durch den viergleisigen ICE-Ausbau werden in der Jean-Paul-Straße die Schienen noch näher an die Bebauung rücken.  Foto: Ekkehard Roepert


Es wäre alles so einfach, wenn es nach dem Gesetz ginge, sagt Robert Scholz. Er lebt im Forchheimer Augraben, in zweiter Reihe neben der neuen ICE-Trasse. Und hinter ihm liegt ein ermüdender Kampf um Schallschutzfenster.

"Die Bahn macht es einem nicht unbedingt einfach", meint Scholz. Vielen seiner Nachbarn habe die Bahn statt Schallschutzfenster nur elektrische Lüfter angeboten. Am Ende hätten sie "alle resigniert"; oder sie hatten Glück, weil ihre Häuser direkt hinter der Schallschutzmauer oder dem Wall lagen, den die Bahn im Augraben gegen den Lärm hochzog.

Anlass, Alarm zu schlagen

Viele Anwohner der ICE-Strecke werden sich gerade dieser Tage fragen, wie es um den Lärmschutz bestellt ist. Denn noch bis zum 4. August sind die Unterlagen für den geänderten Planfeststellungsbeschluss ausgelegt. Für Otwin Schneider (Sprecher der Bürgerinitiative Forchheim Nord) ist das ein Anlass, noch einmal Alarm zu schlagen. Er befürchte, dass die Bahn viele Einwände der Stadt Forchheim und vor allem ihrer Bürger "unberücksichtigt" lasse.

Diese Auffassung sei missverständlich, warnt Roland Eismann. Der stellvertretende Amtsleiter der Bauverwaltung setzt sich seit Jahren mit dem städtischen ICE-Ausbau auseinander.

"Im Planfeststellungsverfahren werden keine Rechtsansprüche mehr verhandelt", betont Eismann. "Die Stadt hat ihre Ansprüche längst geklärt. Aber für die Bürger kann sie nicht klagen, die müssen sich selbst rühren."

Mit anderen Worten: Bürger, die selbst aktiv werden, haben noch immer die Chance, ihre Interessen durchzubringen. Etwa wenn sie der Auffassung sind, dass sie unter dem Bahnhofsbau im Stadtnorden leiden werden. Denn der Bau dieses S-Bahn-Haltepunkt wurde erst spät in die Planung aufgenommen; dort, wo vormals eine Lärmschutzwand vorgesehen war, wird nun der neue Bahnsteig entstehen; dies verändert die Lärmsituation.

Sich "selbst rühren", das heißt, den Weg einschlagen, den Robert Scholz schon hinter sich hat: Die Beschäftigung mit den Berechnungen der Bahn; das Bestellen eines Ingenieurbüros; die Auseinandersetzung mit einem Bahn-Gutachter, der die sogenannte "Sachstandserfassung" der Immobilie erledigt. Der Gutachter misst die Fensterflächen, die Dicke der Wände, die Dachschräge. "Aber er macht keine Messung," weiß Robert Scholz. Alles beruhe auf Berechnungen.

Das hatte den Bewohner des Augrabens so verärgert, dass er einen eigenen Schallgutachter hinzuzog.

Dessen Fazit: Was die Bahn hat rechnen lassen, geht alles von "Annahmewerten" aus. Aus Sicht des Schallgutachters wurde der Zustand der Bausubstanz nicht angemessen berücksichtigt.

Der Versuch von Robert Scholz, "die Rechenwerte der Bahn durch Messungsergebnisse widerlegen zu lassen", war zwar erfolgreich. Nicht aber sein Gang zum Landratsamt Forchheim. Dort forderte er eine "Entschädigung für entgangenen Schallschutz".

Doch die Behörde vertrat gegenüber Robert Scholz folgende Position: Die Messungen im Auftrag des Landratsamtes seien zwar unvollständig, dennoch aber aussagefähig genug. Daher hat das Landratsamt den Anspruch auf Entschädigung nicht bestätigt.

Nach all den Auseinandersetzungen resümiert Robert Scholz: "Es gibt vollmundige Aussage der Bahn, die Bürger bekämen passiven Schallschutz. Es klingt so, als hielte man sich an Details des Planfeststellungsbeschlusses. Doch der Anspruch dem Grunde nach ist im Grunde fast nichts wert. Es geht der Bahn wohl eher darum, die Kosten niedrig zu halten. Der rechtlich gesicherte Anspruch scheint seitens der Bahn nicht ernst gemeint zu sein, sollte aber trotzdem von den Betroffenen vehement eingefordert werden."