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Bürger entscheiden am Sonntag in Hausen über Baugebiet "Am Wöhrgarten"


Autor: Ronald Heck

Hausen, Freitag, 08. März 2019

In Hausen sind am Sonntag die Bürger aufgerufen, ihre Stimme abzugeben: Ja oder Nein - es geht um die geplante und hoch umstrittene Bebauung "Am Wöhrgarten". So argumentieren beide Seiten.
In Hausen sind am Sonntag die Bürger aufgerufen, ihre Stimme abzugeben: Ja oder Nein  - es geht  um     die geplante und hoch umstrittene Bebauung "Am Wöhrgarten". Foto: Jennifer Opel/Archiv


Ob im Osten der Gemeinde eine 3,35 Hektar große Fläche bebaut werden soll oder nicht - diese Frage spaltet seit über einem Jahr die Bürger in Hausen. Am Sonntag sollen nun die knapp 3000 Stimmberechtigten darüber beim ersten Bürgerentscheid der Gemeinde abstimmen. Die Pläne für das Gebiet "Am Wöhrgarten" sehen vor, 88 Wohneinheiten westlich des Main-Donau-Kanals und östlich der Industriestraße zu bauen. Dafür müssten Ackerflächen weichen.

Der Gemeinderat hat die Aufstellung des Bebauungsplanes beschlossen. Dagegen formierte sich Widerstand. Nachdem ein erstes Bürgerbegehren wegen formaler Fehler scheiterte, sammelte die Bürgerinitiative gegen das Baugebiet erneut über 600 Unterschriften. Am Sonntag von 8 bis 18 Uhr sollen nun die Bürger abstimmen: "Sind Sie für den Erhalt des Regnitzgrundes und gegen eine Bebauung östlich der Industrie- und der Kaimstraße?"

JA

Friedrich Nolting, Marion Adami und Andre Nürnberger sind die Initiatoren des Entscheids und sprechen sich gegen die Bebauung östlich der Industriestraße aus. Die Argumente:

1. Über 700 Einwohner haben in einem korrekten Verfahren für einen Bürgerentscheid gestimmt. In der Ausweisung des Baugebietes "Am Wöhrgarten" sehen wir eine große Fehlentwicklung für unser Dorf. Die dortigen Kulturflächen sollten erhalten werden: Das geplante Baugebiet ist im Flächennutzungsplan als "Gebiet zur Sicherung und Entwicklung naturschutzfachlich wertvoller Bereiche" und "zur Bebauung freizuhaltender Bereich" ausgewiesen. Für das Vorhaben sollen diese wertvollen Flächen ersatzlos verloren gehen!

2. Die Bewässerungsanlagen, die seit 1968 die Felderberegnung ermöglichen, verlieren Nutzen und Bedeutung. Beregnete Ackerflächen sollten auch wegen der verstärkt zu erwartenden Trockenheitsperioden nicht zugebaut werden. Unvernünftig handelt, wer den wachsenden Bedarf an Felderberegnung in der Landwirtschaft nicht erkennt. Der ehemalige bayerische Umweltminister Huber verkündete 2018 für Franken ein Investitionsprogramm in Höhe von neun Millionen Euro jährlich für den Ausbau von Bewässerung.

3. Wir wollen eine Bebauung der erschlossenen, noch unbebauten Flächen. Vorrangig sollten die erschlossenen und noch unbebauten Flächen im Gemeindegebiet bebaut werden. Diese Grundstücke unterliegen zwar keinem Bauzwang, gezielte Bemühungen von Seiten der Gemeindeverwaltung gab es bisher nicht. Im Gegenteil, diese Grundstücksbesitzer, deren Familien zum Teil mehrere erschlossene und unbebaute Grundstücke gehören, werden mit weiteren Bauplätzen "Am Wöhrgarten" belohnt! Das vorliegende Bebauungskonzept widerspricht der propagierten Ortsabrundung. Durch zum Teil dreigeschossige Bebauung kommt es eher zu einer Ortsrandverdichtung als zu einer Auflockerung und einem harmonischen Auslauf des Ortsrandes.

4. Wir fordern "Wachstum mit Verstand" und dass sich die Gemeinde jetzt um die Nöte der jungen Familien, die keinen Krippenplatz oder keinen Mittagsbetreuungsplatz in der Schule bekommen, kümmert, bevor neue Bürger zusätzlich angesiedelt werden. Gleiches gilt für ein tragfähiges Verkehrskonzept. Erst die Infrastruktur schaffen, dann neue Baugebiete ausweisen!

5. Der Wahrheitsgehalt der Versprechungen ist fraglich. Für die versprochenen bis zu zwei Millionen Euro Gewinn für die Gemeinde gibt es laut Gemeindeverwaltung keine verbindlichen Vereinbarungen und keine zuverlässigen Berechnungen. Und warum werden bis heute nicht alle Grundstückseigentümer genannt? Jedoch wird eingeräumt, dass nicht auszuschließen ist, dass Teile der Grundstücke an einen Investor verkauft werden.

NEIN

Matthias Zeißner ist Sprecher der beteiligten Eigentümerfamilien und wirbt für ein "Nein" beim Bürgerentscheid, weil das Baugebiet Hausen viel Positives bringe. Die Argumente:

1. Durch die Lage des Baugebietes am östlichen Ortsrand führen kurze Wege aus dem Ort, eine weitere Verkehrsbelastung der Wohngebiete im Westen wird vermieden. Die Industriestraße als Haupt-Erschließungsstraße des Baugebietes hat ihren Namen nicht umsonst - sie kann den anfallenden Verkehr problemlos aufnehmen. Auch mit "Am Wöhrgarten" werden die Verkehrszahlen sehr deutlich hinter den Wohngebietsstraßen im Westen, vor allem Thurner Straße, zurückbleiben.

2. Das Baugebiet ist eine Abrundung des östlichen Ortsrandes in Hausen. Zwischen der Bebauung und dem Main-Donau-Kanal wird der freie Naturraum erhalten. Auch bleiben die bisher vorhandenen, häufig von Erholungssuchenden genutzten Wege nicht nur vollständig bestehen, es kommen entlang des geplanten Streuobststreifens neue, naturnah gestaltete Wege hinzu. Zwar werden landwirtschaftliche Flächen überplant, es handelt sich aber weder um Biotope, noch um sonstige, aus naturschutzfachlicher Sicht schützenswerte Flächen.

3. Durch die Nähe zur Kläranlage und die ausreichend dimensionierten Kanäle entstehen der Allgemeinheit mit der Erschließung des Baugebietes keine Kosten. Während Baumaßnahmen an anderen Ortsrandbereichen eine für alle Bürger kostenpflichtige Erweiterung der Kanäle mit sich bringen kann, profitieren mit dem Baugebiet "Am Wöhrgarten" alle von den kurzen Wegen zur Kläranlage. Die Erschließungsanlagen werden vollständig von den Eigentümern der geschaffenen Baugrundstücke bezahlt.

4. Niemand wird ernsthaft behaupten, dass es in der Gemeinde Hausen keinen Bedarf an Bauland gibt. Die Forderung, zunächst unbebaute Bauplätze zu nutzen, hält der Überprüfung nicht stand: Ein Zugriff auf diese Grundstücke kann nicht erzwungen werden. Um "Am Wöhrgarten" künftige Baulücken zu vermeiden, unterwerfen sich die Privateigentümer freiwillig einer Bauverpflichtung. Durch die kostenlose Übertragung von 40 Prozent der Fläche an die Gemeinde Hausen wird diese der größte Eigentümer von Bauplatzflächen im Baugebiet. Damit liegt die Entscheidung, wer zu welchen Konditionen einen Bauplatz erwerben kann, ganz wesentlich bei der Gemeinde Hausen.

5. Zusammengefasst hat das Baugebiet folgende Vorteile: Verkehrsgünstige Lage, Erweiterung des naturnahen Wegenetzes am Ortsrand mit Streuobststreifen, kurze Wege zur Kläranlage, sprich eine vorteilhafte Erschließungssituation, Einnahmen von bis zu zwei Millionen Euro für die Gemeinde und dringend benötigtes Bauland.