Bürger, die der Bahn nicht über den Weg trauen
Autor: Ekkehard Roepert
Forchheim, Mittwoch, 19. Oktober 2016
Die Forchheimer Robert Scholz und Otwin Schneider erklären, warum sie der Bahn nicht über den Weg trauen.
Immer wieder erklärt Roland Ratz, dass seine Firma (die Accon-GmbH mit Sitz in Greifenberg/Ammersee) zwar von der Deutschen Bahn (DB) beauftragt wurde, dass sie aber nicht die Entscheidungen der Bahn zu verantworten habe. Der Umweltschutztechniker hat seinen Arbeitsplatz momentan in den DB-Informationscontainer an den Forchheimer Bahnhof verlegt. Hier erklärt er den Bürgern, was sie tun müssen, damit die Bahn ihnen den "passiven Schallschutz" finanziert.
Theoretisch haben rund 9000 Forchheimer Haushalte entlang der ICE-Ausbaustrecke Anspruch auf Schallschutzfenster. Doch der Anspruch muss geprüft werden - und da beginnt die komplexe Auseinandersetzung mit der Bahn.
Nur das Bundesamt weiß es...
Ali Karabag zum Beispiel ist überrascht, als Roland Ratz ihm sagt, dass sein Haus im Planfeststellungsbeschluss gar nicht berücksichtigt wurde: "Tut mir Leid, die Bayreuther Straße Nummer 11 ist nicht betroffen." Ist das Thema damit erledigt? Roland Ratz empfiehlt Ali Karabag, sich an das Eisenbahnbundesamt zu wenden. Eine Begründung für die Entscheidung könne er nur dort erhalten.Begründungen suchen auch Otwin Schneider und Robert Scholz. Das Duo interessiert sich nicht nur für Lärmschutzfenster im eigenen Haus; beide sind sie auch im Auftrag von Bürgerinitiativen in Forchheim-Nord und im Augraben unterwegs.
Warum zahlt Bahn nicht direkt?
Otwin Schneider wird gleich grundsätzlich: "Es ist nicht akzeptabel, dass ich für die Bahn in Vorleistung gehen soll. Die Bahn ist der Verursacher und muss daher auch der Rechnungsempfänger für die Schallschutzfenster sein." Roland Ratz sagt, dass das Geld innerhalb von zwei Wochen erstattet werde. Doch Schneider bleibt hartnäckig: In seinem Alter bekäme er von der Bank keinen Kredit mehr, er könne nicht mehrere tausend Euro vorschießen. "In diesem Fall müsste man mit der Bahn reden", meint Roland Ratz.Er bekommt das geballte Misstrauen zu spüren, das sich bei den Bürgern in den letzten Jahren angesammelt hat. "Die Bahn führt sich immer so auf, dass sie das Recht auf ihrer Seite hat, daher bin ich so pingelig", sagt Otwin Schneider.
Und auch Robert Scholz konfrontiert den Umweltschutztechniker Ratz mit ungeklärten Details: Der Bürger müsse Kostenvoranschläge einholen für die Fenster. Wer garantiere, dass diese Voranschläge noch gültig sind, bis die Bahn den Einbau der Fenster dann umsetze?
Auch Scholz lässt sich nicht beschwichtigen; schließlich hätten die Bürger im Forchheim schon viele schlechte Erfahrung mit der Bahn gemacht. Zum Beispiel: "Der Schallschutz sollte schon während der Bauphase installiert sein. Jetzt wird im Augraben gebaut, aber der Schallschutz fehlt. Die Bahn hat also ihren Zusagen aus dem Erörterungstermin nicht Folge geleistet", moniert Scholz. "Wir sind vor vier Wochen von der Bahn beauftragt worden, die Verzögerungen haben wir nicht zu verantworten", erwiderte Roland Ratz. Doch er versichert den kritischen Bürgern, dass das Büro Accon sehr wohl in der Lage sei, die Begutachtungen der Gebäude so zügig abzuwickeln, dass die Kostenvoranschläge in dieser Zeit nicht wieder ihre Gültigkeit verlieren.
Merklich veränderte Merkblätter
Der Auftritt von Schneider und Scholz im Info-Container der Bahn verdeutlicht, wie genau die Bürger beim Thema Schallschutz hinschauen müssen: So weist Robert Scholz darauf hin, dass noch vor wenigen Wochen, beim ICE-Ausbau in Erlangen ganz andere, viel umfangreichere Merkblätter der Bahn im Umlauf waren. Er behalte sich vor, deswegen die Schlichtungsstelle anzurufen, betont der Sprecher der Augraben-Bürger. Außerdem hält er Roland Ratz vor, dass die Begutachtung der Firma Accon möglicherweise auf der Basis falscher Daten arbeite: Denn das zugrunde liegende Schallschutzgutachten der Firma Müller und Partner habe "die Reflexions-Effekte der Nachbarhäuser nicht einbezogen". Und auch das Zertifikat für die Validität der benutzten Software liege noch nicht vor...Als die kritischen Herren den Info-Container am Forchheimer Bahnhof verlassen, bittet Otwin Schneider den Umweltschutztechniker nochmal um Verständnis: "Es ist kein Ressentiment gegen Ihre Firma, Herr Ratz. Unsere Einwände orientieren sich an den schlechten Erfahrungen, die wir mit der Bahn gemacht haben."