Druckartikel: Brüderle predigt in Forchheim gegen Steuererhöhungen

Brüderle predigt in Forchheim gegen Steuererhöhungen


Autor: Nikolas Pelke

Forchheim, Freitag, 23. August 2013

Der Spitzenkandidat der FDP kommt nach Forchheim und redet bei Kaffee und Kuchen über Politik. Brüderle macht daraus kein Teekränzchen. Aus der Plauderrunde wird vielmehr eine Steuer-Predigt.
Rhetorisch brillant spricht Rainer Brüderle über Politik so eindringlich, wie ein Prediger von der Kanzel. Allerdings redet der FDP-Star zur Tea-Time in Forchheim in einem Café am Rathausplatz lieber über Geld statt Gott. Foto: Nikolas Pelke


Er ist bekannt wie ein bunter Hund. Aus Funk und Fernsehen, Will und Christian sen, kennt man ihn. Verglichen mit den hohen Einschaltquoten bei den Talk-Runden ist die Resonanz auf die "Kaffee mit Brüderle"-Show im Café Wauers mickrig.

Das liegt nicht an Rainer Brüderle selbst. Der blaue Zwirn und die Frisur sitzt und hält so, als sei die 68-jährige Mainzer Frohnatur gerade frisch aus der Maske gekommen. Das liegt auch nicht am Rathausplatz. Zentraler geht es kaum in der Königsstadt. Vielleicht liegt es an der "Sendezeit". Am Nachmittag sind die meisten Wähler beim Arbeiten. Liegt es daran, dass die Liberalen befürchten müssen, bei den anstehenden Landes- und Bundestagswahlen nur mit Ach und Krach die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen? Die Fabel-Wahlprognosen aus der Westerwelle-Ära sind jedenfalls passé.


Das weiß auch Brüderle, die neue Gallionsfigur.

Deswegen hat der ehemalige Weinbau-Minister ja vielleicht auch Philipp Rösler die Spitzenkandidatur abgejagt.

Freilich kann sich Brüderle auch für den gemütlichen Kaffeehaus-Wahlkampf und gegen die große Marktplatz-Rede vom Stehpult entschieden haben, weil er kürzlich höchst unsanft auf den Boden krachte. Auf Krücken ist er mittlerweile aber nicht mehr angewiesen. Jedenfalls nicht unbedingt. Ein Adjutant hält die Gehhilfen aber dezent im Hintergrund parat. Für den Notfall und für den Nachhauseweg vielleicht.

Lange Rede, kurzer Sinn. Brüderle, der Star der FDP, spricht in Forchheim nur im kleinen Kaffee-Kreis. Wobei Kaffee auch nicht ganz stimmt. Schließlich bestellt Brüderle einen Tee. Warum? Vielleicht, weil es eine Kaffee-, aber keine Teesteuer in Deutschland gibt. Aber das ist ein anderes Thema. Wobei. Das ist eigentlich genau das Thema von Rainer Brüderle: Steuern und Geld.

Trippelschritte statt großer Wurf
Die Senkung der Rentenversicherungsbeiträge zum Beispiel. "Die Abschaffung der Praxisgebühr", ergänzt Brüderle und gesteht: "Vielleicht war der Fehler, dass wir das schrittweise gemacht haben." Hätte man die kleinen Steuersenkungen auf einen Schlag gemacht, wäre das bei den Menschen vielleicht stärker im Bewusstsein geblieben. Im Bewusstsein sollen den rund 50 Teilnehmern des Forchheimer Kaffeekränzchens bleiben: "Vier gute Jahre." Geht es nach Brüderle sollen die vier guten Jahre, um die Deutschland in der Welt beneidet würde, natürlich weitergehen. Ohne die Liberalen drohe Rot, Grün und Rot. Oder in Brüderle-Rhetorik: Steuererhöhungen.

Kein Land ohne Schnitzel
Diesen Teufel hat auch Sebastian Körber (MdB) an die Wand gemalt, der für die Liberalen erneut den Einzug in den Bundestag schaffen will. Ohne die FDP an der Macht, so Körber, drohe der "Verbotsstaat". Heizpilze für lauschige Sommernächte unter freiem Himmel im Frühjahr oder Herbst würden genauso verboten wie grenzenloses Gasgeben auf der Autobahn. Körber will auch nicht in einem Land leben, in der die Grünen vorschreiben, ob ein Wiener oder ein Gemüse-Schnitzel auf dem Teller landet. Szenenapplaus der Kaffee-Tafel.

"Da hat der Sebastian völlig recht. Ich lass mir von keinem vorschreiben, was ich esse. Ob Bockwurst, Kotelett oder Möhren! " Doch weg vom Fleisch und zurück zum Zaster. "Wir haben fast 700 Milliarden Steuereinnahmen. So was gab`s noch nie. Und da wollen die Sozialdemokraten die Steuern um 38 Milliarden erhöhen! Die Grünen haben mit Trittin noch einen Mao-Zuschlag. Die wollen 42 Milliarden Steuererhöhungen."

Auf diese Idee, so Brüderle, müsse man erst einmal kommen. Denn den Löwenanteil des Steueraufkommens würden nicht die Reichen, sondern die Mitte der Gesellschaft tragen. Denn die wenigen Milliardäre würden die Zeche nicht bezahlen. Die könnten ihr Geld in Steuerparadiesen verstecken. "Wenn die Steuern drastisch erhöht werden, sind die Milliardäre die ersten, die weg sind." Allein dem Heer der Armen will Brüderle aber nicht die Lasten aufbürden. Der Sonnenkönig Ludwig XIV. sei schließlich kein Liberaler gewesen.