"Blätterwald" in Forchheim: Vince Ebert destilliert das Absurde
Autor: Pauline Lindner
Forchheim, Dienstag, 06. November 2018
Vince Ebert, Komiker und Physiker, hielt zum Auftakt des sechsten Forchheimer Literaturfestivals "Blätterwald" eine außergewöhnliche Lesung.
Möchte man Vince Ebert für die Lesung aus seinem Buch "Unberechenbar" loben, sollte man tunlichst nicht von einem Quantensprung sprechen. Denn schon in den einleitenden Sätzen klärte der Komiker (Eigenbezeichnung) und Physiker darüber auf, dass der Quantensprung bei seinen Fachkollegen "die kleinstmögliche Bewegung" definiert.
Mit Eberts Auftritt in den Sparkassenräumen begann der sechste "Blätterwald", die alljährliche Veranstaltungsreihe für das Forchheimer Land zum ganzen Spektrum der Literatur. "Inhaltsreich und kurzweilig", so bezeichnete Sparkassenvorstand Ewald Maier nach der Lesung das Gebotene und traf damit ins Schwarze.
Nicht um des Gags willen
Ebert ist keiner, der um des Gags und des Lachen willens seine Sätze formt. Waren vor allem in seinen ersten Kabarettprogrammen die Naturwissenschaften und das mangelnde Wissen darüber der zentrale Punkt, den er in oft hintersinnigen und paradoxen Wortspielen dem Publikum näherbrachte, steht in seinem Buch das Leben im Allgemeinen und nicht selten überzogene Erwartungen im Mittelpunkt. Von der "vollkaskoversicherten Lebensplanung" sprach er, nicht nur an der Stelle, als er den Begriff gebrauchte.
Er destilliert das Absurde
Aus gut recherchierten Fakten und reichlich Zahlenmaterial destilliert er das Absurde und objektiv Unsinnige mancher Erwartungen. Wie sein Beispiel von einem Mann, der sein ganzes Leben vorbeugend verbringt, bis er eines Tages kerngesund stirbt. Das häufige Ausklammern im alltäglichen Denken der absoluten Gewissheit des Sterbens macht er mit Wortwitz offenkundig.
Trotzdem hatte er sogar Tröstliches in den vorgetragenen Textauszügen, und zwar - doch etwas erstaunlich - im Kapitel Computer und künstliche Intelligenz: "Computer rechnen, Gehirne verstehen." Vorstellungskraft sei das, was den Menschen vom Rechner unterscheide. Und als Bestätigung für seine These nennt er, dass Menschen Rücklagen für ihre Rente bilden. "Wir können uns Dinge vorstellen, die niemals existieren", lautet seine Konklusion dazu. Ein Moment Stille, dann allseits Gelächter.
Sein Lebenstraum
Einen Lebenstraum hat er auch, behauptet er zumindest: Guru. Für die weithin übliche Beratermanie hat Ebert im langen Auszug aus dem Kapitel "Beruf und Erfolg" nur Hohn und Spott übrig. Statt das nun in ätzenden Formulierungen vorzutragen, wählt er wieder das Sprachbild, die Überzeichnung, die Hohlräume im Denken aufdeckt. Was Worthülsen und Leerphrasen sind, ist dem Zuhörer danach einfach plausibel, ohne dass Ebert sich diesen Wörtern auch nur annähert. Er macht's einfach kürzer und damit überzeugender: So lässt er den künftigen Guru sprechen: "Stell' dich in die Sonne und du stellst andere in den Schatten." Physikalisch-wörtlich stimmt diese Aussage sicherlich und Beispiele für die Übertragung fallen jedem zuhauf ein.
Marktforschung und Zukunftsprognosen stoßen bei Ebert auf wenig Gegenliebe. Denn sie sind -